Grippewelle trifft auf Coronavirus: Das müssen Sie wissen

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 30.10.2020

Wenn die Grippewelle auf die Corona-Pandemie trifft, könnte das das Gesundheitssystem stark belasten.
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay / Qimono

Normalerweise beginnt im Herbst die alljährliche Grippesaison, die dieses Jahr auf die Corona-Pandemie trifft. Damit könnten zeitgleich zwei schwere Infektionskrankheiten das Gesundheitssystem belasten, die sich in ihrer Übertragung und den Symptomen ähneln. Wie unterscheidet man eine banale Erkältung von einer Grippe oder Covid-19? Und wie kann man sich vor den Viren schützen? 

  • Wenn die Grippesaison und die Corona-Pandemie aufeinandertreffen, könnte es mehr Patienten geben, die getestet und betreut werden müssen – eine große Herausforderung für das Gesundheitssystem.
  • Wie stark die diesjährige Grippewelle ausfallen wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Mediziner erwarten aber wegen der Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie weit weniger Grippefälle als in den vergangenen Jahren.
  • Eine erhöhte Aktivität der Influenzaviren wird meist Anfang des Jahres verzeichnet und dauert dann drei bis vier Monate. Die Grippesaison dauert in der Regel bis Mitte Mai, das zeigen die Beobachtungen der vergangenen Jahre.

Lesen Sie hier, was Sie jetzt über Grippe und die Unterscheidung von Covid-19 oder einer Erkältung wissen müssen, wann Sie zum Arzt gehen sollten und wie Sie sich optimal vor Grippe schützen. 

Aktualisiert am 30.10.2020 | Die Coronazahlen steigen derzeit weltweit weiter an – zeitgleich beginnt die kalte Jahreszeit, die erfahrungsgemäß die ersten Erkältungen und Grippeerkrankungen mit sich bringt. Das Auftreten beider Viren verkompliziert vieles: War es bislang schon schwierig genug, eine normale Erkältung von einer Influenza-Erkrankung zu unterscheiden, sorgt dieses Jahr das Coronavirus für noch mehr offene Fragen und eine voraussichtlich hohe Belastung für Hausarztpraxen und Krankenhäuser. Noch ist völlig unklar, wie die Grippesaison 2020/21 verlaufen wird. Bislang (Stand Mitte Oktober 2020) sei die Zahl der gemeldeten Influenza-Fälle gering, meldet das Robert Koch-Institut (RKI).

Weniger Grippe-Erkrankungen dank Hygiene-Maßnahmen?

Ein Szenario ist durchaus denkbar: Weil sich derzeit aufgrund der Corona-Pandemie die allermeisten Menschen streng an die Abstandsregeln halten, einen Mund-Nasen-Schutz tragen und häufiger die Hände waschen, könnte es dieses Jahr weniger Atemwegserkrankungen wie Erkältungen oder Grippe geben als die Jahre zuvor.

Es ist jedoch zu befürchten, dass sich das Coronavirus in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker ausbreiten wird. Experten gehen davon aus, dass Sars-CoV-2 – ähnlich wie die Erreger anderer Atemwegserkrankungen – in der kalten Jahreszeit zunehmen wird. Da die Ansteckung über Aerosole (kleinste Partikel in der Luft) eine tragende Rolle bei der Übertragung spielt, kann es im Herbst und Winter, wenn sich die Menschen wieder vermehrt in geschlossenen Räumen aufhalten und treffen, zu mehr Infektionen kommen.

Habe ich eine Erkältung, Grippe – oder doch eine Coronainfektion?

Husten, Schnupfen und Halsschmerzen sind im Herbst ganz normal. Bislang war die Frage: Handelt es sich bei den Symptomen nur um eine gewöhnliche Erkältung oder um eine Grippe (Influenza)? Während der Corona-Pandemie könnte es sich bei denselben und ähnlichen Symptomen auch um eine Infektion mit dem Coronavirus handeln.

Die Erreger von Covid-19 und Influenza (Grippe) werden auf eine ähnliche Art übertragen: Die Hauptübertragung ist die Tröpfcheninfektion, die Viren können aber auch über die Hände oder Gegenstände übertragen werden. Die Coronaviren gelten allerdings als leichter übertragbar als Influenzaviren.

