Pflanzen mittags gießen: Ist das wirklich schädlich?

Autor: dpa / Redaktion (bw) | Kategorie: Freizeit und Technik | 18.07.2025

Pflanzen mittags gießen: Schadet das den Pflanzen im Garten wirklich?
Foto: Shutterstock / Alexander Raths

Viele Hobbygärtner fürchten, dass Wasser in der Mittagssonne Blätter verbrennen kann – Stichwort: Brennglaseffekt. Doch was sagt die Wissenschaft wirklich dazu? Außerdem: Warum Gießen zur falschen Zeit problematisch sein kann – und praktische Tipps für die optimale Bewässerung im Sommer.

Wassertropfen bündeln die mittäglichen Sonnenstrahlen – und zack, hat das Blatt einen Sonnenbrand. Die Behauptung lautet: Blätter von Pflanzen können verbrennen, wenn man sie in der Mittagssonne gießt. So einfach ist das mit dem Brennglas-Effekt aber nicht.

Wie gefährlich ist es, den Garten mittags zu gießen?

Die Fakten: Wenn Lichtstrahlen auf eine Linse – etwa aus Glas – treffen, werden sie gebündelt und laufen an einem Punkt hinter der Linse, dem sogenannten Brennpunkt, zusammen. Dort kann es sehr heiß werden. Das ist auch der Grund, weshalb man mit Hilfe einer Lupe unter Sonnenlicht Papier und andere Dinge in Brand setzen kann.

Die Frage: Können Wassertropfen auf Blättern in der Mittagssonne ebenfalls einen solchen Effekt haben? Nicht wirklich. Die Wassertropfen hätten so gut wie nie die passende Gestalt, die nötig wäre, damit sie wie ein Brennglas wirken, erklärt der Physiker Gernot Münster auf einer Website der Universität Münster, auf der er sich mit populären Irrtümern in der Physik auseinandersetzt.

Der Brennpunkt müsste sich zudem auf der Unterseite des Tropfens befinden, damit er auf dem Blatt liegt. Und das Sonnenlicht müsste im passenden Einfallswinkel auf den Tropfen treffen.

Zusammengefasst: Ein Tropfen müsste ideal einfallendes Licht auf die Oberfläche des Blattes bündeln – was selbst ein exakt halbkugelförmiger Tropfen nicht recht schafft. Wenn Wasser in der Sonne auf dem Blatt verdunstet, entsteht sogar ein kühlender Effekt. Enthält das Wasser indes Salze, die nach dem Verdunsten zurückbleiben, können diese die Zellen des Blattes schädigen.

Wassertropfen bündeln Sonnenstrahlen: Bekommt das Blatt wirklich einen Sonnenbrand?
Wassertropfen bündeln Sonnenstrahlen: Bekommt das Blatt wirklich einen Sonnenbrand? (Foto: Shutterstock / LedyX)

Brennglaseffekt im Garten: Was die Forschung sagt – und was noch offen ist

Bereits 2010 veröffentlichten Forscher der Universität Budapest eine groß angelegte Studie im New Phytologist: Sie belegten, dass wassergefüllte Tropfen auf glatten, haarlosen Blättern selten zu realen Verbrennungen führen. Der Grund: Der Brennpunkt der Lichtbündelung liegt meist unter dem Blatt, und das Wasser im Tropfen wirkt gleichzeitig kühlend.

Anders sieht es bei haarigen oder stark hydrophoben Blättern, etwa bei bestimmten Wasserpflanzen, aus: Hier kann der Tropfen über dem Blatt schweben und Sonnenlicht konzentrieren – vergleichbar mit einem echten Brennglas.

Ein begleitender Fachkommentar aus Australien hob hervor: Es fehlen klare Daten zu den nötigen Temperatur‑ und Lichtschwellen für Blattverbrennungen. Zudem gibt es erste Hinweise, dass bereits erhöhte Strahlungsintensität die Photosynthese beeinträchtigen könnte.

Fazit: Für glatte, haarlose Blätter besteht kaum reale Verbrennungsgefahr durch Wassertropfen in der Sonne.

Warum trotzdem besser morgens oder abends gießen?

Auch wenn der Brennglaseffekt eher ein Mythos ist, sprechen andere Gründe dafür, den Garten nicht zur Mittagszeit zu gießen. In der heißen Mittagssonne verdunstet Wasser besonders schnell, bevor es zu den Wurzeln durchsickern kann – das ist nicht nur ineffektiv, sondern auch eine unnötige Wasserverschwendung.

Außerdem kann kaltes Wasser bei großer Hitze für Pflanzen stressig sein und wie ein Kälteschock wirken. Die sinnvollsten Gießzeiten sind daher der frühe Morgen oder der späte Abend. Dann ist der Boden noch kühl und aufnahmefähig, und die Pflanzen können das Wasser optimal verwerten.

Tipps für richtiges Gießen im Sommer

Die richtige Bewässerung hilft nicht nur, Wasser zu sparen, sondern sorgt auch dafür, dass Pflanzen gesund wachsen:

  • Gießen Sie möglichst bodennah und nicht über die Blätter.
  • Verwenden Sie eine Gießkanne oder ein Tröpfchensystem statt Rasensprenger für Beete.
  • Gießen Sie lieber seltener, aber dafür durchdringend.
  • Achten Sie darauf, dass kurze Regenschauer meist nicht ausreichen – oft dringt das Wasser nur wenige Zentimeter in den Boden ein.
  • Pflanzen in Töpfen und Kübeln benötigen häufiger Wasser als solche im Beet.
  • Wenn möglich: Nutzen Sie Regenwasser – das ist umweltfreundlicher und oft besser für die Pflanzen als kalkhaltiges Leitungswasser.

Fazit: Die Sorge, dass Pflanzen durch das Gießen in der Mittagssonne verbrennen, ist weitgehend unbegründet. Dennoch sollte man die Hitzezeiten des Tages meiden – nicht wegen des Brennglaseffekts, sondern weil Wasser schnell verdunstet und der Nutzen für die Pflanzen gering bleibt. Wer morgens oder abends gießt, handelt ressourcenschonend und pflanzengerecht.

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