Glukosesirup & Co.: Welche Süßmacher die Industrie statt Zucker einsetzt

Magazin Juni 2025: Sonnencreme | Autor: Heike Baier | Kategorie: Essen und Trinken | 13.06.2025

Die Lebensmittelindustrie setzt oft verschiedene Zuckersorten gleichzeitig ein. Warum macht sie das und wie setzen sich die verschiedenen Sorten zusammen?
Foto: New Africa/Shutterstock

Die Lebensmittelindustrie setzt Zucker in zig verschiedenen Varianten ein. Die meisten Produkte sind nicht nur mit Haushaltszucker gesüßt, sondern auch mit Glukosesirup oder anderen Süßmachern. Doch sind die alle gleich schlecht? Eine Übersicht.

Das Wörtchen Zucker an erster Stelle einer Lebensmittelrezeptur – das kommt nie gut an bei Verbraucherinnen und Verbrauchern. Denn die wissen inzwischen: Ganz vorn in der Liste der Inhaltsstoffe steht die mengenmäßig wichtigste Zutat.

Was die meisten dagegen nicht wissen, ist, dass Zucker sich auf dieser Zutatenliste hinter mehr als 60 verschiedenen Bezeichnungen verstecken kann. Da stehen dann unscheinbare Begriffe wie etwa Maltodextrin, Dextrose, Süßmolkenpulver oder Glukose-Fruktose-Sirup.

"Das sind Süßungsmittel, die zwar aus einem Zucker bestehen, aber eben nicht Zucker im Sinne von Haushaltszucker heißen, sondern wo sich Zucker hinter irgendwelchen Tarnnamen verbirgt. Konsumenten können nur schwer herausfinden, was das eigentlich ist", kritisiert Stefan Kabisch, Ernährungsforscher an der Berliner Charité.

Warum setzt die Industrie viele verschiedene Süßungsmittel ein?

Der Einsatz vieler verschiedener Süßungsmittel hat für die Lebensmittelindustrie den Vorteil, dass manche von ihnen in der Herstellung noch günstiger sind als gewöhnlicher Zucker. 

Ein willkommener Nebeneffekt dürfte aber auch sein: In einer Rezeptur, bei der sich die Gesamtzuckermenge auf viele Süßmacher verteilt, steht das Wörtchen Zucker eben nicht mehr an erster, sondern vielleicht erst an dritter oder fünfter Stelle.

Das sieht dann schon besser aus. Denn dass Zucker negative Effekte auf unsere Gesundheit hat, weiß man nicht nur aus zahlreichen Studien, es dürfte inzwischen auch beim Gros der Konsumenten durchgesickert sein.

(Foto: ÖKO-TEST)

Zuckerarten setzen sich unterschiedlich zusammen 

Aber ist es nicht eigentlich egal für die Gesundheit, welche Zuckerart in einem Lebensmittel steckt, weil Zucker am Ende eben einfach Zucker ist? Ja und nein. Gesund ist Zucker zwar nie – aber offenbar gibt es Varianten, die sind noch etwas ungesünder als andere.

Dazu ein kleiner Exkurs:

  • Die von der Industrie verwendeten Süßungsmittel und Zuckerarten setzen sich im Wesentlichen alle aus unterschiedlichen Kombinationen von Einfachzuckern (Monosacchariden) zusammen.
  • Solche Bausteine können entweder als Kette verbunden sein oder einzeln vorliegen.
  • Die wichtigsten und weitaus häufigsten Einfachzucker heißen Glukose und Fruktose. So ist der gewöhnliche Haushaltszucker ein Zweifachzucker, bei dem Glukose und Fruktose verbunden sind und jeweils die Hälfte ausmachen. Häufig liegen diese beiden Monosaccharide jedoch als Einzelbausteine vor – und zwar mit unbekanntem Mischungsverhältnis.

Zu viel Fruktose kann zu Fettleber führen 

Wichtig ist das Verhältnis von Glukose und Fruktose, weil diese beiden Zucker vom Körper sehr unterschiedlich verstoffwechselt werden: Mit Glukose-Molekülen kann der Organismus evolutionär gesehen besser umgehen und sie in sämtlichen Körperzellen in Energie verwandeln; auch die Stärke in Getreide, Brot oder Reis besteht schließlich aus Glukose.

Fruktose ist dagegen in jüngster Zeit in Verruf geraten: Denn der Fruchtzucker wird zu großen Teilen von der Leber weiterverarbeitet. Und bekommt die Leber zu viel Fruktose bei einem gleichzeitigen Übermaß an Kalorien, dann kann das zu einer Verfettung des Organs führen.

"Eine Fettleber ist verknüpft mit erhöhten Blutfettwerten, Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck", erläutert Ernährungsforscher Stefan Kabisch. "Und wenn man diese Dinge lange genug wuchern lässt, dann steigt das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs."

