- Etwa vier Prozent aller Europäer leiden an einer Duftstoff-Allergie. Für sie ist es wichtig, potenziell allergieauslösende Stoffe zu meiden.
- Seit 2005 ist das zumindest teilweise möglich, weil seitdem 24 Duftstoffe deklarationspflichtig sind.
- Nun könnten weitere 56 allergene Duftstoffe, darunter Lavendel- und Ylang-Ylang-Öl dazukommen.
Jedes Kosmetikum muss in der EU eine vollständige Liste der Inhaltsstoffe auf seine Verpackung drucken. Nur beim Duft gibt es eine Ausnahmeregelung: Hinter dem Wörtchen "Parfum" können sich theoretisch hunderte mögliche Duftstoffe verbergen. Mit Namen nennen muss die Industrie darunter nur 24 als Allergene aufgefallene Verbindungen, sobald sie bestimmte Einsatz-Konzentrationen überschreiten.
Das könnte sich demnächst ändern. Denn wie es aussieht, muss die Kosmetik-Industrie auf ihren Verpackungen bald 56 weitere allergene Duftstoffe beim Namen nennen – also insgesamt 80. Das sind gute Nachrichten für die Menschen, die allergisch auf bestimmte Duftstoffe reagieren. Und das sind gar nicht so wenige.
Duftstoff-Allergie: Wer ist betroffen?
Laut einer bevölkerungsbezogenen Studie in verschiedenen europäischen Ländern leiden etwa vier Prozent aller Europäer an einem durch Duftstoffe verursachten "allergischen Kontaktekzem". Sie reagieren unter anderem mit Juckreiz, Knötchen, Bläschen oder einer entzündlichen Rötung an jenen Hautarealen, die mit dem Allergen in Kontakt kamen.

Das Problem: Wenn eine Person erst sensibilisiert ist, dann genügen beim nächsten Kontakt mit dem Allergen sehr viel niedrigere Konzentrationen, um die Allergiesymptome auszulösen. Für diese Menschen ist es wichtig, "ihr" Allergen zu kennen und zu meiden. Seit 2005 ist das zumindest teilweise möglich, weil seither bestimmte Duftstoffe deklarationspflichtig sind.
Bedenkliche Duftstoffe: Diese sollten Sie kennen
Längst nicht alle dieser Duftstoffe sind gleich schlimm, was das Auslösen von Allergien angeht. Zu den potentesten Allergenen zählen Isoeugenol, Cinnamal, Eichenmoosextrakt (Evernia Prunastri Extract) und Baummoos-Extrakt (Evernia Furfuracea Extract). Sie können bereits in geringen Mengen zu einer Neusensibilisierung führen und wir werten Kosmetika mit diesen Verbindungen deshalb in unseren Tests um zwei Noten ab. Dabei beziehen wir uns auf den Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK), der durch systematische Auswertung von Sensibilisierungsdaten in den letzten zwanzig Jahren die stärksten Allergene herausarbeiten konnte.
Die Liste der 24 deklarationspflichtigen enthält jedoch auch mäßig potente Allergene (zum Beispiel Hydroxycitronellal oder Cinnamyl alkohol) sowie Duftstoffe, die, gemessen an ihrer Verbreitung, vergleichsweise selten zu Problemen führen. Dazu gehören zum Beispiel Geraniol und Citronellol. Für diese ziehen wir in unseren Tests keine Noten ab, nennen sie jedoch in den Testtabellen als Service für Allergiker. Übrigens: Inzwischen verboten und damit auch von der Liste der deklarationspflichtigen Duftstoffe verschwunden sind das stark allergisierende Lyral und das vermutlich fortplanzungsschädigende Lilial.
Was ändert sich künftig bei der Deklaration von Duftstoffen?
Zu dieser Liste von 24 deklarationspflichtigen Duftstoffen könnten nun neue Stoffe dazukommen. Über den Entwurf einer Verordnung über die Kennzeichnung zusätzlicher Duftstoffallergene in Kosmetika sollte der ständige Ausschuss für kosmetische Mittel im März 2023 abstimmen. Auf dieser Liste der 56 "Neuen" mit dabei sind zahlreiche ätherische Öle, darunter Lavendelöl (Lavandula Angustifolia oil), Jasmin-Öl (Jasminum Officinale oil), Ylang-Ylang-Öl (Cananga Odorata Flower Oil) oder Bergamott-Öl (Citrus Aurantium Bergamia oil).
Doch wie gefährlich sind diese 56 Verbindungen bezüglich ihres allergenen Potenzials überhaupt? "Das ist unterschiedlich", sagt Prof. Wolfgang Uter, der sich am Institut für Epidemiologie der Uni Erlangen seit über 20 Jahren mit Kontaktallergenen beschäftigt. Uter ist Dermatologe und war Mitautor einer Stellungnahme, in der der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit in der EU (SCCS) bereites 2012 eine Deklarationspflicht diese 56 Duftstoff-Allergene forderte.
Um diese Liste zu ermitteln, habe die zuständige Arbeitsgruppe damals die wissenschaftliche Literatur durchkämmt und nach einem bestimmten Kriterienkatalog jene Duftstoffe aufgenommen, bei denen man es als erwiesen ansah, "dass sie beim Menschen eindeutig Allergien auslösen". Bei manchen dieser Stoffe gab und gibt es bis heute allerdings nur eine sehr dünne Datenlage von wenigen Fällen, bei anderen Verbindungen habe man inzwischen viele Hinweise, dass es sich dabei um starke Allergene handle.
Als Beispiele nennt Uter Sandelholzöl und vor allem das häufig als entspannend und aphrodisierend beworbene Ylang-Ylang-Öl. "Die beiden testen wir jetzt schon routinemäßig bei quasi jedem Patienten, der durch die Tür kommt, und finden etwa anderthalb bis zwei Prozent positiver Fälle." Das entspreche ungefähr der Häufigkeit wie beim inzwischen verbotenen Duftstoff Lyral. Aber erst wenn diese Öle auch deklariert werden müssen, wird es Allergikern möglich sein, sie zu meiden.
Stehen damit bald alle bedenklichen Duftstoffe auf der Verpackung?
Leider nein. Es sind noch immer nur 80 von einigen Hundert bekannten und in Kosmetik eingesetzten Duftstoffen. Und so sind beispielsweise die synthetisch erzeugten Moschusdüfte Tonalide (AHTN), Galaxolid (HHCB) oder Cashmeran weiterhin nicht deklarationspflichtig, für Verbraucher also auf der Liste der Inhaltsstoffe nicht zu erkennen.
Allen dreien ist gemeinsam, dass sie sehr schwer abbaubar sind und sich in der Umwelt wie auch im menschlichen Fettgewebe anreichern. Tonalide und Galaxolid stehen außerdem unter Verdacht, das Hormonsystem zu beinträchtigen – derzeit läuft dazu im Rahmen des EU-Aktionsplans CoRAP eine Neubewertung der beiden Duftstoffe. Dennoch setzen Kosmetik-Hersteller künstliche Moschusdüfte weiter ein, wie unsere Tests immer wieder zeigen: Im vergangenen Jahr fanden die von uns beauftragten Labore sie zum Beispiel in Körperlotionen, Schaumfestigern, Flüssigseifen und Haarkuren.
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