Allergene Duftstoffe: Künftig mehr Klarheit für Allergikerinnen und Allergiker

Autor: Heike Baier/Hannah Pompalla | Kategorie: Kosmetik und Mode | 05.02.2024

Hinter dem Begriff "Parfüm" verbergen sich unterschiedliche Duftstoffe. Einige von ihnen können zu allergischen Reaktionen führen.
Foto: Africa Studio/Shutterstock

Viele Menschen reagieren allergisch auf bestimmte Duftstoffe in Kosmetika. Für sie ist es eine gute Nachricht, dass die Hersteller zukünftig noch mehr potenzielle Duftstoff-Allergene auf ihren Verpackungen deklarieren müssen. Aber: Die Liste der Duftstoffe, die nicht deklariert werden müssen, bleibt lang. 

  • Etwa vier Prozent aller Europäer leiden an einer Duftstoffallergie. Für sie ist es wichtig, potenziell allergieauslösende Stoffe zu meiden. 
  • Bislang waren seit 2005 nur 24 Duftstoffe deklarationspflichtig.
  • Künftig kommen weitere 56 allergene Duftstoffe dazu, darunter Lavendel- und Ylang-Ylang-Öl. 

Jedes Kosmetikum muss in der EU eine vollständige Liste der Inhaltsstoffe auf seine Verpackung drucken. Nur beim Duft gibt es eine Ausnahmeregelung: Hinter dem Wörtchen "Parfum" können sich theoretisch hunderte mögliche Duftstoffe verbergen. Mit Namen nennen musste die Industrie bisher 24 als Allergene aufgefallene Verbindungen, sobald sie bestimmte Einsatz-Konzentrationen überschreiten.

Hersteller müssen bald 80 allergene Duftstoffe nennen

Das ändert sich nun. Gemäß einer neuen EU-Verordnung vom Juli 2023 muss die Kosmetik-Industrie auf ihren Verpackungen künftig 56 weitere allergene Duftstoffe beim Namen nennen – also insgesamt 80. Das sind gute Nachrichten für die Menschen, die allergisch auf bestimmte Duftstoffe reagieren. Und das sind gar nicht so wenige. 

Es ist aber noch etwas Geduld gefragt: Kosmetikprodukte, die einen oder mehrere deklarationspflichtige Duftstoffe enthalten, aber nicht nennen, dürfen noch bis zum 31. Juli 2026 innerhalb der EU auf den Markt gebracht und bis zum 31. Juli 2028 in der EU abverkauft werden. 

Generell gilt: Allergene Duftstoffe müssen bei "Leave-on"-Produkten – kosmetischen Mitteln, die auf der Haut oder den Haaren verbleiben –, ab einer Konzentration von mehr als 0,001 % angegeben werden. Bei "Rinse-off"-Produkten, also aus- bzw. abzuspülenden Kosmetika, greift die Deklarationspflicht ab einer Konzentration von mehr als 0,01 %.

Eine Duftstoffallergie äußert sich zum Beispiel durch gerötete Hautstellen, Bläschen oder Knötchen.
Eine Duftstoffallergie äußert sich zum Beispiel durch gerötete Hautstellen, Bläschen oder Knötchen. (Foto: Weerapon Nantawisit/Shutterstock)

Wie äußert sich eine Duftstoffallergie?

Wer ist eigentlich von einer Duftstoffallergie betroffen und wie äußert sie sich? Laut einer bevölkerungsbezogenen Studie in verschiedenen europäischen Ländern leiden etwa vier Prozent aller Europäer an einem durch Duftstoffe verursachten "allergischen Kontaktekzem". Sie reagieren unter anderem mit Juckreiz, Knötchen, Bläschen oder einer entzündlichen Rötung an jenen Hautarealen, die mit dem Allergen in Kontakt kamen.

Allerdings: Wenn eine Person erst sensibilisiert ist, dann genügen beim nächsten Kontakt mit dem Allergen sehr viel niedrigere Konzentrationen, um die Allergiesymptome auszulösen. Für diese Menschen ist es wichtig, "ihr" Allergen zu kennen und zu meiden. Seit 2005 ist das zumindest teilweise möglich, weil seither bestimmte Duftstoffe deklarationspflichtig sind.

Welche Duftstoffe lösen Allergien aus?

Längst nicht alle dieser Duftstoffe sind gleich schlimm, was das Auslösen von Allergien angeht. Zu den potentesten Allergen zählen etwa diese Stoffe: 

  • Isoeugenol
  • Cinnamal
  • Eichenmoosextrakt (Evernia Prunastri Extract)
  • Baummoos-Extrakt (Evernia Furfuracea Extract).

Die Duftstoffe können bereits in geringen Mengen zu einer Neusensibilisierung führen und wir werten Kosmetika mit diesen Verbindungen deshalb in unseren Tests um zwei Noten ab.

