Krebsexperten fordern höhere Tabaksteuer: Wie kann der Rauchstopp gelingen?

Autor: dpa / Redaktion (bw) | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 01.09.2025

Krebsexperten fordern höhere Tabaksteuer: Wie kann der Rauchstopp gelingen?
Foto: Christoph Schmidt/dpa

Rauchen verursacht jährlich tausende Todesfälle – doch jeder Rauchstopp kann Leben retten. Das Deutsche Krebsforschungszentrum empfiehlt politische Maßnahmen wie eine höhere Tabaksteuer. Wie die Abkehr von den Zigaretten gelingen kann, erklären weitere Fachleute.

Um Jugendliche vom Rauchen abzuhalten und Raucher und Raucherinnen zum Aufhören zu motivieren, sollte die Tabaksteuer aus Sicht von Fachleuten regelmäßig deutlich erhöht werden. Dies sei die wirksamste Maßnahme, sagte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg, Prof. Michael Baumann, zum Start der Nationalen Krebspräventionswoche.

Australien zum Beispiel habe neben anderen Maßnahmen eine jährliche Steigerung der Tabaksteuer um zehn Prozent umgesetzt, erklärte Baumann. "Und dort ging der Raucheranteil auf zehn Prozent zurück."

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bezeichnete Rauchen als das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland. "Wer nicht raucht oder mit dem Rauchen aufhört, ergreift bereits die wichtigste Vorbeugungsmaßnahme gegen die Entstehung von Lungenkrebs."

"Rauchen ist der wichtigste vermeidbare Krebsrisikofaktor"

An gesundheitlichen Folgen des Rauchens starben den Angaben nach 2023 rund 131.000 Menschen in Deutschland. Dies entspreche in etwa jedem siebten Todesfall (13,7 Prozent), heißt es im aktuellen Tabakatlas des DKFZ. Die Entwicklung der Zahl tabakbedingter Todesfälle spiegele die des Rauchens bei Männern und Frauen über die vergangenen Jahrzehnte wider: Bei Frauen steigen die Zahlen kontinuierlich an, während sie bei Männern sinken.

Den größten Anteil der aufs Rauchen zurückgehenden Ursachen machen laut dem Tabakatlas mit 42 Prozent der Todesfälle Krebserkrankungen aus, kardiovaskuläre Erkrankungen etwa ein Drittel und Atemwegserkrankungen ein Viertel. Fast jede fünfte Krebsdiagnose hierzulande ist der Mitteilung zufolge durch Rauchen bedingt. "Rauchen ist damit der wichtigste vermeidbare Krebsrisikofaktor."

Rauchen verursache neben Lungenkrebs mindestens weitere 16 Krebsarten wie Tumore im Mund, Rachen und Kehlkopf, Darm-, Magen- sowie Speiseröhrenkrebs. Rauchende hätte ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme wie Nichtraucher und ein doppelt so hohes für Schlaganfälle.

Ciao, Zigarette! Wie der Rauchstopp (diesmal) klappt

Diese Zahlen machen deutlich: Jeder Rauchstopp kann Leben retten. Aber wie gelingt der Ausstieg wirklich? Fachleute betonen: Mit den richtigen Strategien lässt sich der Rauchstopp deutlich leichter schaffen. Schon kleine Alltags-Tricks, klare Ziele und passende Hilfsmittel wie Nikotinersatzprodukte können entscheidend sein, damit der Weg aus der Sucht erfolgreich verläuft.

Zu Beginn steht der harte Realitäts-Check: Die meisten Leute, die sich – etwa zum Jahreswechsel – den Vorsatz "Jetzt höre ich mit dem Rauchen auf" fassen, scheitern. Von 100 Leuten, die sich die sogenannte "Silvester-Methode" vornehmen, rauchen 95 Prozent nach einem Jahr wieder, sagt der Suchtmediziner Tobias Rüther vom LMU Klinikum München.

