Gesichtsvisier oder Maske: Was schützt am besten vor dem Coronavirus?

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 08.12.2020

Gesichtsvisier oder Maske: Was schützt am besten vor dem Coronavirus?
Foto: Miro Poferl

Zum Schutz vor dem Coronavirus tragen immer mehr Menschen ein Kunststoffschild als Alternative zur Stoffmaske. Neue Untersuchungsergebnisse zeigen jetzt: Plastikmasken sind kein Schutz vor Infektionen, die Aerosole verbreiten sich bei den umstrittenen Klarsichtmasken stark.

  • Gesichtsvisiere sind Scheiben aus Plastik, die den Träger vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen sollen.
  • In den meisten Bundesländern reicht ein Face Shield nicht aus, um die Maskenpflicht einzuhalten. In vier deutschen Bundesländern sind auch Gesichtsvisiere statt Stoffmasken erlaubt. 
  • Der Plastikschutz ist kein Ersatz für eine Stoffmaske, aber eine gute Ergänzung.

Gesichtsvisiere sind auf den ersten Blick eine praktische Alternative zur Alltagsmaske. Die sogenannten "Face Shields" bestehen aus durchsichtigem, biegsamem Kunststoff und decken das Gesicht vom Kinn bis zur Stirn ab. Sie werden mit einem Gummiband an der Stirn befestigt und schweben vor dem Gesicht. Die Vorteile des Plastikschutzes liegen auf der Hand. Da die Face Shields aber seitlich und unten offen sind, gelten sie nicht als ausreichender Schutz vor dem Coronavirus. 

Ein Gesichtsvisier kann mit wenig Aufwand selbst hergestellt werden, bietet aber kaum Schutz vor einer Corona-Infektion.
Ein Gesichtsvisier kann mit wenig Aufwand selbst hergestellt werden, bietet aber kaum Schutz vor einer Corona-Infektion. (Foto: Alihan Kutlu / Shutterstock)

Pilotstudie: Gesichtsvisier bietet zu keinen Schutz vor Infektionen

Ein Forscherteam der Hochschule München hat jetzt die Wirksamkeit von Plastikmasken untersucht. Im BioMedLab der Hochschule München hat Christian Schwarzbauer, Professor für Medizintechnik und Medizininformatik, eine Klarsichtmaske, die häufig in Schulen und Kitas zum Einsatz kommt, unter "realistischen und praxisnahen Bedingungen" getestet.

Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigen: Als Schutz vor Infektionen sind die Masken wirkungslos. "Ohne Zweifel sind diese Masken angenehm zu tragen, einen wirksamen Schutz vor Infektionen bieten sie allerdings nicht", sagt Schwarzbauer. "Vor allem in geschlossenen Räumen, wie zum Beispiel in Schulen, Kitas, Büros oder öffentlichen Verkehrsmitteln, ist von der Verwendung solcher Masken dringend abzuraten."

Aerosolausbreitung beim Ausatmen durch die Nase. Die Versuchsperson atmet dabei gleichmäßig durch die Nase aus, ohne sich zu bewegen oder zu sprechen.
Aerosolausbreitung beim Ausatmen durch die Nase. Die Versuchsperson atmet dabei gleichmäßig durch die Nase aus, ohne sich zu bewegen oder zu sprechen. (Foto: Foto: Hochschule München / Christian Schwarzbauer)

Amerikanische Studie: US-Forscher testen Schutz von Visieren

Forscher der Florida Atlantic University haben in Videoanalysen die Zuverlässigkeit von Gesichtsschild und Maske verglichen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Das Face Shield stoppt zwar – wie die Stoffmaske – die Vorwärtsbewegung der Tröpfchen beim Niesen oder Husten. Anschließend konnten sich die Aerosole – die winzigen ausgeatmeten Partikel – jedoch nahezu ungehindert im Raum verteilen, berichtet das Forscherteam im Fachmagazin "Physics of Fluids". Bei Masken mit einem Ventil sei das Problem ähnlich gelagert, so die Wissenschaftler.

Schützt das Face Shield ausreichend vor dem Coronavirus?

Auch das Robert Koch Institut (RKI) sieht in Gesichtsvisieren keinen Ersatz für Stoffmasken: "Die Verwendung von Visieren kann nach unserem Dafürhalten nicht als gleichwertige Alternative zur Mund-Nasen-Bedeckungen angesehen werden". Der Grund: Sie können in der Regel "maximal die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfchen auffangen" und taugen damit nicht als Fremdschutz.

Zählt ein Face Shield als Maske?

Die Entscheidung, was als Maske gilt, liegt bei den Bundesländern. Wer nur ein Face Shield ohne zusätzlichen Mundschutz trägt, hält in den meisten Bundesländern die Maskenpflicht nicht ein. 

