Rasen im Herbst vertikutieren – ist das eine gute Idee?

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Freizeit und Technik | 11.10.2023

Rasen im Herbst vertikutieren – oder lieber nicht?
Foto: Shutterstock / ronstik

Diesen Sommer hat unser Rasen viel mitgemacht. Erst hohe Temperaturen, dann zum Teil ziemlich viel Nass von oben – in der Summe bedeutet das: jede Menge Stress. Die Folge sind braune Halme und kahle Stellen. Da liegt die Frage nahe: Ist es sinnvoll, den Rasen jetzt im September noch zu vertikutieren? Wir haben bei Rasen-Experten nachgefragt.

Beim Vertikutieren des Rasens wird die Grasnarbe angeritzt – und alles, was nicht Rasen ist (Moos, totes Rasenmaterial), entfernt. Der Boden wird belüftet, die Graswurzeln bekommen durch das Vertikutieren frischen Sauerstoff, der Rasen wächst wieder schön, dicht und grün.

Soweit die Theorie. In der Praxis stellt das Vertikutieren aber einen nicht unerheblichen Eingriff in das Leben des Rasenteppichs dar, zumindest, wenn Hobbygärtner einfach 'drauflosvertikutieren'. Beim Vertikutieren des Rasens kann man einiges falsch machen. Vielleicht ist das der Grund, warum die Frage "Vertikutieren – ja oder nein?" gerne und heiß diskutiert wird. Schadet das Vertikutieren mehr als es nützt? Wann ist die beste Zeit fürs Vertikutieren? Und kann ich meinen Rasen auch noch im Herbst vertikutieren?

Wir haben uns mit Rasen-Experten unterhalten und zeigen, was beim Vertikutieren des Rasens wichtig ist, und welche Alternativen es gibt.

Wann ist das Vertikutieren sinnvoll?

Den Rasen zu vertikutieren ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Rasen ein Moosproblem hat oder Sie auf Ihrem Rasen eine dicke Schicht totes Gras sehen. Die Betonung liegt auf "dick": Bei einer geringen Rasenfilzauflage zwischen den Grashalmen (bis 0,5 Zentimeter Höhe) ist vertikutieren nicht notwendig. Ganz im Gegenteil: Eine dünne Schicht abgestorbener Halme "schützt vor Austrocknung und Verkrustung des Bodens und spart Wasser", so Martin Degenbeck von der Bayerischen Landesanstalt für Stadtgrün und Landschaftsbau (LWG). Sie sollte deshalb nicht entfernt werden.

Auch mit einem Rechen lassen sich Rasenfilz und Moos von kleinen Rasenflächen entfernen.
Auch mit einem Rechen lassen sich Rasenfilz und Moos von kleinen Rasenflächen entfernen. (Foto: Shutterstock / Ingrid Balabanova )

Mindestens so wichtig wie das Vertikutieren ist aber eine Verbesserung des Bodens, damit das Moos nicht gleich wieder nachwächst. Dazu weiter unten mehr.

Zu welcher Jahreszeit ist das Vertikutieren sinnvoll?

Tatsache ist: Vertikutieren und belüften verbessern die Gesundheit des Rasens – können aber die Graswurzeln schädigen. Deshalb ist es wichtig, nur in den Wachstumsphasen der Gräser zu vertikutieren.

"Im Sommer und Winter sollten Sie nicht vertikutieren", da sind sich alle Experten, mit denen wir gesprochen haben, einig. "Vertikutieren regt das Wachstum an – es sollte also geschehen, wenn weder Frost im Winter noch Austrocknung im Sommer drohen", erklärt Gabriele Schabbel-Mader von der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V.

"Bei Hitze kann es rasch zu Trockenschäden kommen, da durch das Vertikutieren auch die Rasengräser gestresst, teilweise verletzt werden", ergänzt Harald Nonn, Vorsitzender der Deutschen Rasengesellschaft. Zudem steige durch das Vertikutieren im Hochsommer die Verdunstungsrate, worunter der Rasen zusätzlich leidet.

Optimal fürs Vertikutieren sind also die Monate April bis Mai und September bis Oktober. "Am besten vertikutiert man entweder zu Beginn des Wachstums im Frühjahr – etwa Anfang April, dann kann man gleich eine Frühjahrsdüngung anschließen, die dann beim aufgelockerten Boden besser wirkt – oder zur Hauptwachstumszeit im Mai. Wobei man dann den Rasen auf etwa drei Zentimeter kurzschneiden muss, damit man vertikutieren kann", rät Martin Degenbeck.

Kann ich auch im Herbst den Rasen vertikutieren?

Vertikutieren ist keine typische Herbstarbeit, optimal ist das Frühjahr. Wenn Sie im Herbst unbedingt noch vertikutieren möchten, dann auf keinen Fall zu spät und zu intensiv. "Falls Sie im Herbst vertikutieren, dann so zeitig, dass sich die Schäden vor dem Vegetationsende noch auswachsen und Lücken sich schließen können", rät Harald Nonn. "Ansonsten wird das Eindringen von Fremdarten gefördert." Sein Tipp lautet: "Etwa 6 bis 8 Wochen sollte noch Wachstum möglich sein. Das heißt: Bis Ende September ist ein Vertikutieren in aller Regel noch sinnvoll."

Im Spätsommer oder Frühherbst, wenn die Sonne noch wärmt und das Gras noch wächst, ist vorsichtiges Vertikutieren noch möglich.

Wie tief sollte ich vertikutieren?

