Gummistiefel für Kinder im Test: Endlich gibt es "sehr gute" Produkte

Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 | Autor: Philip Schulze/Julia Dibiasi/Lena Wenzel | Kategorie: Kinder und Familie | 07.12.2023

Welche Kindergummistiefel im Test sind am besten?
Foto: Evgeny Atamanenko/Shutterstock

Trockene Kinderfüße trotz Regenwetter? Gummistiefel machen es möglich. Einige Modelle fallen jedoch aufgrund von Schadstoffen durch unseren Test. Immerhin: Vier Paar Gummistiefel für Kinder sind mit Bestnote rundum empfehlenswert. 

  • Wir haben 20 Paar Kindergummistiefel in den Größen 27 bis 29 getestet. Dabei wählten wir, sofern möglich, geschlechtsneutrale Farben und Modelle ohne Fütterung aus.
  • Ärgerlich: Nach wie vor sind einige Gummistiefel für Kinder mit bedenklichen Schadstoffen belastet. 
  • Erfreulich: Vier Produkte schneiden mit "sehr gut" ab. 

Aktualisiert am 7.12.2023 | Bei Pfützen kennen Kinder kein Halten mehr. Zu groß ist die Versuchung, mit voller Wucht hineinzuhüpfen und den Moment zu genießen, wenn das Wasser in alle Richtungen spritzt. Wen interessieren schon saubere Kleidung oder trockene Füße?

Um die Waschmaschine zu entlasten und einer Triefnase vorzubeugen, gehören Regenjacke, Matschhose und Gummistiefel deshalb zur Grundausstattung vieler Kinder. Unsere früheren Tests zeigten jedoch: Die farbenfrohen Stiefel stecken häufig randvoll mit Schadstoffen.

Kindergummistiefel-Test: Wie gut sind Crocs, Aigle & Co.?

Deshalb überprüfen wir regelmäßig, ob die Hersteller ihre Produkte in der Zwischenzeit verbessert haben. Dieses Mal haben wir uns 20 Paar Kindergummistiefel herausgepickt und in verschiedenen Laboren untersuchen lassen.

Die gute Nachricht vorweg: Vier schneiden mit Bestnote ab, drei weitere sind "gut". Und das ist im Vergleich zu früheren Tests wirklich eine Verbesserung. Allerdings gibt es auch in diesem Test einige Produkte, die aufgrund kritischer Inhaltsstoffe durchfallen.

Obwohl Kindergummistiefel das Toben bei jedem Wetter ermöglichen, sollten sie den Laufschuh nicht ersetzen. Denn: Ein fehlendes Fußbett und schlechter Halt können die gesunde Entwicklung des kindlichen Fußes beeinträchtigen.
Obwohl Kindergummistiefel das Toben bei jedem Wetter ermöglichen, sollten sie den Laufschuh nicht ersetzen. Denn: Ein fehlendes Fußbett und schlechter Halt können die gesunde Entwicklung des kindlichen Fußes beeinträchtigen. (Foto: FamVeld/Shutterstock)

Krebsverdächtiges Naphthalin entdeckt

Doch was sind das für Inhaltsstoffe, die ÖKO-TEST in Kindergummistiefeln kritisiert? Dazu gehören etwa polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Das sind Stoffe, die im industriellen Fertigungsprozess von Materialien und Produkten entstehen können. Zum Beispiel bei der unvollständigen Verbrennung von Mineralöl, das häufig in Form von Weichmacherölen in Gummistiefel gelangt.  

Das Problem: PAK sind giftig, reichern sich im Körper an und sind obendrein kaum biologisch abbaubar. Zudem stehen einige von ihnen unter Verdacht, krebserregend zu sein.   

Darunter auch Naphthalin, das in vorherigen Tests in allen Kindergummistiefeln zu finden war. Diesmal wies es das Labor nur zwei Mal nach. Das krebsverdächtige Naphthalin kann über die Haut in den menschlichen Körper gelangen. Ein Unding aus unserer Sicht, erst recht in Produkten für Kinder.

Unerwünschte Stoffe in Gummistiefeln für Kinder 

Auch auf diese unerwünschten Inhaltsstoffe sind wir – teils vereinzelt – gestoßen: 

  • Pyren: Der Stoff kann sowohl die Atemwege, die Augen als auch die Haut reizen.
  • Bisphenol A: Zwar blieb der bedenkliche Stoff unter Laborbedingungen im Gummistiefel, als dieser mit Körperflüssigkeiten wie Schweiß und Speichel in Berührung kam. Wir sehen die Verbindung aber dennoch kritisch, da sie im Verdacht steht, wie ein Hormon zu wirken und fortpflanzungsschädlich zu sein.
  • Acetophenon: Die aromatische Verbindung kann bei Hautkontakt reizend wirken.
  • DEHA, DEHTP und DINCH: So lauten die Abkürzungen der Weichmacher, die das Labor gefunden hat. Die Verbindungen gelten als weitgehend unbedenklich, es bestehen jedoch Restrisiken aufgrund einer unzureichenden Studienlage. So kann zum Beispiel bei DEHA nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass es fortpflanzungsschädlich wirkt. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes ziehen wir jeweils eine Note ab.
  • NPEO: Das Tensid kann die Haut reizen und ist giftig für Wasserorganismen.  

Kritik an Ewigkeitschemikalien in Kindergummistiefeln

Kommen wir zur bekannten Problematik der Ewigkeitschemikalien. Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind künstlich hergestellte Stoffe, die aufgrund ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften in Pfannenbeschichtungen, aber auch in Outdoorbekleidung zum Einsatz kommen.

Wir haben PFAS in zwei Kindergummistiefeln im Test gefunden. Das Problem: PFAS, auch Ewigkeitschemikalien genannt, sind kaum biologisch abbaubar und reichern sich in den Organen von Menschen und Tieren an. Ihre Wirkung dort ist beim Menschen noch nicht ausreichend erforscht. Im Tierversuch wirken einige PFAS-Verbindungen jedoch lebertoxisch und krebserregend.

Ähnlich wie PFAS ist auch das bromierte Flammschutzmittel DecaBDE schwer biologisch abbaubar und reichert sich in Lebewesen an. Zudem steht es im Verdacht, Leber und Nieren zu schädigen.

Einmal hat das von uns beauftragte Labor eine Konzentration an DecaBDE gefunden, die über dem in der EU-Verordnung für persistente organische Stoffe festgelegten Grenzwert liegt. Ein absolutes No-Go – gerade bei Gegenständen, mit denen Kinder in Kontakt kommen. 

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Optische Aufheller sind eine unnötige Umweltsünde 

Doch damit sind wir noch nicht am Ende der Liste an Inhaltsstoffen, die wir in diesem Test bemängeln. Polyvinylchlorid (PVC) – häufig Hauptbestandteil von Gummistiefeln – belastet die Umwelt im Hinblick auf Produktion und Entsorgung. Wir werten zwölfmal um eine Note ab.

Eine weitere aus unserer Sicht besonders unnötige Umweltsünde sind optische Aufheller. Sie stecken in 18 der 20 getesteten Produkte, wo sie häufig dazu dienen, Einlegesohlen, Aufkleber oder Etiketten weiß erscheinen zu lassen.

Gummistiefel für Kinder im Test: Das Fazit 

In diesem Test trennt sich die Spreu vom Weizen. Während rund ein Drittel der Produkte im Test nicht überzeugen, können wir sieben Kindergummistiefel empfehlen. Das sind so viele wie noch nie, und es zeigt, dass sich die Hersteller der Risiken einiger Schadstoffe inzwischen stärker bewusst sind.

Bei den Tabellenschlusslichtern sehen wir jedoch dringenden Handlungsbedarf. Denn klar ist: Verbindungen, die möglicherweise krebserregend oder organschädigend sind, haben in Kinderstiefeln nichts zu suchen.  

Tipp: Kinder sollten in Gummistiefeln immer Socken und lange Hosen tragen, um den Hautkontakt mit möglichen Schadstoffen zu vermeiden.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 10/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 20 Paar Kindergummistiefel in den Größen 27 bis 29 getestet. Dabei haben wir, sofern möglich, geschlechtsneutrale Farben und Modelle ohne Fütterung ausgewählt. Eingekauft haben wir die Stiefel im Internet für Preise von 12,99 bis 50 Euro pro Paar.

In verschiedenen unabhängigen Laboren haben wir die wasserdichten Stiefel unter anderem auf umweltschädliche PVC/PVDC/ chlorierte Verbindungen untersuchen lassen. Damit einher ging auch ein umfassendes Materialscreening, um die Stiefel auf kritische Weichmacher, PAKs und sonstige Rückstände aus der Produktion, wie zum Beispiel Acetophenon, hin zu untersuchen. Darüber hinaus wurde überprüft, ob die Regenstiefel sogenannte Ewigkeitschemikalien wie bromierte Flammschutzmittel und PFAS-Verbindungen enthalten, da Letztere aufgrund ihrer wasserabweisenden Eigenschaften häufig in Outdoorbekleidung zum Einsatz kommen. Auch zinn- und halogenorganische Verbindungen haben die Labore analysiert.