Fieber kann ein Anzeichen für eine Erkältung, für Grippe oder Covid-19 sein.
Fieber kann ein Anzeichen für eine Erkältung, für Grippe oder Covid-19 sein. (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay / guvo59)

Die Unterscheidung von Grippe- und Covid-19-Symptomen ist schwierig. Beide Vireninfektionen beginnen mit den normalen Anzeichen einer Erkältung. Da Covid-19 häufig fast ohne Symptome verläuft, ist auch die Verwechslung mit einer banalen Erkältung leicht möglich. Unten finden Sie eine Übersicht der häufigsten Grippe-, Erkältungs- und Coronasymptome und hier ausführliche Informationen zu den Anzeichen, wie Sie eine Corona-Infektion erkennen können.

Für eine genaue Abklärung ist ein Corona-Test notwendig. Bislang werden zwei unterschiedliche Tests durchgeführt, einer auf Coronaviren, einer auf Influenza A und B. Das Pharmaunternehmen Roche will demnächst einen Test auf den Markt bringen, der beide Virenarten gleichzeitig nachweisen kann. 

Erkältung, Grippe oder Corona - was sind die Unterschiede?

Wer hustet, schnieft und sich unfit fühlt, spricht schnell von einer Grippe. Meist handelt es sich dabei jedoch nur um eine einfache Erkältung, einen grippalen Infekt. So können Sie die Infektionskrankheiten unterscheiden:

Eine Grippe beginnt nicht schleichend, sondern Husten, Halsweh und Schnupfen schlagen plötzlich zu. Innerhalb weniger Stunden fühlt man sich richtig krank. Hohes Fieber und starke Gliederschmerzen sind oft Begleiter einer Grippe, bei einer Erkältung tritt nur leichtes Fieber auf. Grippe ist keine harmlose Erkrankung, in der schweren Grippesaison 2017/18 starben über 20.000 Menschen. Eine "richtige" Grippe dauert meist zwei bis drei Wochen, eine "normale" Erkältung in der Regel sieben Tage.

Im Unterschied dazu kann eine Covid-19-Infektion ganz unterschiedlich verlaufen: Viele Infizierte haben nur milde oder gar keine Symptome, andere leiden unter klassischen Erkältungssymptomen wie Husten, Fieber und Schnupfen. Im Unterschied zur Influenza verschlimmert sich eine Infektion mit dem Coronavirus eher langsam von Tag zu Tag. Vor allem in den Risikogruppen sind auch schwere und tödliche Verläufe möglich.

Symptome einer Grippe

  • Husten, Halsweh und Schnupfen kommen abrupt, die Symptome verschlechtern sich schnell.
  • Hohes Fieber
  • Starke Gliederschmerzen
  • Die Grippe wirkt sich auf den ganzen Körper aus: Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen und ein starkes Krankheitsgefühl zählen zu den Symptomen einer echten Virusgrippe.
  • Bei Babys und Kleinkindern können auch Magen-Darm-Beschwerden auftreten.

Symptome einer Erkältung

  • Husten, Halsweh und Schnupfen treten nicht miteinander, sondern nacheinander auf und werden zunehmend, aber langsam schlechter.
  • Leichtes Fieber
  • Leichte Gliederschmerzen sind möglich.

Symptome einer Corona-Infektion

  • Zu den häufigsten Symptomen zählen laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Fieber, Husten und Müdigkeit.
  • Glieder-, Hals- und Kopfschmerzen gelten als seltenere Symptome.
  • Ein spezielles Symptom einer Sars-CoV-2-Infektion ist der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns, der aber meist im späteren Krankheitsverlauf beobachtet wird.

Zum Weiterlesen: Coronavirus erkennen: Das sind die typischen Anzeichen

Was ist bei Grippe zu tun?

Eine Grippe ist eine ernstzunehmende Krankheit, mit der man sich keinesfalls zur Arbeit schleppen, sondern das Bett hüten sollte. Kontaktieren Sie bei schweren Symptomen in jedem Fall einen Arzt, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Leichte Symptome können Sie daheim auskurieren.