Ploppt in Ihrem Kopf nun der Gedanke "Dann brauche ich es ja gar nicht zu versuchen" auf? Lassen Sie sich nicht entmutigen. "Der durchschnittliche Raucher braucht sechs Aufhörversuche im Leben bis zur vollständigen Rauchfreiheit. Jeder Versuch zählt also", sagt Tobias Rüther. 

1. Definieren Sie Ihren Stopp-Tag – und erzählen Sie allen davon

Das kann der erste Tag des Jahres oder des neuen Monats sein, aber auch jeder andere Tag im Jahr. "Alle Studien sagen: Der Tag, den der Patient sich aussucht, ist der richtige Tag", sagt Tobias Rüther. Wichtig ist nur, dass man ihn festlegt – und dass man Zigaretten und alles, was einen ans Rauchen erinnert, pünktlich wegschafft. An Tag X soll es ja nicht daran scheitern, dass noch eine halbvolle Schachtel verführerisch auf dem Küchentisch liegt. 

Noch ein Trick: "Möglichst vielen Menschen erzählen, dass man dann aufhören will. Damit es einem auch richtig peinlich ist, wenn man es nicht durchzieht", sagt Tobias Rüther. 

2. Denken Sie in Tagen und Wochen – und nicht "für immer"

Nie wieder werde ich rauchen! Wer sein Ziel so groß formuliert, baut umso größeren Druck auf – unter dem man den Plan schneller hinwirft. Suchtmediziner Rüther rät, in kleinen Schritten zu denken, in Wochen und Tagen. "So kann man sich erstmal sagen: Ich will erst einmal einen Tag rauchfrei sein und wenn das geschafft ist, belohne ich mich."

3. Belohnungen sind ein Muss – gönnen Sie sich etwas

Sich zu belohnen, ist übrigens essenziell. Schließlich ist auch die Zigarette für das Gehirn von Raucherinnen und Rauchen am Ende nichts anderes als genau das – eine Belohnung. Das Nikotin, das dabei ins Gehirn flutet, löst angenehme Gefühle wie Entspannung aus. Wer nicht mehr raucht, muss sich dieses Wohlgefühl auf anderem Wege verschaffen – eben durch andere Belohnungen, wie Tobias Rüther erklärt. 

Wie die aussehen können, ist ganz individuell. Vielleicht gönnt man sich nach der ersten rauchfreien Woche einen Sauna-Besuch oder ein Dinner im Restaurant. Und nach einem halben Jahr einen besonderen Urlaub, in einem Hotel, das man sich sonst nicht gegönnt hätte. "Weil man durch den Rauchstopp Geld spart, hat man es auf einmal dafür", so Rüther. 

Ohnehin lohnt es sich, den Fokus auf das zu richten, was man durch den Rauchstopp gewinnt – nicht auf das, was man vermeintlich verliert. "Man gewinnt zum Beispiel, dass man sich morgens nicht frei husten muss", sagt Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer. 

Und auch Zeit: Wer sich sonst 20-mal am Tag eine Kippe angesteckt hat, hat locker eine Stunde mehr am Tag zur Verfügung. Am besten macht man sich auch direkt Gedanken, wie man sich die richtig schön machen kann. 

4. Verstehen Sie Ihr Rauchverhalten – und finden Sie Alternativen

Zum Kaffee, beim Warten, wenn alles gerade stressig und viel ist: Raucherinnen und Raucher verbinden ganz bestimmte Situationen mit einer Zigarette. "Wenn Sie zur Bushaltestelle gehen und dort zehn Minuten warten müssen, dann will das Gehirn rauchen. Auch dann, wenn sie gerade eben erst eine Zigarette hatten", sagt Tobias Rüther. 

Wer erfolgreich Schluss mit der Zigarette machen will, muss sich mit genau diesen Schlüsselreizen beschäftigen – und sich vorab Alternativen zum Rauchen überlegen. "Diese Vorbereitung ist extrem wichtig", sagt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. 

Möglichkeiten gibt es viele: kurz ein spannendes Hörbuch weiterhören oder den Lieblingssong laut aufdrehen. Für den anderen funktioniert Bewegung, einmal die Treppe auf- und ablaufen oder kurz an die frische Luft, "die einem dann wirklich frisch vorkommt, wenn man nicht mehr raucht", so Tobias Rüther. 

