Olivenöl im Test: Nahezu alle mit Mineralöl verunreinigt

Magazin Mai 2022: Olivenöl | Autor: Lisa-Marie Karl/Katja Tölle/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 10.05.2022

Bestes Olivenöl: Welche Olivenöle empfiehlt ÖKO-TEST?
Foto: ÖKO-TEST

Das geht nicht runter wie Öl: Fast alle Olivenöle im Test sind mit Mineralöl verunreinigt – und drei erfüllen die Kriterien für die höchste Güteklasse "nativ extra" nicht. Das hat zur Folge, dass die Mehrheit der Olivenöle mit schlechten Gesamturteilen abschneidet. 

  • Im Test: 19 Olivenöle der Qualitätsklasse "nativ extra". Nur eins ist "sehr gut". 
  • Die meisten Olivenöle im Test schneiden mit "mangelhaft" oder "ungenügend" ab. 
  • Verunreinigungen mit Mineralöl und fehlerhafter Geschmack sind Probleme, die im Olivenöl-Test aufgefallen sind. 
  • Ein überprüftes Olivenöl dürfte so nicht verkauft werden. 

Die Regale, in denen sonst Flasche an Flasche aufgereiht jede Menge Sonnenblumenöl steht, sind weitgehend leer – umso wichtiger wäre jetzt die Alternative Olivenöl. Wir bleiben hier aber im Konjunktiv: wäre. Denn die allermeisten Olivenöle in unserem Test sind alles andere als eine Alternative.

Bestes Olivenöl: Ein Olivenöl im Test "sehr gut"

Fast alle Produkte rasseln gnadenlos durch, ein einziges schneidet mit "sehr gut" ab. Besonders auffällig: Ein Öl im Test dürfte in dieser Form in Deutschland gar nicht im Verkaufsregal landen. Was läuft da falsch? Eine Menge. Wir haben zwei Hauptkritikpunkte:

  1. Eine teils extrem hohe Belastung mit Mineralöl.
  2. Ein Geruch und/oder Geschmack, der in manchen Fällen so fehlerhaft ist, dass die angegebene Qualitätsklasse "nativ extra" nicht stimmt.
Olivenöl wird häufig für Salat-Dressing verwendet.
Olivenöl wird häufig für Salat-Dressing verwendet. (Foto: SeventyFour/Shutterstock)

Mineralöl in nahezu allen Olivenölen im Test 

Bis auf ein einziges Produkt sind alle (!) Olivenöle im Test mit Mineralölbestandteilen verunreinigt. Wie das? Ein Eintragsweg sind Schmieröle, mit denen die Oliven schon während der Ernte in Kontakt kommen – etwa über Erntemaschinen, die die Oliven vom Baum rütteln, oder über Kettensägen, mit denen die Bauern die Bäume während der Ernte zurückschneiden.

Auch während der Produktion kommen die Oliven mit Maschinen und Förderbändern – und somit auch mit Schmierölen – in Kontakt. Und was heißt das? Unter Mineralölkohlenwasserstoffen versteht man eine sehr große Gruppe vieler verschiedener Stoffe.

Besonders bedenklich sind die aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH), von denen einige krebserregend sind. In gut einem Drittel der Produkte fand das beauftragte Labor MOAH. Selten sind sich Verbraucherschützer wie wir, die Politik und die Industrie so einig wie in diesem Punkt: MOAH haben in Lebensmitteln nichts zu suchen.

Tipp - Die Sendung ZDF-Drehscheibe berichtet über das wichtige Thema Mineralölrückstände in unseren Lebensmitteln. Wir sind Teil des Beitrags.

Olivenöl im Test: Jetzt Ergebnisse als ePaper kaufen

Gutes Olivenöl enthält keine Mineralölbestandteile 

Neben MOAH kritisieren wir die gesättigten Kohlenwasserstoffe MOSH/MOSH-Analoge. Fast jedes Öl ist  unterschiedlich stark verunreinigt. MOSH reichern sich im Körper an – was das für die menschliche Gesundheit bedeutet, ist bisher noch völlig unklar. 

Wenn nun fast alle getesteten Olivenöle ein Mineralölproblem haben, kann es dann vielleicht einfach sein, dass das in die Kategorie "blöd, aber geht halt nicht anders" fällt? Nein. Denn der Anbieter des Testsiegers hat das Problem ganz offenbar im Griff.

