Lackfarben-Test: Potenziell allergieauslösende Stoffe entdeckt

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2022 | Autor: Frank Schuster | Kategorie: Bauen und Wohnen | 14.10.2021

16 weiße Lackfarben im Test: Welche sind empfehlenswert?
Foto: ÖKO-TEST

Der weiße Lack ist ab – und soll wieder dran? Wir haben 16 Lackfarben auf Wasserbasis überprüft. Das Ergebnis: Die Produkte im Test enthalten nur wenige Problemstoffe. Beim Auftragen ist dennoch Vorsicht geboten.

  • Lackfarben auf Wasserbasis haben einen besseren Ruf als solche auf Lösungsmittelbasis.
  • Der Test zeigt: Einige weiße Lackfarben enthalten dennoch bedenkliche Inhaltsstoffe.
  • Wichtig: Vor allem Menschen, die allergisch auf den Konservierer Methylisothiazolinon reagieren, sollten das Streichen besser anderen überlassen.

Aktualisiert am 14.10.2021 | Wasserbasiert. Klingt erst mal gut. Wasser kann doch nicht schädlich sein. In der Tat genießen Lacke auf Wasserbasis einen besseren Ruf als lösemittelbasierte. Sie sind geruchsärmer und gelten als verträglicher für die Gesundheit und Umwelt.

Ganz frei von problematischen Inhaltsstoffen sind sie allerdings nicht, wie schon unsere früheren Tests gezeigt haben. Aktuell haben wir insgesamt 16 weiße, seidenmatte und seidenglänzende Lackfarben einer ausführlichen Prüfung unterzogen. Das Ergebnis ist erfreulich: Den Großteil der Produkte können wir empfehlen.

Bei Anwendung von Lackfarben ist Vorsicht geboten 

Ganz unbedenklich ist ihre Anwendung trotzdem nicht. Gerade bei der Sprühanwendung ist ein Mundschutz Pflicht, denn Tröpfchen des Farbnebels können schnell in die Lunge geraten.

Welchen Schadstoffen setzen sich Heimwerker aus, wenn sie mit wasserbasierten Lacken gegen Schrammen und Macken in Möbeln, Mauerwerk oder Metall vorgehen?

Mit Lackfarben können Sie zum Beispiel Möbelstücke wieder auffrischen.
Mit Lackfarben können Sie zum Beispiel Möbelstücke wieder auffrischen. (Foto: Carlos andre Santos/Shutterstock)

Lackfarben im Test: Ist Titandioxid gefährlich?

Da wäre zum Beispiel das in allen Lackfarben im Test enthaltene Titandioxid (TiO2). Das Weißpigment wird wegen seiner hohen Deckkraft geschätzt. Die EU-Kommission stuft es jedoch mittlerweile als "vermutlich krebserregend beim Einatmen" ein.

Das gilt jedoch nur, wenn TiO2 in Pulverform vorliegt und als Staub eingeatmet werden könnte. In Farben und Lacken sind die Pigmente fest gebunden. Deshalb werten wir den Stoff in diesem Test nicht ab.

Flüchtige organische Verbindungen in Lackfarben

Während des Lackierens und auch später während des Trocknens – und zum Teil noch lange danach – können aus Lacken flüchtige organische Verbindungen (VOC) entweichen und die Raumluft belasten. Bestimmte VOC betrachten wir besonders kritisch, darunter problematische Glykole.

Drei Lackfarben im Test werten wir wegen solcher Verbindungen ab. Eine davon sogar besonders streng um zwei Noten: Die darin vom Labor analysierte Verbindung Butoxyethanol kann hautreizend wirken und gesundheitsschädlich beim Einatmen sein.

Jetzt kaufen: 16 weiße Lackfarben im Test

Manche Lackfarben im Test können Allergien auslösen

Mit Ausnahme von zwei Naturfarbenherstellern enthalten alle Produkte im Test Isothiazolinone. Die Verbindungen sollen den Lack in der Dose haltbar machen. Immer mehr Menschen reagieren jedoch allergisch auf den Konservierer Methylisothiazolinon. Sie überlassen das Streichen besser einer anderen Person. Besonders problematisch: In vier Produkten war die Konzenration so hoch, dass wir abwerten. 

Kritisch beurteilen wir auch den Stoff Dimethylaminoethanol, den das von uns beauftrage Labor in einer Lackfarbe im Test nachgewiesen hat. Die Substanz hilft dabei, dass sich die Farbpigmente im Produkt gut verteilen. Der Stoff kann allerdings Haut und Augen reizen, Allergien auslösen und ist giftig beim Einatmen.


Auch Holzzäune erhalten mit Lackfarbe bequem einen neuen Anstrich.
Auch Holzzäune erhalten mit Lackfarbe bequem einen neuen Anstrich. (Foto: Thomson_17/Shutterstock)

Angaben zu Inhaltsstoffen fehlen auf zwei Dosen

Eine Angabe von Inhaltsstoffen haben wir auf den Dosen zweier Anbieter vergeblich gesucht. Man muss schon das Technische Merkblatt aus dem Internet herunterladen oder vom Anbieter anfordern um zu wissen, was genau in den Lacken drinsteckt.

Rechtlich ist daran zwar nichts auszusetzen. Besonders nutzerfreundlich ist das allerdings nicht. Während der Gesetzgeber den Herstellern kaum Vorgaben zur Deklaration macht, fordern wir eine bessere Aufklärung der Verbraucher.

Lackfarben brauchen bessere Sicherheitshinweise

Beispielsweise sollten, aus Sicht von ÖKO-TEST, neben den Inhaltsstoffen auch Warn- und Sicherheitshinweise angegeben sein, darunter Schutzmaßnahmen, die beim Abschleifen zu beachten sind, konkret: eine Gesichtsmaske mit einem Staubfilter zu tragen.