Bei Grippe werden in erster Linie die Symptome bekämpft. Zum Beispiel durch fiebersenkende Schmerzmittel, Wadenwickel und Inhalieren. Darüber hinaus steht das rezeptpflichtige Tamiflu zur Verfügung. Allerdings bezweifeln Experten die Wirksamkeit des Mittels. Nach einer Analyse von Cochrane-Wissenschaftlern vermag das Medikament allenfalls die Dauer von Grippesymptomen um einen halben Tag zu verkürzen, nicht jedoch die Zahl der Krankenhauseinweisungen zu verringern. Antibiotika sind bei einer Grippe wirkungslos. Antibiotika helfen nur bei bakteriellen Erkrankungen – sowohl die Grippe wie auch eine Erkältung werden aber durch Viren verursacht.

Wie kann ich eine Ansteckung mit Grippe vermeiden?

Grippeviren werden, wie auch Coronaviren, durch Tröpfchen-Infektion übertragen. Deshalb gelten dieselben Schutzmaßnahmen:

  • Regelmäßig und gründlich die Hände waschen – und zwar mit Seife und mindestens 20 Sekunden lang.
  • Möglichst wenig ins Gesicht fassen.
  • Möglichst viel Abstand zu Mitmenschen halten, wenn möglich auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.
  • Auf Händeschütteln und Umarmungen verzichten.
  • Die Immunabwehr zu stärken, schadet in keinem Fall. Das heißt: viel frisches Obst und Gemüse, ausreichend Sport, Wechselduschen und frische Luft! Auch ausreichend Schlaf ist gut fürs Immunsystem.

Für wen ist eine Grippe-Impfung sinnvoll? 

Gegen Grippeviren ist eine Impfung verfügbar. Der Schutz dieser Impfung ist allerdings begrenzt. Grund hierfür: Bei der Impfstoffentwicklung ist noch nicht bekannt, inwieweit die Influenzaviren mutieren.

Die Schutzwirkung der Influenza-Impfung ist deutlich geringer als bei anderen Impfungen. "Bei einer sehr guten Übereinstimmung der zirkulierenden Influenza­viren mit dem Impfstoff wurde bei jungen Erwachsenen eine Schutzwirkung bis zu 80% beobachtet", so das Robert Koch-Institut (RKI). Ältere Menschen könnten ihr Risiko, an einer Influenza zu erkranken, durch die Impfung in etwa halbieren. 

Dieses Jahr ist die Grippeimpfung besonders wichtig. Wenn weniger Menschen an Grippe erkranken, wird das durch Corona stark beanspruchte Gesundheitssystem entlastet und das Risiko sinkt, sich gleichzeitig mit beiden Viren zu infizieren.

Da die jährliche Influenzawelle meist Anfang des Jahres beginnt, empfiehlt die Stiko die Impfung für Oktober oder November. Aber auch während der Grippewelle kann es sinnvoll sein, sich impfen zu lassen. Bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist, dauert es allerdings bis zu zwei Wochen.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Grippeimpfung folgenden Gruppen:

  • Schwangeren ab der 14. Schwangerschaftswoche
  • Kindern und Erwachsenen mit einer Immunschwäche oder einer chronischen Erkrankung
  • Bewohnern von Alten- oder Pflegeheimen
  • medizinischem Personal
  • Menschen, die viel Kontakt mit Risikogruppen haben
  • Menschen, die generell viel Publikumsverkehr haben

Darüber hinaus rät die Stiko allen gesunden Erwachsenen, die über 60 Jahre alt sind, zur Grippeimpfung. Ihre Begründung: "Ältere Menschen haben ein erhöhtes Risiko, dass eine Influenza-Erkrankung bei ihnen einen schweren Verlauf nimmt, zu Komplikationen wie Lungenentzündungen oder Herzinfarkt führt oder sogar tödlich verläuft."

Kinderärzte raten zu Grippeimpfung

Deutsche Kinderärzte empfehlen die Grippeimpfung dieses Jahr für alle Kinder. Kinder übertrügen das Influenza-Virus maßgeblich, sagte Johannes Hübner, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pädriatische Infektiologie, gegenüber der "Welt am Sonntag". Die Ständige Impfkommission hat ihre Impfempfehlung bislang nicht auf Kinder ausgeweitet.

Mehr dazu erfahren Sie hier: Ärzte empfehlen Grippe-Impfung für Kinder – die STIKO nicht

Für die Saison 2020/21 stehen laut Stiko 25 Millionen Impfdosen zur Verfügung, das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) geht davon aus, dass der Impfstoff für alle, die sich gegen Grippe impfen lassen wollen, reicht. 

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