Wenn der Vertikutierer falsch eingestellt ist oder die Messer nicht scharf genug sind, kann das Vertikutieren mehr schaden als nutzen. "Beim Vertikutieren sollen die Vertikutierwerkzeuge (Messer und/oder Federzinken) die Filzauflage durchschneiden und den Boden leicht berühren", erklärt Harald Nonn. "Bei zu tiefem Vertikutieren werden die Gräser stark geschädigt; es entstehen Lücken, in die gerne Fremdarten einwachsen."

"Sogar die Hersteller empfehlen oft zu tiefes Vertikutieren", so die Erfahrung von Martin Degenbeck: "Richtig ist es, bis zur Bodenoberfläche zu gehen, um den Rasenfilz zwischen den Halmen herauszuholen." Dabei wird am besten kreuzweise (einmal in Querrichtung und einmal in Längsrichtung) gearbeitet. Die Oberfläche soll nur aufgeraut und nicht durchpflügt werden.

Was Sie beim Rasenvertikutieren beachten sollten

  • Vertikutieren strengt den Boden an, deshalb den Rasen maximal zweimal im Jahr vertikutieren. In der Regel genügt einmal jährlich.
  • Der Rasen sollte vor dem ersten Vertikutieren zwei bis drei Jahre alt sein.
  • Vor dem Vertikutieren sollten Sie den Rasen mähen.
  • Vertikutieren Sie den Rasen am besten an einem trockenen Tag.
  • Den gelockerten Rasenfilz nach dem Vertikutieren nicht liegenlassen, sondern entfernen.
  • Zum Schluss den Rasen düngen, eventuell kahle Stellen nachsäen (aber bitte nicht mit billigen Rasensamen!) und ausgiebig wässern
Mit Nagelschuhen wird der Boden belüftet. Das ist schonender als das Vertikutieren.
Mit Nagelschuhen wird der Boden belüftet. Das ist schonender als das Vertikutieren. (Foto: Shutterstock / NinaMalyna)

Gut zu wissen:

  • Löwenzahn im Rasen werden Sie durch Vertikutieren nicht los; Sie müssen ihn ausstechen.
  • "Wer Mulchschnitt praktiziert, bei dem das Rasenschnittgut kleingehäckselt liegenbleibt, muss häufiger vertikutieren als jemand, der das Schnittgut aufnimmt", so Martin Degenbeck.

Welche Alternativen gibt es zum Vertikutieren?

#1 Rasen düngen als Alternative und Ergänzung zum Vertikutieren

Eine regelmäßige Nährstoffgabe in Düngerform verhindert, dass sich künftig wieder Moos im Rasen breitmacht. Empfohlen werden eine Düngung im Frühjahr mit einem organischen Rasendünger und eine Düngung im frühen Herbst mit einem kaliumbetonten Dünger. (Mehr erfahren Sie in unserem Artikel Rasen düngen: Wann, wie und welcher Dünger eignet sich?)

"Die meisten Hobbygärtner vergessen aber eine regelmäßige Kalkung des Rasens im Winter zur Hebung des pH-Wertes", weiß Gabriele Schabbel-Mader. Ein niedriger pH-Wert des Bodens befördert jedoch die Ausbreitung von Moos im Rasen. "Nur wenn der pH-Wert hoch genug ist, kann sich Dünger richtig auflösen und ist dann für die Pflanzen verfügbar."

#2 Aerifizieren als Alternative zum Vertikutieren

Aerifizieren (d.h. belüften) ist für den Rasen schonender als vertikutieren. Dabei werden Rasenfilz und Moos nicht entfernt, sondern es werden kleine Löcher "gebohrt", durch die Sauerstoff, Wasser und Nährstoffe besser an die Wurzeln gelangen. Fürs Aerifizieren gibt es spezielle Nagelsohlen (siehe Bild oben), mit denen kleine Löcher in den Boden gestanzt werden.

#3: Rechen statt vertikutieren

Rasenfilz und Moos lassen sich auch mit einem Rechen entfernen. Aber Achtung: Die Arbeit mit dem Rechen gleicht einem kleinen Workout. Empfehlenswert ist ein Rasenrechen ohne nachgiebige Zinken. Je spitzer die Zinken, umso besser lassen sich Rasenfilz und Moos entfernen.

"Vor allem bei einem jungen Rasen ist ein Rechen mit spitzen Zinken sinnvoller als der Vertikutierer", rät die Landschaftsarchitektin Gabriele Schabbel-Mader. Harald Nonn ergänzt: "Für eine kleine Rasenfläche muss nicht unbedingt ein motorbetriebener Vertikutierer angeschafft werden."

Ein großer Vorteil des Rechens: Damit können Sie nicht zu tief vertikutieren.

#4: Sand für einen besseren Boden

Auch eine Extraportion Sand im Boden sorgt für eine bessere Durchlüftung und Wasserdurchlässigkeit – und fördert damit das Wachstum der Gräser.

Ein schöner Rasen ist also das Ergebnis vieler verschiedener Komponenten. Durchs Vertikutieren alleine lässt sich keine vernachlässigte oder falsch gepflegte Rasenfläche in einen englischen Rasen verwandeln.

Was Sie im Herbst für den Rasen tun können

Auch wenn der Herbst nicht die optimale Zeit fürs Rasenvertikutieren ist – für eine ganze Reihe anderer Aufgaben ist jetzt der beste Zeitpunkt, zum Beispiel:

    Weiterlesen auf oekotest.de: