Kommentar

"Stallpolizei": Wenn der Staat versagt

| Kategorie: Essen und Trinken | 22.05.2018

Kommentar

Mit der Forderung, Tierschützer härter zu bestrafen, die in Ställe eindringen und dort Missstände aufdecken, stellt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sich ein doppeltes Armutszeugnis aus. Grund Nummer 1: Sie bekämpft die Wirkung, nicht die Ursache. Denn die Tierschützer dringen ja nur in die Ställe ein, weil einige schwarze Schafe unter den Landwirten permanent gegen das Gesetz verstoßen. Die Ursache sind also die Gesetzesbrüche in den Ställen. Statt aber strengere Strafen für die Täter zu fordern, will Klöckner diejenigen härter verfolgen, die diese Missstände aufdecken. Grund Nummer 2: Klöckner schützt einen mehr oder weniger rechtsfreien Raum. Denn Gesetzesbrüche stehen in einigen Ställen an der Tagesordnung. Und das funktioniert nur, weil der Staat beide Augen fest davor verschließt. Es ist die ureigene Aufgabe der Politik, die eigenen Gesetze durchzusetzen. Aber in den Megaställen der Fleischindustrie ist sie damit heillos überfordert. Die Tierschützer springen hier ein - als "selbsternannte Stallpolizei" wie Klöckner sagt. Warum bekämpft Klöckner also David und nicht Goliath? Weil hinter Goliath die mächtige Agrarlobby steht. Und weil David mit seinen Videos neben der Tierquälerei noch einen ganz anderen Missstand aufdeckt: das Versagen des Staats.

Von Katja Tölle, ÖKO-TEST-Redakteurin