Face Shield: Kein Maskenersatz, aber gute Ergänzung

ÖKO-TEST rät: Sinnvoll ist das Gesichtsvisier nur, wenn es zusätzlich zur Mund-Nasen-Maske getragen wird. Dann sind Mund und Nase doppelt geschützt, zusätzlich auch die Augen. Wichtigster Schutz sind weiterhin die Kontaktreduzierung und die geltenden Abstandsregeln.

Die beste und sicherste Lösung: Face Shield und Maske
Die beste und sicherste Lösung: Face Shield und Maske (Foto: pixfly/Shutterstock)

Vorteile des Face Shields

Für Menschen ohne Gehör, Kita-Kinder und alte Menschen in Pflegeeinrichtungen ist es wichtig, die Mimik ihres Gegenübers sehen zu können. Hier werden die Klarsichtmasken am häufigsten eingesetzt.

  • Da ein Gesichtsvisier das ganze Gesicht abdeckt, sind nicht nur Mund und Nase, sondern auch die Augen geschützt. Das ist durchaus sinnvoll, denn das Coronavirus kann auch über die Bindehaut der Augen übertragen werden.
  • Unter dem Face Shield lässt es sich problemlos atmen.
  • Da das gesamte Gesicht zu erkennen ist, fällt die Kommunikation leichter.
  • Bei Gesichtsvisieren gibt es keine Druckstellen hinter den Ohren und kein Beschlagen der Brille.
  • Man fasst sich seltener ins Gesicht als mit einer Stoffmaske.
  • Face Shields lassen sich einfach reinigen und können unzählige Mal verwendet werden.

Wo kann man ein Face Shield kaufen?

Inzwischen gibt es in Deutschland eine Vielzahl von Firmen, die die Schutzschilde produzieren, so zum Beispiel über schutzmaske-in.degesichts-visier.de, Seufert oder Arno Arnold.

Bei Bestellungen im Internet ist Vorsicht geboten. Viele Produkte stammen aus China und haben lange Lieferzeiten und hohe Versandkosten. Vergewissern Sie sich, dass Sie nicht auf einen Fake-Shop hereinfallen.

Gesichtsvisier selber basteln

Ein Face Shield können Sie ohne großen Aufwand selber basteln. Eine einfache Anleitung für ein selbstgemachtes Gesichtsvisier aus Laminierfolie, Gummiband und Schaumstofffolie aus dem Baumarkt hat das Klinikum Görlitz online gestellt. 

Kann eine Brille vor dem Coronavirus schützen?

Brillen könnten das Corona-Infektionsrisiko senken, so eine chinesische Studie.
Brillen könnten das Corona-Infektionsrisiko senken, so eine chinesische Studie. (Foto: Shutterstock/Roman Samborskyi)

Eine Ansteckung mit dem Coronavirus ist auch über die Bindehaut der Augen und den Tränenkanal möglich, zumindest rein theoretisch. Bei der Frage, wie groß das Risiko einer Ansteckung über die Augen ist, gehen die wissenschaftlichen Meinungen auseinander:

Geringes Risiko laut Mediziner beim Jahreskongress der DOG

Clemens Lange vom Universitätsklinikum Freiburg schätzt das Risiko einer Coronainfektion über die Augen auf dem Jahreskongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) als sehr gering ein: "Betrachtet man abschließend die derzeitige Studienlage, weist jedoch nichts darauf hin, dass wir die Augen als bedeutsame Eintritts- oder Austrittspforte des Virus betrachten müssen", stellt Lange fest.

Chinesische Studie: Brille könnte schützen

Eine chinesische Studie gibt dagegen Hinweise darauf, dass Brillenträger besser vor SARS-CoV-2 geschützt sein könnten als ihre Mitmenschen, die in Coronazeiten ohne Brille unterwegs sind. Die Daten zeigen, dass der Anteil an Brillenträgern unter den untersuchten Corona-Patienten auffallend gering ist. Die Wissenschaftler werten das als Indiz dafür, dass Brillen helfen, das Ansteckungsrisiko zu reduzieren.

Die Zahl der untersuchten Patienten ist aber mit 276 zu gering, um allgemeine Empfehlungen abzuleiten.

Da derzeit wissenschaftlich nicht abschließend geklärt ist, wie groß das Risiko einer Infektion über die Augen ist und ob Brillen tatsächlich schützen können, gelten diese Tipps:

  1. Wenn Sie sowieso Brillenträger sind, sollten Sie diese sicherheitshalber ruhig tragen. Sind Sie kein Brillenträger, gibt es keinen Grund, sich zum Schutz vor Corona extra eine Brille zuzulegen.
  2. Meiden Sie es nach Möglichkeit, mit ungewaschenen Fingern die Augen zu berühen. Das gilt aber nicht nur in Corona-Zeiten.

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