Testsieger hat Mineralöl-Problem im Griff 

Das Olivenöl ist das einzige im Test, in dem das von uns beauftragte Labor nicht einmal Spuren von Mineralöl nachwies. Und das nicht nur dieses Mal. Auch in unserem vorigen Test Olivenöl vor drei Jahren fiel das Produkt so positiv auf.

Was ist ansonsten aufgefallen? In ein paar Olivenölen im Test stecken Spuren des Pestizids Deltamethrin. Die Verwendung dieses Spritzmittels im Anbau gefährdet Bienen und generell die Artenvielfalt. 

(Foto: ÖKO-TEST )

Natives Olivenöl Extra – von wegen 

Kommen wir zum fehlerhaften Geschmack. Besonders auffällig: Ein Olivenöl im Test schmeckte laut unseren geschulten Sensorik-Prüfern ranzig, den Gesamteindruck beschrieben sie mit fehlerhaft. Von wegen "nativ extra" – das Olivenöl gehört in die Qualitätsklasse "lampant". Nie gehört?

Das liegt daran, dass Lampantöl als Speiseöl in Deutschland überhaupt nicht verkauft werden darf. Die Europäische Kommission schreibt dazu: "Oliven-Lampantöl ist nicht für die Vermarktung im Einzelhandel bestimmt. Es wird raffiniert und für industrielle Zwecke verwendet."  

Nicht alle Olivenöle werden Güteklasse gerecht 

Zwei weitere Olivenöle erfüllen nach unserer Untersuchung die Bedingungen für "nativ extra" nicht, obwohl sie auf den Flaschen damit werben. Sie gehören dem Sensorikurteil unserer Expertinnen und Experten nach in die Qualitätsklasse "nativ". Die Geschmäcker werden als "ranzig" oder "stichig, schlammig" beschrieben. 

5 Kilogramm Oliven benötigt man in etwa, um einen Liter Olivenöl herzustellen. Das sind etwa 750 Stück. Ob mehrheitlich grüne oder schwarze Oliven verwendet werden, bestimmt neben der Olivensorte den Geschmack – grüne (also wenig reife) sorgen für etwas bittereren, schwarze (vollreife) für eher süßliche Noten.
5 Kilogramm Oliven benötigt man in etwa, um einen Liter Olivenöl herzustellen. Das sind etwa 750 Stück. Ob mehrheitlich grüne oder schwarze Oliven verwendet werden, bestimmt neben der Olivensorte den Geschmack – grüne (also wenig reife) sorgen für etwas bittereren, schwarze (vollreife) für eher süßliche Noten. (Foto: angelaflu/Shutterstock)

Zur Erklärung: Ein ranziger Fehleindruck ist für gewöhnlich auf Fehler bei der Lagerung zurückzuführen, ein stichiger und schlammiger Eindruck eher auf schlechte Erntebedingungen oder mangelnde Reinigung der Maschinen etwa.

Überzeugt das Olivenöl im Test geschmacklich? 

Apropos Geschmack. Wer in unserem Testfeld ein Olivenöl erwartet, das allerhöchsten Geschmackskriterien entspricht, der wird enttäuscht. "Vollkommen harmonisch" – so nennen das die professionellen Olivenölverkoster – kann so ein handelsübliches Öl ihrer Meinung nach kaum schmecken. Und das bestätigte sich auch in unserem Testfeld.

Die Ergebnisse lagen zwischen "eher harmonisch" und "ranzig" oder "stichig/schlammig". Minuspunkte verteilen wir aber nur bei wirklichen Fehlern im Geschmack, die letztlich auch zu einer Herabstufung der Qualitätsklasse führen. Das betrifft dann also Olivenöle, die "ranzig" oder "stichig, schlammig" schmeckten.

Wer ein "vollkommen harmonisch" schmeckendes Öl haben will, der muss wohl in speziellen Fachgeschäften und im Onlinehandel ein Premium-Öl kaufen – und deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Welches Öl ist zum Braten geeignet?

Braten Sie besser mit günstigen raffinierten Ölen und nehmen Sie spezielle Frittieröle für Pommes und Co. Wer dennoch mit "nativ extra" brät, sollte wissen: Hitze zerstört das Aroma, zudem rauchen native Öle früher als raffinierte.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

19 Olivenöle der höchsten Güteklasse "nativ extra" sind in unserem Einkaufskorb gelandet, darunter neun Bio-Produkte. Wir haben uns für die Eigenmarken der großen Supermärkte, Discounter und Bioketten und bekannte Marken wie De Cecco und Filippo Berio entschieden.