Auf drei Produkten fehlt ein solcher Hinweis. Im Unterschied zu den FFP2-Masken, die für die Coronaschutzmaßnamen erhältlich sind, besitzen die klassischen Arbeitsschutzmasken der Klasse FFP2 ein Ausatemventil.

Ein weiterer Deklarationsmangel aus unserer Sicht: Auf der Dose einer Lackfarbe ist "lösemittelfrei" aufgedruckt. Es stecken aber mehr VOC in der Rezeptur, als die rechtlich allerdings nicht bindende Richtlinie des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) für eine solche Auslobung zulässt.

    Vorsicht beim Sprühen! Wer Farblacke mit der Spritzpistole aufträgt, sollte dabei einen Mundschutz tragen.
    Vorsicht beim Sprühen! Wer Farblacke mit der Spritzpistole aufträgt, sollte dabei einen Mundschutz tragen. (Foto: timltv/Shutterstock)

    Tipps: So arbeiten Sie sicher mit Lackfarben

    Mit ein paar kleinen Vorsichtsmaßnahmen schützen Sie sich bei der Arbeit mit Lackfarben und haben möglichst lange etwas von Ihren gekauften Produkten. 

    1. Beim Auftragen von Lack per Spritzpistole ist ein Mundschutz unverzichtbar. Das Gleiche gilt für das Abschleifen: Stäube können gesundheitsschädlich sein, selbst reiner Holzstaub.

    2. Angebrochene Farb- und Lackdosen kindersicher und kühl lagern. Dosen luftdicht verschließen, kleine Mengen in kleinere Gefäße umfüllen. Am besten kopfüber aufbewahren, das schützt vor dem Austrocknen.

    Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 7/2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Jahrbuch für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

    Weiterlesen auf oekotest.de:

    Wir haben diese Produkte für Sie getestet

    Testverfahren

    Wir haben in Baumärkten und Fachgeschäften 16 wasserbasierte weiße Lackfarben eingekauft, überwiegend "seidenglänzend" oder "seidenmatt". Lacke auf Wasserbasis sind geruchsärmer als lösungsmittelbasierte. Sie gelten als verträglicher für die Gesundheit und Umwelt. Alle Produkte sind für Innen-, die meisten auch für Außenanstriche geeignet.

    Komplett lösemittel- und schadstofffrei sind Lacke auf Wasserbasis in der Regel allerdings nicht. Deshalb ließen wir im Labor analysieren, wie viele und welche flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) sie enthalten. Außerdem standen auf dem Prüfplan: Isothiazolinone, die als Konservierer dienen, aber Allergien auslösen können; das antimikrobielle Zinkpyrithion, das als leicht hautreizend gilt und giftig für Wasserorganismen ist; zudem Schwermetalle, umstrittene halogenorganische Verbindungen, das problematische Vernetzungsmittel Butanonoxim und Formaldehyd/-abspalter.

    Nicht zuletzt die Deklarationen: Volldeklarationen sind rechtlich zwar nicht vorgeschrieben, die Konservierungsstoffe sollten aber nach unserer Auffassung zumindest genannt sein, ebenso wie Info-Rufnummern für Allergiker, Warnhinweise und Schutzmaßnahmen während des Lackierens. Maßgeblich für das Testergebnis sind die Inhaltsstoffe. Nach unserer Auffassung unvollständige Deklarationen verschlechtern das Gesamturteil.

    Bewertungslegende

    Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: mehr als 10.000 mg/kg Butoxyethanol. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als 10.000 mg/kg Butoxyethoxyethanol; b) mehr als 1.000 mg/kg Phenoxyethanol; c) mehr als 1.000 mg/kg Dimethylaminoethanol; d) ein erhöhter Isothiazolinongehalt von mehr als 50 mg/kg MIT.  

    Bewertung Testergebnis Deklaration: Unter dem Testergebnis Deklaration führt zur Abwertung um zwei Noten: keine oder unzureichende Hinweise zu Schutzmaßnahmen beim Schleifen ("Staubfilter/Staubfilter P2 verwenden"). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) keine Angabe der Inhaltsstoffe auf dem Gebinde, sondern nur im Technischen Merkblatt; b) eine Deklaration "lösemittelfrei" trotz eines im Labor nachgewiesenen TVOC-Gehalts von mehr als 700 mg/kg (gemäß Richtlinie VdL-RL 01 des Verbands der deutschen Lack- und  Druckfarbenindustrie).

    Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Deklaration, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Deklaration, das "gut" ist, hat keinen Einfluss auf das Gesamturteil.

    Testmethoden

    Testmethoden: Elemente: Mikrowellendruckaufschluss mit Salpeter-/Flusssäure; Elementbestimmung mittels ICP-MS. Flüchtige organische Verbindungen (TVOC): GC/MS nach Extraktion. Formaldehyd/-abspalter: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Styrol: Headspace-GC/MS nach Extrak¬tion. Dimethylaminoethnol, Butanonoxim: GC/MS nach Extraktion. Isothiazolinone: HPLC/DAD. Zinkpyrithion: HPLC/DAD nach Extraktion. Halogenorganische Verbindungen: Methoden: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfil¬tration. Binden organischer Halogene an Aktiv¬kohle. Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom. Microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. b) Extraktion mit Essigester. Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom. Microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Dichte: Wägung eines auf 21 °C temperierten definierten Volumens.

    Einkauf der Testprodukte: März 2021

    Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 7/2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Jahrbuch für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

    Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.