Dabei beziehen wir uns auf den Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK), der durch systematische Auswertung von Sensibilisierungsdaten in den vergangenen zwanzig Jahren die stärksten Allergene herausarbeiten konnte.

Es gibt auch mäßig und weniger potente Allergene

Die Liste der 24 deklarationspflichtigen Stoffe enthält jedoch auch mäßig potente Allergene, wie zum Beispiel Hydroxycitronellal oder Cinnamylalkohol, die wir in unseren Tests abwerten.

Auf der Liste stehen aber auch Duftstoffe, die – gemessen an ihrer Verbreitung –, vergleichsweise selten zu Problemen führen. Dazu gehören etwa Geraniol und Citronellol. Für diese ziehen wir in unseren Tests keine Noten ab, aber wir nennen sie in den Testtabellen als Service für Allergikerinnen und Allergiker.

Übrigens: Inzwischen verboten und damit auch von der Liste der deklarationspflichtigen Duftstoffe verschwunden sind das stark allergisierende Lyral und das vermutlich fortplanzungsschädigende Lilial.

Viele ätherische Öle bald deklarationspflichtig

Im Zuge der EU-Verordnung wurde die Liste der deklarationspflichtigen Duftstoffe von 24 auf 56 weitere Stoffe erweitert. Zu den "Neuen" gehören unter anderem zahlreiche ätherische Öle, wie zum Beispiel:

  • Lavendelöl (Lavandula Angustifolia oil)
  • Jasmin-Öl (Jasminum Officinale oil)
  • Ylang-Ylang-Öl (Cananga Odorata Flower Oil)
  • Sandelholzöl (Santalum album)
  • Bergamott-Öl (Citrus Aurantium Bergamia oil)

Allergene Duftstoffe: Wie problematisch sind die "Neuen"?

Doch wie gefährlich sind diese 56 Verbindungen bezüglich ihres allergenen Potenzials überhaupt? "Das ist unterschiedlich", sagt Prof. Wolfgang Uter, der sich am Institut für Epidemiologie der Uni Erlangen seit über 20 Jahren mit Kontaktallergenen beschäftigt. Uter ist Dermatologe und war Mitautor einer Stellungnahme, in der der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit in der EU (SCCS) bereites 2012 eine Deklarationspflicht dieser 56 Duftstoff-Allergene forderte.

Um diese Liste zu ermitteln, habe die zuständige Arbeitsgruppe damals die wissenschaftliche Literatur durchkämmt und nach einem bestimmten Kriterienkatalog jene Duftstoffe aufgenommen, bei denen man es als erwiesen ansah, "dass sie beim Menschen eindeutig Allergien auslösen".

Sandelholzöl und Ylang-Ylang-Öl wohl starke Allergene

Bei manchen dieser Stoffe gab und gibt es bis heute allerdings nur eine sehr dünne Datenlage von wenigen Fällen, bei anderen Verbindungen habe man inzwischen viele Hinweise, dass es sich dabei um starke Allergene handle.

Als Beispiele nennt Prof. Wolfgang Uter Sandelholzöl und vor allem das häufig als entspannend und aphrodisierend beworbene Ylang-Ylang-Öl. "Die beiden testen wir jetzt schon routinemäßig bei quasi jedem Patienten, der sich einem Allergietest unterzieht, und finden etwa anderthalb bis zwei Prozent positiver Fälle."

Das entspreche ungefähr der Häufigkeit wie beim inzwischen verbotenen Duftstoff Lyral. Aber erst wenn diese Öle auch deklariert werden müssen, wird es Allergikerinnen und Allergikern möglich sein, sie zu meiden.

Hunderte Duftstoff-Allergene nicht angabepflichtig

So erfreulich die Erweiterung der Liste an deklarationspflichtigen Duftstoffe auch ist: Es sind noch immer nur 80 von einigen Hundert bekannten und in Kosmetik eingesetzten Duftstoffen. Und so sind beispielsweise die synthetisch erzeugten Moschusdüfte Tonalide (AHTN), Galaxolid (HHCB) oder Cashmeran weiterhin nicht deklarationspflichtig, also für Verbraucherinnen und Verbraucher auf der Liste der Inhaltsstoffe nicht zu erkennen.

Allen dreien ist gemeinsam, dass sie sehr schwer abbaubar sind und sich in der Umwelt als auch im menschlichen Fettgewebe anreichern. Tonalide und Galaxolid stehen außerdem unter Verdacht, das Hormonsystem zu beinträchtigen – derzeit läuft dazu im Rahmen des EU-Aktionsplans CoRAP eine Neubewertung der beiden Duftstoffe. Galaxolid gilt zudem bereits als gewässergefährdend. Neuere Tierversuche geben zudem Hinweise auf Leberschäden.

Dennoch setzen Kosmetik-Hersteller künstliche Moschusdüfte weiter ein, wie unsere Tests immer wieder zeigen: In unter anderem folgenden Tests sind wir auf solche Stoffe gestoßen:

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