Hinzu komme, dass Fruktose im Gegensatz zu Glukose kaum satt macht. Man trinkt dann zum Beispiel von einem fruktosereichen Softdrink immer weiter, ohne dass eine natürliche Sättigungsbremse eintritt.

Hohen Fruktose-Anteil vermeiden

Dafür verursacht die Fruktose aber auch keine der berüchtigten Blutzucker- oder Insulinspitzen, um deren Vermeidung derzeit ein regelrechter Hype entbrannt ist. Denn nur Glukose benötigt die Ausschüttung von Insulin, um über das Blut in die Zellen zu gelangen.

Liegt darin nicht ein Vorteil der Fruktose? Nein, findet Ernährungsexperte Kabisch. "Diese Fixierung auf hohe Glukose- und Insulinspitzen ignoriert das Problem der Fruktose vollkommen und lässt sie damit viel besser dastehen, als sie eigentlich ist."

Okay, halten wir also fest: Zucker ist immer schlecht. Aber noch ein wenig schlechter ist eine Zuckerart, wenn sie einen hohen Anteil an Fruktose enthält. Grund genug, sich ein paar gängige Süßmacher etwas genauer anzusehen.

Zucker: Wie setzt sich Haushaltszucker zusammen?

Steht auf der Liste der Zutaten "Zucker", entspricht das jenem gewöhnlichen Haushaltszucker, den wir als weiße oder braune Kristalle in Tüten kaufen können. Haushaltszucker ist chemisch gesehen ein Zweifachzucker mit dem Namen Saccharose: Saccharose besteht aus jeweils einem Glukose- und einem Fruktose-Molekül, die chemisch miteinander verbunden sind. Das heißt im Umkehrschluss: Glukose und Fruktose machen zuverlässig jeweils die Hälfte aus.

Außerdem gut zu wissen:

  • Haushaltszucker wird entweder aus Zuckerrüben oder aus Zuckerrohr hergestellt.
  • Brauner Zucker oder Rohzucker enthalten noch Begleitstoffe aus diesem Ursprung wie etwa Melasse.
  • Raffinierter Zucker ist von diesen Stoffen befreit und kommt schneeweiß aus der Tüte.

Woraus besteht Glukosesirup?

Glukosesirup besteht hauptsächlich aus dem Einfachzucker Glukose, umgangssprachlich auch als Traubenzucker bekannt, und zu maximal fünf Prozent aus Fruktose.

Als Ausgangsstoff für die Herstellung dieses Sirups dient Stärke aus Mais oder Weizen: Stärke wiederum ist nichts anderes als eine endlose Kette von Glukose-Molekülen, die zunächst in ihre Einzelbausteine aufgespalten wird. Danach wandelt man die Glukose mithilfe von Enzymen in Fruktose um – und zwar in beliebig einstellbarer Höhe.

Solange der Fruktose-Gehalt unter fünf Prozent bleibt, heißt das ganze Glukosesirup. Wird ein größerer Anteil in Fruktose umgewandelt, spricht man von Isoglukose – einem Sammelbegriff für Glukose-Fruktose-Sirup (GFS), Fruktose-Glukose-Sirup (FGS) oder High Fructose Corn Syrup (HFCS).

1. Glukose-Fruktose-Sirup (GFS)

Glukose-Fruktose-Sirup besteht aus den Einfachzuckern Glukose und Fruktose, wobei die Glukose zwischen 50 und 95 Prozent ausmacht. Einer der wichtigsten Gründe für die Verwendung von GFS ist laut dem Europäischen Rat für Ernährungsinformationen (Eufic) dessen Süße und die Fähigkeit, sich mit anderen Zutaten gut zu vermischen.

Einsatzgebiete von Zuckersirupen sind flüssige und halbfeste Lebensmittel wie Getränke und Eiscreme, aber auch Konfekt, Marmeladen, Konfitüren, Backwaren oder Milchprodukte.

2. Fruktose-Glukose-Sirup (FGS)

FGS enthält mehr als 50 Prozent Fruktose als Einfachzucker, der Rest ist Glukose. Weil Fruktose eine stärkere Süßkraft hat als Glukose, gilt: Je höher ihr Anteil, desto mehr süßt der FGS. Bitter aus Verbrauchersicht ist bei Fruktose-Glukose- und Glukose-Fruktose-Sirup, dass das genaue Verhältnis der darin enthaltenen Einfachzucker nicht deklariert werden muss.

3. High Fructose Corn Syrup (HFCS)

Der aus der Stärke von Mais hergestellte High Fructose Corn Syrup (HFCS) ist in den USA das große Ding in Softdrinks. Seit der Liberalisierung des Zuckermarktes 2017 ist die Herstellung von Isoglukose in Europa nicht mehr auf 5 Prozent der gesamten Zuckerproduktion gedeckelt, Beobachter befürchten daher eine Überschwemmung des europäischen Marktes mit billigen Zuckersirupen.

