Sie sind schon lange im Visier der Expertinnen und Experten: Sogenannte Ewigkeitschemikalien, die je nach Stoff extrem lange in der Umwelt überdauern können. ÖKO-TEST warnt schon länger vor den sogenannten PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) und fordert ein Verbot.
Nun warnen Wasserwerke vor der Ausbreitung einer ganz bestimmten Chemikalie, die sich aus PFAS abbaut: Trifluoracetat (TFA). Das Trinkwasser könne dadurch irreversibel geschädigt werden, darauf weisen die Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke Bodensee-Rhein (AWBR), Matthias Maier und Roman Wiget, hin. Es gibt einige Gründe zur Besorgnis.
Was ist TFA?
Die Chemikalie ist ein Abbauprodukt der umstrittenen Per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS). Sie ist für das Trinkwasser problematisch, weil sie mit herkömmlichen Methoden nicht herausgefiltert werden und extrem lange überdauern kann (Ewigkeitschemikalie). Sie steht zudem im Verdacht, negative Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen zu haben.
Wie kommt die Chemikalie ins Wasser?
TFA kommt in zahlreichen chemischen Erzeugnissen vor, wie Kältemittel, Pharmaka oder Pestiziden. Rund die Hälfte der Belastungen, schätzt der Wasserwerke-Verband, dürfte aus Industrie, Gewerbe oder Haushalten stammen. Die andere Hälfte aus der Landwirtschaft.
In Flüsse und Seen gelangt TFA durch Abwasser der Industrie, Düngemittel oder Treib- und Kältemittel. "Wegen der sehr umfassenden Anwendung finden wir den Fingerabdruck des Moleküls als Abbauprodukt vieler Stoffe auch im Grundwasser", sagt Maier.
Was ist das Problem bei TFA?
Das Umweltbundesamt nennt die Chemikalie einen "sehr mobilen und persistenten Stoff". TFA verbreitet sich rasant und reichert sich in der Umwelt an. Nach dem neusten AWBR-Rhein-Bericht registrierten die Wasserwerke allein am Hochrhein in den vergangenen acht Jahren eine Verdoppelung der TFA-Werte von 0,1 Mikrogramm auf 0,8 bis 1 Mikrogramm je Liter. "Und die TFA-Einträge werden in den in nächsten 20 Jahren zunehmen", prognostiziert Maier.
Weil sich der Stoff im Wasserkreislauf schnell verbreitet, sei der Schutz des Trinkwassers besonders herausfordernd.
Gibt es Grenzwerte für TFA?
Obwohl die Chemikalie gemäß der OECD-Klassifizierung als PFAS gilt, gehört sie nicht zu den 20 PFAS, die in der europäischen Trinkwasserrichtlinie geregelt sind. Es gibt für TFA in Oberflächengewässern keinen Grenzwert. Das Umweltbundesamt hat aber einen Leitwert von 60 Mikrogramm pro Liter der "toxikologisch tolerierbaren Konzentration" für das Trinkwasser festgelegt. Bis zu diesem Wert wird derzeit davon ausgegangen, dass es nicht gesundheitsschädlich ist.
Was muss die Politik tun?
Die zunehmende flächendeckende Belastung der Umwelt mit per- und polyfluorierten Chemikalien hat die Umweltministerien der Länder auf den Plan gerufen: Sie wollen die umstrittenen Chemikalien besser erforschen. Greenpeace fordert ein schnelles Handeln, um die schädlichen Stoffe einzudämmen.
Ziel muss es aus Sicht von Umweltschützern und den für das Trinkwasser Verantwortlichen sein, dafür zu sorgen, dass die Chemikalie nicht oder möglichst wenig zum Einsatz kommt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt einen Beschluss in Richtung klimafreundlicherer Kältetechnik und Wärmepumpen.
Wasserexperte Matthias Maier betont: Das Trinkwasser in Baden-Württemberg kommt zu etwa zwei Dritteln aus dem Grundwasser. Noch ist die Qualität gut. Doch, so betont Maier: "Die Anwendung von TFA muss schrittweise zurückgefahren werden, sonst vererben wir die Ewigkeitschemikalie als Problem für unsere Kinder." Der Wasserwerke-Präsident weist auch darauf hin: "Wasser hat ein langes Gedächtnis. Wir müssen früh anfangen, Dinge an der Quelle zu reduzieren - wir brauchen den Bremsweg!"