Multivitaminpräparate für Kinder im Test: Empfehlenswert oder nicht?

Spezial Vitamine | Kategorie: Kinder und Familie | 13.02.2015

Multivitaminpräparate für Kinder im Test: Wir haben 5 Produkte überprüft.
Foto: Kseniia Perminova/Shutterstock

Vitamine und Mineralstoffe in einer Tablette werden als Rundum-sorglos-Paket zum Erhalt der Gesundheit von Kindern verkauft. Doch immer mehr Studien zeigen: Mit dem Nutzen solcher Produkte ist es nicht weit her, die Risiken sind nicht zu unterschätzen.

Viele Eltern sorgen sich, ihre Kinder könnten mit dem normalen Essen nicht genug Vitamine bekommen. Kein Wunder also, dass uns findige Hersteller spezielle Vitaminpillen für Kinder anbieten. Doch in jüngster Zeit mehren sich die Hinweise, dass diese Präparate anscheinend sogar schaden können.

ÖKO-TEST hat fünf Multivitaminpräparate für Kinder unter die Lupe genommen und ihre Inhaltsstoffe prüfen lassen. Alle fünf sind als Nahrungsergänzungsmittel im Verkehr. Das Ergebnis: Kein Produkt ist eine Empfehlung wert. Zwei erreichen mit Ach und Krach ein "befriedigend". Zu hohe Dosierungen, fragwürdige Auslobungen und mangelnder Nutzen sorgen für zwei "ungenügende" Gesamturteile.

5 Multivitaminpräparate für Kinder im Test

Ein Nutzen von Multivitaminpräparaten für gesunde Kinder ist nicht ersichtlich. Die in den Pillen enthaltenen Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen lassen sich leicht auch mit einer abwechslungsreichen Ernährung zuführen.

Die Präparate können auch kein falsches Ernährungsverhalten ausgleichen. "Eine vollwertige Ernährung liefert nicht nur essenzielle Nährstoffe, sondern auch die energieliefernden Nährstoffe im richtigen Verhältnis sowie adäquate Mengen an Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen", betont die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihren Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr.

Bis heute sind Höchst- und Mindestmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungen gesetzlich nicht geregelt. Nur zwei Produkte halten die Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) für Nahrungsergänzungsmittel ein.

Auslobungen auf Multivitaminpräparaten für Kinder

Fragwürdige Auslobungen und Deklarationsmängel tragen ihr Übriges zum schlechten Abschneiden der getesteten Produkte bei. Als fragwürdig beurteilen wir Formulierungen, die für das Produkt als solches oder im Zusammenhang mit einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen auf die Gesundheit oder Gesunderhaltung von bestimmten Körperteilen oder -funktionen zielen. Derartige gesundheitsbezogene Angaben sind vielfach nicht durch wissenschaftliche Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gedeckt.

Ebenfalls nicht belegt ist, dass die Einnahme von Vitamin C und/oder Zink vor Infekten schützt. Daher werten wir Hinweise auf die Abwehrkräfte ab.

Kritik an Zusätzen von Zucker und Zitronensäure

Nichts für Kinderzähne: In den Multivitaminpräparaten werten wir Zusätze von Zucker und Zitronensäure ab. Etliche Produkte enthalten Saccharose, Glucose/-sirup oder Lactose, die Karies verursachen können. Zitronensäure kann dem Zahnschmelz zusetzen. Unsinn ist auch der Einsatz von künstlichen Süßstoffen.

Zwei Produkte enthalten Natriumbenzoat. Das Konservierungsmittel steht in Verdacht, relativ häufig Allergien auszulösen.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Kompakt Vitamine 3/2012 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Vitamine sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Eingekauft haben wir Präparate, die nur Vitamine enthalten und sogenannte A-Z-Produkte, die außer Vitaminen auch Mineralstoffe und Spurenelemente liefern. Berücksichtigt wurden Produkte speziell für Kinder. Fündig wurden wir in Drogerien und Apotheken, im Reformhaus, beim Discounter, im Supermarkt und im Versandhandel. Als traditionelle Arzneimittel oder ergänzend bilanzierte Diäten vertriebene Produkte haben wir außer Acht gelassen.

Die Inhaltsstoffe: Was steckt eigentlich in so einer Pille oder Kapsel drin? Dieser Frage sind wir nachgegangen und haben uns die Vitaminmengen angeschaut, die man nach den Empfehlungen der Hersteller täglich zu sich nimmt. Werden die Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) für Nahrungsergänzungsmittel eingehalten? Berücksichtigt haben wir dabei auch unterschiedliche Empfehlungen für unterschiedliche Altersgruppen. Beispiel Vitamin A: Hier nennt das BfR als tägliche Höchstmengen 400 µg für Erwachsene und 200 µg für Kinder zwischen vier und zehn Jahren.

Die Auslobungen: Braucht ein gesunder Mensch überhaupt eine solche "Ergänzung zur Nahrung" oder nutzt das Präparat nur dem Geldbeutel der Hersteller? Wir haben uns die Auslobungen auf den Verpackungen angeschaut und überprüft, was davon gesichert und belegt ist. Dabei orientierten wir uns an den wissenschaftlichen Bewertungen von gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims) durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit.

Die Bewertung: Mit "sehr gut" oder "gut" konnte schon deshalb kein Multivitaminpräparat abschneiden, weil ein Nutzen für den gesunden Verbraucher nicht erkennbar und der Bedarf an Vitaminen und Mineralien bequem durch eine abwechslungsreiche Ernährung zu decken ist. Überdosierungen und fragwürde Auslobungen lassen das Gesamturteil dann schnell in den Keller rutschen.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Maßgebliche Inhaltsstoffe/Deklaration: Unter dem Testergebnis Maßgebliche Inhaltsstoffe/Deklaration führt zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) kein Nutzen für den gesunden Anwender; b) Mangan; c) Eisen; d) mehr als 0,2 mg Vitamin A pro höchste empfohlene Tagesdosis; e) Zink; f) Aussagen, die sich auf eine erhöhte Infektionsgefahr und/oder Stärkung und/ oder Unterstützung der Abwehrkräfte und/oder ein gesundes Immunsystem und/oder Hinweise auf die Gesundheit oder die Gesunderhaltung von Körperteilen oder -funktionen beziehen. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: mehr als 1,15 mg Vitamin B6 pro höchste empfohlene Tagesdosis für Kinder ab 4 Jahren.

Bewertung Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um jeweils eine Note: a) der Zusatz von Zucker (Glucose, Saccharose und/oder Lactose) und/oder künstlichen Süßstoffen; b) der Zusatz von Zitronensäure; c) Natriumbenzoat.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Maßgebliche Inhaltsstoffe und dem Testergebnis Weitere Inhaltsstoffe. Es kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder schlechter ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden 

PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Kompakt Vitamine 3/2012 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Vitamine sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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