Ein von uns beauftragtes Labor hat die Olivenöle auf Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen untersucht, die etwa durch Schmieröle in die Produkte gelangen können. Außerdem auf der Prüfliste der von uns beauftragten Labore: polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die beim starken Erhitzen während der Herstellung oder Behandlung der Öle entstehen können, Weichmacher, die sich etwa aus ungeeigneten Schläuchen während Herstellung und Abfüllung herauslösen können, und Pestizide.

Die höchste Güteklasse von Olivenöl unterliegt strengen Vorgaben: Neben der Sensorik müssen auch gewisse Qualitätsparameter die gesetzlichen Grenzen einhalten. Auch diese haben wir überprüfen lassen. Einige Öle loben zudem eine besondere Herkunft aus. Diese Angaben ließen wir uns von den Herstellern bis zur untersuchten Charge zurück belegen. Im Zweifel haben wir die ausgelobte Herkunft im Labor überprüfen lassen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe und Sensorik: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe und Sensorik führt zur Abwertung um fünf Noten: ein "fehlerhafter" sensorischer Gesamteindruck, der bei einem Olivenöl der Güteklasse "nativ extra" zur Abstufung in die Güteklasse "lampant" führt; Angabe des Fehlers "ranzig" bei "Geruch und Geschmack"; der ermittelte Fehlermedian ist größer 3,5. Zur Abwertung um jeweils vier Noten führen: a) ein "fehlerhafter" sensorischer Gesamteindruck, der bei einem Olivenöl der Güteklasse "nativ extra" zur Abstufung in die Güteklasse "nativ" führt; Angabe des Fehlers "ranzig" oder "stichig, schlammig" bei "Geruch und Geschmack"; der ermittelte Fehlermedian ist größer 1,0 und kleiner gleich 3,5; b) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analoge der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 4 mg/kg (in der Tabelle: "stark erhöht"). Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analoge der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in der Tabelle: "erhöht"); b) ein gemessener Gehalt von 1mg/kg und mehr an aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH), sofern nicht schon für einen Gehalt von MOSH/MOSH-Analoga um vier Noten abgewertet wurde. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein bis zwei als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Deltamethrin). Als besonders bedenklich werden Pestizide eingestuft, wenn sie PAN-gelistet sind (Pestizid-Aktionsnetzwerk); b) ein von der Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 über die Merkmale von Olivenölen abweichendes Qualitätsmerkmal für die deklarierte Güteklasse nativ extra (hier: gemessener K232-Wert von größer 2,50 bzw. Säuregehalt von größer 0,80 %); c) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analoge der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 1 bis 2 mg/kg (in der Tabelle: "leicht erhöht").

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung; b) Deklarationsmangel: eine Angabe "leicht bitter" bei einem ermittelten Bitterkeitsmedian von größer 3,0 bzw. eine Angabe "intensiv fruchtig" bei einem ermittelten Fruchtigkeitsmedian von kleiner 6,0 gemäß Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 über die Merkmale von Olivenölen; c) ein Weichmacher in einem gemessenen Gehalt über 1 mg/ kg, ab welchem der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) für Bio-Ware aus der EU dringend eine Ursachenrecherche empfiehlt, um Eintragswege abzustellen.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und Sensorik. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

Peroxidzahl: ASU L 13.00-37 2018-06.

Säurezahl, freie Fettsäuren: ASU L 13.00-5 2021-03.

K-Werte (UV-Absorption): Anhang IX der VO (EWG) Nr. 2568/91.

Isomere Diacylglyceride: DGF C-VI 16.

Pyropheophytine: DGF C-VI 15.

Herkunftsbestimmung: NMR.

MOSH/MOSH-Analoge/MOAH: Nach DIN EN 16995:2017 mod. (Die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix), Messung mittels LC-GC/FID.

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): LC-LC-GC-MS/MS

Weichmacher (Phthalate): GC-MS/MS

Pestizide: ASU L 00.00-34: 2010-09

Modulares Multiverfahren zur Bestimmung von Pestizidrückständen mit GC und LC nach GPC (gel permeation chromatography) in pflanzlichen Lebensmitteln.

Sensorik: Reg. (EEC) No 2568/91, Anhang XII:2019-09, mod., Organoleptik. 8-12 Prüfer

PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Januar 2022 

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