Zu guter Letzt haben wir die textilen Bestandteile der Gummistiefel auf problematische Farbbausteine wie aromatische Amine, problematische Tenside und optische Aufheller testen lassen.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um fünf Noten: ein gemessener Gehalt an bromierten Flammschutzmitteln von mehr als 500 mg/kg (hier: Decabromdiphenylether). Dieser Wert entspricht einer Überschreitung des Summengrenzwertes für DecaBDE und weitere in Gemischen oder Erzeugnissen aus der Verordnung (EU) 2019/1021. Zur Abwertung um jeweils vier Noten führen: a) ein gemessener Gehalt von mehr als 200 μg/kg Naphthalin; b) ein gemessener Gehalt an polyfluorierten Alkylsubstanzen von mehr als 260 μg/ kg, in Anlehnung an die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (hier: 8:2 FTOH, 10:2 FTOH, 12:2 FTOH). Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein gemessener Gesamtgehalt an Bisphenol A von mehr als 1.000 mg/kg; b) ein gemessener Gehalt von mehr als 200 μg/kg Pyren; c) ein gemessener Gehalt an NPEO von mehr als 25 mg/ kg. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt; b) ein gemessener Gehalt an Ersatzweichmachern von mehr als 100.000 mg/kg (hier: DEHTP, DINCH); c) ein gemessener Gehalt an Acetophenon von mehr als 10 mg/kg.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: optische Aufheller.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Halogenorganische Verbindungen: Elution der Probe mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
MAK-Amine, Azofarbstoffe: DIN EN 14362-1: 2017-05, DIN EN 14362-3: 2017-05.
Dispersionsfarbstoffe: HPLC/DAD nach Extraktion.
Optische Aufheller: qualitativer Nachweis (UV-Licht).
Zinnorganische Verbindungen: DIN CEN ISO/TS 16179 (2012-12).
APEO: DIN EN ISO 18254-1:2016-09.
PAK: AfPS GS 2019:01 PAK (2019-05).
PFAS: Hydrolyse Methode. Analyten gemäß DIN EN 17681-1:2022-08, DIN EN ISO 23702-1:2019-02; weitere nicht in der DIN EN 17681-1:2022-08 gelistete Substanzen:
Substanzname Abk.
Perfluorpentansulfonsäure PFPeS [PFS C5]
Perfluornonansulfonsäure PFNS [PFS C9]
Perfluorundecansulfonsäure PFUnDS [PFS C11]
Perfluordodecansulfonsäure PFDoDS [PFS C12]
Perfluortridecansulfonsäure PFTrDS [PFS C13]
N-(Perfluor-1-octansulfonyl) Glycin FOSAA
N-Methylperfluor-1-octansulfonamidoessigsäure N-Me-FOSAA
N-Ethylperfluor-1-octansulfonamidoessigsäure N-Et-FOSAA
Ammonium-4,8-dioxa-3H-perfluornonanoat ADONA
1H,1H,2H,2H-Perfluortetradecanol 12:2 FTOH
Salze von Perfluorcarbonsäuren (PFCA) werden über die entsprechende Säure miterfasst. Folgende Verbindungen sind unter anderen bei den entsprechenden FTOH-Verbindungen inkludiert:
Substanzname Abk.
1H,1H,2H,2H-Perfluorhexylacrylat 4:2 FTA
1H,1H,2H,2H-Perfluoroctylacrylat 6:2 FTA
1H,1H,2H,2H-Perfluordecylacrylat 8:2 FTA
1H,1H,2H,2H-Perfluordodecylacrylat 10:2 FTA
1H,1H,2H,2H-Perfluorhexylmethacrylat 4:2 FTMA
1H,1H,2H,2H-Perfluoroctylmethacrylat 6:2 FTMA
1H,1H,2H,2H-Heptadecafluordecylmethacrylat 8:2 FTMA
1H,1H,2H,2H-Perfluordodecylmethacrylat 10:2 FTMA
Methylperfluoroctanoat Me-PFOA
Ethylperfluoroctanoat Et-PFOA

Materialscreening: GC-MS nach Extraktion und Derivatisierung.
Bisphenol A (Migration): Monomere (Migration) gemäß DIN EN 71-9. Prüfung nach DIN EN 71-10: 2006-03/-11:2006-01.
Antimon im Eluat: Elution von Schwermetallen mittels saurer Schweißlösung. Elementbestimmung mittels ICP-MS.
Bromierte Flammschutzmittel: Extraktion mit organischem Lösemittel, Messung GC-MS bzw. LC-MS/MS.

Einkauf der Testprodukte: Juni 2023 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 10/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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