"Recht auf Reparatur": EU-Kommission will die Reparatur von Elektrogeräten einfacher machen

Autor: Redaktion (lw) | Kategorie: Freizeit und Technik | 22.03.2023

"Recht auf Reparatur": EU-Kommission will die Reparatur von Elektrogeräten billiger und einfacher machen
Foto: Shutterstock/Poravute Siriphiroon

Ein "Recht auf Reparatur" für Geräte wie Staubsauger und Waschmaschinen wird schon länger gefordert. Die Bundesregierung versprach, das Problem anzugehen, blieb aber untätig. Nun hat die EU-Kommission entschieden, dass es für Verbraucher wesentlich leichter werden soll, Geräte reparieren zu lassen. Hier alle wichtigen Antworten.

Verbraucherverbände fordern schon lange mehr Unterstützung vom Staat für Reparaturen von Geräten wie Kaffeemaschinen oder Handys. Die Einführung beispielsweise eines finanziellen "Reparaturbonus" für alle Elektronikgeräte könnte Berge von Elektroschrott vermeiden, so das Argument. Ressourcen und Klima würden geschützt und Bürger in Zeiten steigender Preise entlastet.

EU legt Gute-Reparaturen-Gesetz vor

Nachdem die deutsche Regierung zwar neue Reparatur-Gesetze versprochen, aber nicht geliefert hatte, hat nun die EU das Heft in die Hand genommen. Die EU-Kommission teilte am Mittwoch in Brüssel mit, dass sie ein gesetzliches "Recht auf Reparatur" schaffen wolle. "Mit dem Vorschlag wird es für die Verbraucher einfacher und kostengünstiger, Waren zu reparieren statt zu ersetzen", so ein Sprecher über den umfangreichen Gesetzesentwurf.

Die Kommission schätzt, dass durch den Entwurf über einen Zeitraum von 15 Jahren rund 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen sowie drei Millionen Tonnen Abfall eingespart werden können.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das geplante Gesetz:

Um welche Produkte geht es?

Sehr viele. Als Beispiele nennt die EU-Kommission etwa Wasch- und Spülmaschinen, Fernseher, Tablets, Smartphones und Trockner. Allgemein heißt es: "Der Vorschlag gilt für Verbrauchsgüter", zunächst stehen aber Elektrogeräte im Fokus.

Zudem sollen alle Mängel an solchen Gütern abgedeckt sein – unabhängig davon, ob sie noch der gesetzlichen Gewährleistung unterliegen oder nicht. Also sollen auch selbst verschuldete Schäden repariert werden können.

Was ist das Ziel der geplanten Regeln?

Verbraucher sollen gestärkt, die Umwelt geschont werden. Der Vorschlag mache es einfacher und kostengünstiger, Waren zu reparieren, statt sie zu ersetzen. So sollen Käufer beispielsweise auch 5 bis 10 Jahre nach dem Kauf – also weit nach Ablauf der gesetzlichen Garantie – bei Herstellern eine Reparatur für Produkte einfordern können, die nach EU-Recht reparierbar sind.

Darüber hinaus sollen Hersteller zukünftig darüber informieren müssen, welche Produkte sie zur Reparatur annehmen müssen.

Wo wird es Ausnahmen geben?

Wenn etwa ein Handy so zerstört ist, dass eine Reparatur wirtschaftlich keinen Sinn ergibt, muss es nicht repariert werden. Wörtlich heißt es vonseiten der Kommission: "Im Rahmen der gesetzlichen Garantie werden Verkäufer Reparaturen anbieten müssen, es sei denn, diese sind teurer als der Ersatz." In der Regel gilt eine gesetzliche Garantie zwei Jahre.

Wo kann ich Geräte reparieren lassen?

Zum einen sind die Hersteller in der Pflicht – sie können aber auch Dienstleister mit der Reparatur beauftragen. Zudem sollen unabhängige Werkstätten tätig werden dürfen. Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne), kündigte an, sich dafür einsetzen zu wollen, dass Ersatzteile und Anleitungen leicht zugänglich sind, "damit Unternehmensriesen wie Apple nicht länger die Regeln für eine Reparatur diktieren."

Darüber hinaus sind Online-Plattformen vorgesehen, auf denen sich Bürger über Reparaturdienste und Verkäufer generalüberholter Waren informieren können.

Welche Auswirkungen sind für Deutschland zu erwarten?

Sollten die EU-Regeln wie vorgesehen in Kraft treten, müssten diese auch von Deutschland umgesetzt werden.

Wie reagieren Verbraucherverbände?

Der TÜV hat bereits seine Zustimmung zu dem Gesetzesvorhaben ausgedrückt. "Wir begrüßen die Vorschläge der EU-Kommission ausdrücklich", so Juliane Petrich, Referentin für Politik und Nachhaltigkeit beim TÜV-Verband. Der Verein schickte aber auch Verbesserungsvorschläge hinterher: "Verbraucher:innen sollten vor dem Kauf einfach erkennen können, wie gut und in welcher Form sich Produkte reparieren lassen", so Petrich. Dabei könne ein neu zu schaffendes Prüfzeichen helfen, für das der TÜV schon länger wirbt.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert einen staatlichen Zuschuss zu den Reparaturkosten ("Reparaturbonus") sowie, dass Firmen stärker an den Reparaturkosten beteiligt werden. Der vzbv sieht dabei Frankreich als Vorbild: Über einen Fonds müssten sich Hersteller bestimmter Produkte dort bereits an den Kosten für Reparaturen beteiligen.

Was sagt die Wirtschaft?

"Viele Unternehmen stellt das vorgeschlagene 'Recht auf Reparatur' vor große Herausforderungen", sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. Wenn etwa Ersatzteile länger gelagert und Reparaturen innerhalb von 15 Tagen durchgeführt werden müssten, bedeute dies zusätzliche logistische und finanzielle Belastungen.

Der Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom, Bernhard Rohleder, erklärte, ein verbrieftes Recht auf Reparatur könne Geräte langlebiger machen, reiche aber nicht aus. Ähnlich wie Adrian fordert der Bitkom mehr Anreize für Unternehmen: "Eine Mehrwertsteuersenkung auf Ersatzteile und Reparaturdienstleistungen für IT-Hardware wie Smartphones und Laptops wäre ein solcher Anreiz."

Ab wann gelten die Vorschriften?

Das steht noch nicht fest. Verbraucher müssen sich noch ein wenig gedulden: Erst müssen sich das Europaparlament und die EU-Staaten auf eine konkrete Ausgestaltung der Regeln einigen. Dieser Prozess dauert in der Regel mehrere Monate – eine Frist, bis wann die Verhandlungen abgeschlossen sein müssen, gibt es noch nicht. Es kann auch noch zu Änderungen kommen.

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Mit Material von dpa