Feinstaub-Studie mit 652 Städten: Sterberisiko steigt auch bei niedriger Konzentration

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 23.08.2019

Feinstaub-Studie mit 652 Städten: Sterberisiko steigt auch bei niedriger Konzentration
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay / 995645

Eine Studie geht von 13.000 Toten in Deutschland durch Luftverschmutzung aus. Nun legt eine globale Untersuchung nahe, dass es sogar das Sterberisiko erhöht, geringen Mengen an Feinstaub ausgesetzt zu sein – auch unterhalb der Grenzwerte.

Herz- und Lungenprobleme, Krebserkrankungen, Diabetes – die Liste der Krankheiten, die mit verschmutzter Luft in Verbindung gebracht werden, ist lang. Eine globale Studie mit Daten aus 24 Ländern und 652 urbanen Regionen (vor allem in China) hat jetzt untersucht, wie sich die zweitägliche Exposition mit Feinstaub auf das Sterberisiko auswirkt. 

Das "Multi-City MultiCountry (MCC) Collaborative Research Network" hat seine Ergebnisse im "New England Journal of Medicine" publiziert. Demnach geht erhöhte Feinstaubbelastung mit einem höheren Sterberisiko am selben Tag einher – so weit, so bekannt. Interessanterweise gibt die Studie jedoch keinen Hinweis darauf, dass es einen sicheren Grenzwert für Feinstaub gibt, der Gesundheitsschäden ausschließt.

Wie Städte von weniger Feinstaub profitieren

Eine weitere Beobachtung der Forscher: Unterhalb der derzeitigen Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steigt das Sterberisiko im Verhältnis stärker an, wenn die Feinstaubbelastung größer wird – während das Risiko bei Regionen mit einer ohnehin schon sehr hohen Belastung dann weniger stark ansteigt. 

Im Umkehrschluss würde das bedeuten: Länder, in denen die Feinstaubwerte schon niedriger sind als zum Beispiel in China, könnten die Gesundheit der Bevölkerung in stärkerem Maße positiv beeinflussen, wenn sie die Belastung senken. In asiatischen Metropolen mit extrem hohen Feinstaubwerten wären die Effekte bei einer Senkung dagegen weniger spürbar.

Was bei der Erklärung dieser Unterschiede möglicherweise auch eine Rolle spielen könnte: die verschiedenen Lufttemperaturen und Luftqualitäten, mögliche genetische Unterschiede sowie verschiedene Bevölkerungsstrukturen. "Die Studie kann nur die Assoziation aufzeigen, nicht aber die Ursachen klären", betont daher das Ärzteblatt, das ebenfalls über die Studie berichtet hatte.

[28. Februar 2019] Studie: In Deutschland sterben 13.000 Menschen jährlich durch Luftverschmutzung

Die Diskussion um die Folgen der Luftverschmutzung wird auch in Deutschland geführt. Lange Zeit standen die Stickstoffdioxid-Emissionen im Fokus. Laut Umweltbundesamt sanken hier die Werte im Zeitraum zwischen 1990 und 2015 um mehr als die Hälfte.

US-amerikanische Forscher haben sich in einer aktuellen Studie auf den Feinstaub konzentriert. Sie haben untersucht, wie viele Menschen frühzeitig an den Folgen der Schadstoffbelastung in der Luft gestorben sein sollen. Die Untersuchung des „International Council on Clean Transportation“ (ICCT) besagt: In Deutschland seien im Jahr 2015 ungefähr 43.000 Menschen frühzeitig an den Folgen von Feinstaub und Ozon gestorben. Bei 13.000 waren Emissionen aus dem Verkehrsbereich für die frühzeitigen Todesfälle verantwortlich.

Deutschland steht weltweit auf dem vierten Rang 

Damit nimmt Deutschland im weltweiten Vergleich einen traurigen vierten Platz ein – nach China (114.000), Indien (74.000) und den USA (22.000).

Betrachtet man die Zahl der Todesfälle in Relation zur Bevölkerung, liegt Deutschland mit 17 frühzeitigen Todesfällen pro 100.000 Einwohner bei der Sterberate sogar an erster Stelle. Dieser Wert liegt laut der Studie fast 50 Prozent über dem Durchschnitt aller EU-Länder.

Die Ergebnisse der Studie im Überblick

  • Weltweit starben laut dem ICCT im Jahr 2015 etwa 385.000 Menschen frühzeitig an den Folgen der Feinstaub- und Ozonbelastung aus dem Verkehrsbereich.
  • Dieselfahrzeuge sind laut Studienaussagen weltweit für fast die Hälfte der frühzeitigen Todesfälle verantwortlich. In Deutschland liegt die Zahl deutlich über dem Schnitt: Hier sollen Diesel-PKWs, -Busse und -LKWs sogar für zwei Drittel der Todesfälle verantwortlich sein. 
  • Allein für Deutschland werden die gesellschaftlichen Kosten, die durch die negativen Auswirkungen des Verkehrs auf die Gesundheit der Bevölkerung verursacht werden, auf fast 100 Milliarden Euro geschätzt.

Bei der Untersuchung arbeitete das umweltnahe ICCT mit Forschern der George Washington Universität und der Universität Colorado zusammen. Die Forschungsorganisation ICCT war maßgeblich an der Aufdeckung des VW-Diesel-Skandals beteiligt. 

Manche Lungenärzte kritisieren an Studien dieser Art, dass es nicht genug Beweise für einen direkten Zusammenhang zwischen schmutziger Luft und darauf zurückgeführten Todesfällen gäbe. Der ICCT verweist dagegen auf eine Vielzahl epidemiologischer Studien, in denen genau dieser Zusammenhang nachgewiesen wird.

Quelle: theicct.org

Autorinnen: Benita Wintermantel / Brigitte Rohm

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