Es gibt HFCS in verschiedenen Varianten, mit Fruktose-Anteilen von 42, 55 oder 90 Prozent. Welche Variante zum Einsatz kommt, lässt sich auch hier nicht aus der Zutatenliste ablesen.

Was versteht man unter Invertzuckersirup?

Dieser Sirup ist ein flüssiges Gemisch vorwiegend aus den Einfachzuckern Glukose und Fruktose bei gleichen Anteilen und wird durch Zerlegung des Zweifachzuckers Saccharose gewonnen. Rund 10 Prozent liegen weiterhin als Saccharose vor.

Invertzucker ist etwas süßer als Saccharose und kristallisiert weniger stark aus: Er findet sich zum Beispiel in Getränken, Backwaren und Süßigkeiten.

Was ist Milchzucker? (Laktose)

Umgangssprachlich auch Milchzucker genannt, ist Laktose ein Zweifachzucker, der sich je zur Hälfte aus den Monosacchariden Galactose und Glukose zusammensetzt. Kann der Körper Laktose wegen eines Mangels des Enzyms Laktase schlecht verdauen, spricht man von einer Laktoseintoleranz. Unter ihr leiden in Deutschland laut Bundeszentrum für Ernährung 15 Prozent der Menschen.

Für was werden Malzsirup und Malzextrakt verwendet?

Malzsirup oder seine getrocknete Form, der Malzextrakt, werden von der Backindustrie ebenso wie Zuckerrüben- oder Karamellsirup gern eingesetzt, um Brot süßer zu machen und dunkler zu färben. Denn dunkel assoziieren Verbraucherinnen und Verbraucher mit einem hohen Vollkornanteil.

Gerstenmalzextrakt zum Beispiel besteht jedoch etwa zur Hälfte aus Zucker, wobei der aus Glukose-Bausteinen bestehende Zweifachzucker Maltose (Malzzucker) den größten Teil ausmacht.

Woraus besteht Reissirup?

Er wird durch die Aufspaltung von Reisstärke gewonnen und besteht hauptsächlich aus Glukose, die sowohl solo als auch als Maltose vorliegt. Da Reissirup so gut wie keine Fruktose enthält, süßt er im Vergleich zu Haushaltszucker weniger.

Was ist mit Honig, Agavendicksaft, Kokosblütenzucker & Co.?

Es ist richtig – natürliche Süßungsmittel enthalten neben Zuckermolekülen in unterschiedlicher Form auch ein paar Mineralien oder sekundäre Pflanzenstoffe. Nur: Damit der Körper von diesen Stoffen profitieren könnte, müsste man gleichzeitig Unmengen an Zucker essen. Und manchmal auch eine Extra-Portion Fruktose.

Der von mexikanischen Kaktuspflanzen abgezapfte Agavendicksaft beispielsweise besteht zu rund drei Vierteln aus Fruktose – deshalb schmeckt er auch so süß. Auch im Apfel- und Birnendicksaft dominiert die Fruktose.

Bei Honig schwankt die Zusammensetzung der Zuckerarten je nach Sorte – im Durchschnitt überwiegt jedoch auch hier die Fruktose, hinzu kommen Disaccharide wie Maltose oder Saccharose in kleinerem Umfang. Eine Honigsorte mit vergleichsweise niedrigem Fruktose-Gehalt ist Rapshonig.

Der aus dem Blütennektar der Kokospalme hergestellte Kokosblütenzucker ist immens teuer. Er besteht aber ohnehin zu rund 80 Prozent aus Saccharose – und unser Test aus dem Jahr 2021 zeigte: Fast ein Drittel der Produkte war zu 20 Prozent und mehr mit gewöhnlichem Haushaltszucker gestreckt. Mehr dazu lesen Sie hier: 

Maximal zehn Teelöffel Zucker pro Tag

Fest steht: Egal unter welchem Namen – Zucker im Übermaß ist nie gesund. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, die tägliche Aufnahme von Zucker auf maximal zehn Prozent der gesamten Energiezufuhr zu beschränken. Das wären bei einem Erwachsenen mit einem täglichen Energiebedarf von 2.000 Kalorien rund 50 Gramm freier Zucker, was in etwa zehn Teelöffeln entspricht.

Tipp: Schauen Sie bei Lebensmitteln auf die Nährwerttabelle. Dort muss der Zuckergehalt aller Süßungsmittel plus der natürlicherweise in den Zutaten vorhandene Zucker summiert sein. Was leider nicht aus der Tabelle hervorgeht, ist der Fruktose-Anteil dieser Zuckerarten.

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