Für unseren Test haben wir 20 Bio-Leinöle eingekauft und ins Labor geschickt. Das Ergebnis: Immerhin neun Produkte können wir mit Bestnote empfehlen. Fünf Leinöle fallen jedoch durch unseren Test. Dazu zählt auch das Vitaquell Omega-3 Leinöl, kaltgepresst, nativ: Es schneidet – als einziges Produkt im Test – mit der schlechtesten Note "ungenügend" ab.
Bei diesem Leinöl handelt es sich um das teuerste Produkt im Test: Es kostet stolze 9,69 Euro pro 250 Milliliter. Das macht einmal mehr deutlich, dass mit einem hohen Preis nicht gleich eine gute Qualität einhergeht. Doch warum ist das Vitaquell-Produkt das Schlusslicht in unserem Test? Der Hauptgrund: Gleich mehrere enthaltene Problemstoffe.
Vitaquell-Leinöl mit höchster Menge an Mineralölrückständen
Die Laborexperten haben im überprüften Vitaquell-Leinöl Mineralölrückstände nachgewiesen – und das in einer Menge, die wir als "stark erhöht" bewerten. Der Gehalt ist sogar der höchste, den wir im Test gemessen haben. Er liegt über dem Orientierungswert, der rechtlich nicht bindend ist, sich die Industrie aber selbst auferlegt hat.
Konkret handelt es sich bei den Mineralölbestandteilen um gesättigte Kohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoga). Diese Substanzen können sich im Körper anreichern, mit bislang unbekannten Folgen. Aber wie sind sie überhaupt ins Leinöl gelangt?
Verunreinigungen können in der gesamten Produktionskette entstehen, wenn das Lebensmittel oder die Rohware – die Leinsaat – mit Schmierölen in Kontakt kommt. Das kann schon während der Ernte oder der maschinellen Produktion passieren.
Verunreinigungen mit MOSH/MOSH-Analoga kritisieren wir im Test von Bio-Leinölen mehrfach.

Pestizidrückstände in Bio-Leinöl von Vitaquell im Test
Darüber hinaus ist das von uns beauftragte Labor im getesteten Leinöl von Vitaquell auf Spuren von Pestiziden gestoßen: auf Deltamethrin, DDT und einen Wirkverstärker.
Wir sehen es grundsätzlich kritisch, wenn ein Produkt mehr als ein Pestizid enthält. Denn aus unserer Sicht sind mögliche Wechselwirkungen noch nicht ausreichend erforscht. Eine aktuelle Studie lieferte Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Pestizid-Mehrfachrückständen und Parkinson.
Zum Vergleich: Auch in einem anderen Bio-Leinöl im Test steckt mehr als eine Pestizidspur, darunter ebenfalls besonders bedenkliche Spritzgifte.
Labor findet in der EU verbotenes Spritzgift
Hinzu kommt, dass Deltamethrin und DDT in unseren Augen zu den besonders bedenklichen Pestiziden gehören. Denn das Insektizid Deltamethrin ist als vermutlich fruchtbarkeitsschädigend, vermutlich krebserregend und als bienengiftig eingestuft.
DDT ist wiederum hierzulande seit über 50 Jahren im Anbau verboten. Es gilt als wahrscheinlich krebserregend, ist für viele Tierarten hochgiftig und zählt außerdem zu den Verbindungen, die sich in der Umwelt nur äußerst langsam abbauen.
Doch wie kann es sein, dass das untersuchte Vitaquell-Leinöl – und das auch noch als Bio-Produkt – Spuren dieses verbotenes Spritzgiftes enthält?
Hersteller in der Verantwortung
Laut Anbieter Fauser Vitaquellwerk stammt die Leinsaat aus dem EU-Land Rumänien. Auch dort ist DDT lange verboten. Das Mittel baut sich extrem langsam ab. Es ist also möglich, dass die verarbeitete Leinsaat in einem noch belasteten Boden angebaut wurde.
Somit unterstellen wir hier keine aktive Anwendung des verbotenen Pestizids, und bei einem Verzehr besteht keine akute Gesundheitsgefahr. Wir sind jedoch der Meinung, dass Hersteller nur Produkte ohne solch bedenkliche Pestizidrückstände verkaufen sollten – das gilt besonders für Bio-Produkte, an die zu Recht in puncto Pestizidfreiheit höhere Ansprüche gestellt werden.
Krebserregende Stoffe in Vitaquell-Leinöl nachgewiesen
Doch damit nicht genug. Das Vitaquell-Leinöl ist das einzige Öl im Test, das polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in einer Höhe enthält, die wir abwerten. Zu den PAK gehört die krebserregende Substanz Benzo(a)pyren – auch diese wurden in dem Öl nachgewiesen.
Mögliche Gründe für diese Schadstoffbelastung sind etwa Luftverschmutzung auf dem Feld, oder aber öl- beziehungsweise gasbeheizte Anlagen zum Trocknen der Samen.
Die gefundenen Gehalte sind nicht akut gesundheitsgefährend – aber es geht auch ohne PAK-Belastung. Das zeigen alle anderen Leinöle im Test.
Von wegen "kalt gepresst"
Minuspunkte bekommt das Bio-Leinöl von Vitaquell außerdem, weil das Labor einen Hinweis dafür gefunden hat, dass das – laut Verpackung – kalt gepresste, native Produkt erhitzt wurde. Unserer Auffassung nach sind "nativ" und "kalt gepresst" Qualitätsversprechen, auf die Verbraucherinnen und Verbraucher sich verlassen können sollten.
Punktabzug gibt es auch für die Deklaration. Denn die Laboranalyse zeigte, dass der deklarierte Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren stark vom tatsächlich ermittelten Wert nach oben abweicht. Das werten wir unter den Weiteren Mängeln ab.
Wie schmeckt das Bio-Leinöl von Vitaquell?
Bleibt die Frage, wie das getestete Bio-Leinöl von Vitaquell schmeckt? Immerhin in der Sensorik-Prüfung konnte das Produkt punkten, es schneidet hier mit "sehr gut" ab. Die professionellen Sensoriker beschrieben den Geruch und Geschmack als "deutlich bitter und saatig, etwas brotig, kaum adstringierend".
So setzt sich das Gesamturteil zusammen
Das Gesamturteil beruht auf dem Teilergebnis Inhaltsstoffe. Da das Vitaquell-Leinöl im Test eine aus unserer Sicht "stark erhöhte" Menge an MOSH/MOSH-Analoga enthält, ziehen wir vier Noten ab. Für die nachgewiesenen drei Pestizidspuren – darunter die aus unserer Sicht besonders bedenklichen Spritzgifte Deltamethrin und das in der EU verbotene DDT – ziehen wir drei Noten ab.
Zwei Notenabzüge erfolgen für den festgestellten Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und die gefundene Menge der PAK-Verbindung Benzo(a)pyren. Weitere zwei Noten ziehen wir für den Hinweis auf Erhitzung ab.
Es erfolgen also insgesamt elf Notenabzüge im Teilergebnis Inhaltsstoffe. Dieses kann somit nur "ungenügend" lauten – und so lautet auch das Gesamturteil für das Vitaquell Omega-3 Leinöl, kaltgepresst, nativ.
Details zu Bewertung und Prüfmethoden lesen Sie hier auf der Seite zum Test im Abschnitt Testverfahren.
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