Atem- und Entspannungsübungen können ebenfalls helfen. "Oder wenn man sich, anstatt der Zigarette, etwas in den Mund stecken möchte, kann man sich Gemüsesticks vorbereiten", sagt Rüther. "Oder man nimmt sich ein Stück Ingwer und beißt darauf, das ist auch ein Reiz."

So oder so lohnt es sich, brenzlige Situationen vorab zu entschärfen. Wenn beim Treffen mit Freunden stets geraucht wird, etwa darum zu bitten: "Bitte bietet mir künftig keine Zigaretten mehr an."

5. Lassen Sie sich helfen – etwa von Nikotinersatzprodukten

Gerade starke Raucherinnen und Raucher, die schon Aufhörversuche gestartet haben, wissen: Herausfordernd ist nicht nur der Kopf, der die Zigarette und die Rituale drumherum vermisst. Es ist auch der Körper, dem das Nikotin fehlt. 

Wie stark die körperliche Abhängigkeit ist, das kann man mit dem sogenannten Fagerström-Test herausfinden. Abgefragt wird darin unter anderem, wann man morgens die erste Zigarette raucht, wie viel man überhaupt raucht, ob man das auch tut, wenn man krank im Bett liegt. 

Gerade Menschen mit starker Abhängigkeit kann eine medikamentöse Unterstützung helfen – in Form von Nikotinersatzprodukten oder auch Medikamenten. Die Helfer aus der Apotheke regeln die Sache mit dem Rauchausstieg allerdings nicht von allein: "Man muss es wirklich wollen mit dem Aufhören", sagt Ursula Sellerberg.

  • Medikamente

Es gibt drei Medikamente, die gemäß den medizinischen Leitlinien einen Rauchstopp unterstützen können. Sie alle sind verschreibungspflichtig, man muss also vorher mit Arzt oder Ärztin besprechen, ob sie sinnvoll sein können. 

  • Nikotinersatzprodukte

Nikotinersatzprodukte ersetzen das Nikotin der nicht gerauchten Zigaretten und federn damit körperliche Entzugssymptome ab. Und zwar ohne den Körper mit den vielen Schadstoffen, die bei der Verbrennung des Tabaks entstehen, zu belasten, wie Ursula Sellerberg erklärt. 

Es gibt sie als Kaugummis, Pflaster oder Mundsprays rezeptfrei in der Apotheke. Pflaster schaffen einen kontinuierlichen Nikotinspiegel, während Kaugummis und Sprays sich dazu eignen, akute Hieper abzufedern. Am besten fährt man also mit einer Kombination, so Tobias Rüther. 

Nikotinersatzprodukte im Test

ÖKO-TEST hat Nikotinersatzprodukte, darunter Pflaster, Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays und ein Inhalator, allesamt rezeptfreie Arzneimittel, getestet. Das Fazit: Sieben Produkte sind mit Bestnote rundum empfehlenswert. Kritik üben wir an dem umstrittenen Hilfsstoff BHT (Butylhydroxytoluol) und Titandioxid. Hier erfahren Sie mehr:

6. Finden Sie Wege, motiviert zu bleiben – allein oder mit anderen

Wie bei jeder Verhaltensänderung gibt es sie auch beim Rauchstopp – die Momente, in denen es schwerfällt, motiviert zu bleiben. So kann man ihnen entgegenwirken: 

  • Fortschritt sichtbar machen: "Einige unserer Patienten holen sich die 7 Euro, die eine Schachtel Zigaretten kostet, als Bargeld und füllen damit jeden Tag ein Glas damit", sagt Tobias Rüther. Das macht den Erfolg sichtbar.
  • Sich mit anderen zusammenschließen: Zum Beispiel in Entwöhnungskursen, wo man sich mit anderen austauschen und gegenseitig aufbauen kann. Ist das Kursangebot durch die Zentrale Prüfstelle Prävention zertifiziert, beteiligen sich die gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten dafür.

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