Bei Schnee und klirrender Kälte Futter für die heimischen Singvögel bereitstellen – das ist eine gute Idee. Hier sind sich Vogelfans und Tierschutzexperten einig. Doch Futterstellen für Vögel sind im Sommer oft besser besucht als im Winter. Das liegt auch daran, dass die Vogeleltern von März bis August Futter für ihre Jungen besorgen und selbst viel Energie brauchen.
Allerdings sollten Sie im Sommer genau darauf achten, was Sie verfüttern. Denn die Vogelfütterung im Sommer ist – im Gegensatz zur Vogelfütterung im Winter – unter Expertinnen und Experten durchaus umstritten.
Contra Vogelfütterung im Sommer: Jungvögel vertragen nicht jedes Futter
Insbesondere in der Brutzeit zwischen Anfang März und Ende September raten einige Tierschützer vom Füttern ab. "Eine Ganzjahresfütterung kann schaden und ist daher nicht empfehlenswert", sagt etwa Ursula Bauer, Biologin von Aktion Tier.
Vogeleltern fressen das bereitgestellte Futter nämlich nicht nur selbst, sondern verfüttern es an ihren Nachwuchs. Doch die Küken der heimischen Gartenvögel müssen vor allem Insekten fressen. Sind Sonnenblumensamen, Nüsse, Rosinen und Fettfutter ausgestreut, kann dieses ungeeignete Futter zu Mangelerscheinungen und Verdauungsproblemen führen oder die Vogeljungen sogar ersticken lassen.
Auch droht durch die Ganzjahresfütterung eine Abhängigkeit vom Menschen: Die Jungvögel könnten sich lieber an der Futterstelle bedienen, statt selbst Nahrung zu suchen. Hinzu kommt, dass stark gefährdete, rein insektenfressende Vogelarten nicht ans Futterhaus kommen und so einen Nachteil haben können, wenn die von der Fütterung profitierenden Vögel Brutstätten besetzen. Bei der Sommerfütterung ist wegen höherer Temperaturen zudem das Risiko, dass sich ansteckende Krankheiten verbreiten, höher als im Winter.
Pro Vogelfütterung im Sommer
Diesen Argumenten steht entgegen, dass ein zusätzliches Futterangebot im Sommer die Nahrungsversorgung von Altvögeln erleichtern kann, selbst wenn es sich um ähnliches Körnerfutter wie im Winter handelt. Denn fällt die Insektenbeute der Vogeleltern knapp aus, können sie diese an ihre Jungen verfüttern und selbst das bereitgestellte Vogelfutter fressen. Auch gerade flügge gewordene Jungvögel haben durch die Zufütterung höhere Überlebenschancen.
Der NABU fasst die Thematik wie folgt zusammen: "Die Vogelfütterung sowohl im Winter als auch im Sommer hat positive und negative Auswirkungen. Es ist bisher schwer zu sagen, welche davon überwiegen. Eine pauschale Antwort ist auch deshalb schwierig, weil sich das Ergebnis sicherlich von Art zu Art unterscheidet: Es gibt mutmaßliche Profiteure, aber auch Arten, deren Bestände eher leiden."
Wenn füttern, unbedingt das richtige Vogelfutter wählen
Wer Vögel auch im Sommer füttern möchte, sollte keine fettreichen Samen oder Nussbruchstücke bereitstellen. Auch getrocknete Insekten wie Mehlwürmer sind laut NABU wegen des hohen Salz- und fehlenden Wassergehalts in größeren Mengen nicht empfehlenswert.
Stattdessen können Vogelfreunde lebende, frischtote oder wieder aufgetaute gefrorene Insekten anbieten. Als Körnerfutter gehören kleine fettarme Samen ins Vogelhaus, die auch in der Natur gerade zu finden sind – zum Beispiel die Samen von Birken, Brennnesseln, Wicken oder Wegerichen. Im Handel gibt es dieses Futter meist unter dem Namen "Waldvogelfutter", das auch für die Zucht von Kanarienvögeln, Zeisigen oder Stieglitzen verwendet wird.
Der NABU mahnt zudem, in der Sommerfütterung "immer nur als das i-Tüpfelchen für Ihre Bemühungen" zu sehen und beim Füttern auch die gefährdeten Zugvögel im Blick zu haben, die reine Insektenfresser sind.
Wer kranke oder tote Vögel im Garten findet, sollte das Füttern bis zum Winter einstellen. Am Futterplatz und an Wasserstellen könnten sich die Vögel nämlich mit Krankheitserregern infizieren. Deshalb sollte man beides regelmäßig reinigen.
Was wichtiger als Füttern ist
Viel wichtiger als das Füttern der Vögel ist ein tier- und vogelfreundlicher Garten, in dem die Tiere gute natürliche Brut- und Nahrungsbedingungen finden. Pflanzen Sie deshalb möglichst einheimische Stauden, Sträucher, Gehölze und Bäume, lassen verblühte Pflanzen stehen und sorgen Sie insgesamt für mehr Natürlichkeit statt künstlicher Ordnung im Garten.
Mit Material der dpa
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