Anti-Schuppen-Shampoos im Test: Nicht alle sanft zu schuppender Kopfhaut

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2024 | Autor: Johanna Michl/Heike Baier/Ann-Cathrin Witte | Kategorie: Kosmetik und Mode | 01.11.2023

Anti-Schuppen-Shampoos im Test
Foto: ÖKO-TEST

Seit März 2022 ist Zinkpyrithion – jahrelang wichtigster Wirkstoff zur Schuppenbekämpfung – in der EU verboten. Trotzdem gibt es immer noch kein grünes Licht für alle Anti-Schuppen-Shampoos in unserem Test. Denn in manchen Produkten sind wir auf andere kritische Inhaltsstoffe gestoßen.

  • Wir haben 27 Anti-Schuppen-Shampoos, darunter sieben mit Naturkosmetik-Zertifikat, zur Überprüfung ins Labor geschickt.
  • Das Ergebnis: Knapp die Hälfte der getesteten Produkte ist empfehlenswert.
  • Minuspunkte gibt es für das umstrittene Anti-Pilzmittel Climbazol, aggressive Tenside und den bedenklichen Duftstoff Galaxolid.

Aktualisiert am 1.11.2023 | Seit etwas mehr als eineinhalb Jahren ist es durch: Zinkpyrithion, jahrelang wichtigster Wirkstoff zur Schuppenbekämpfung in Kosmetika, ist bei uns verboten. Die EU hat den Stoff als "vermutlich reproduktionstoxisch beim Menschen" eingestuft. Seit 1. März 2022 dürfen keine Anti-Schuppen-Mittel oder sonstigen Kosmetika mit der Verbindung mehr verkauft werden.

Wir feiern das als schönen Erfolg, denn ÖKO-TEST hat seit Jahrzehnten für dieses Verbot gekämpft. Zinkpyrithion musste in unseren Augen auch deshalb aus Kosmetik verschwinden, weil es hautreizend ist und giftig für Wasserorganismen. Im Test vor zwei Jahren fanden wir das Anti-Pilzmittel noch in etlichen Anti-Schuppen-Shampoos.

Sebamed, Schauma & Co.: Anti-Schuppen-Shampoo im Test

Für Schuppen-Shampoos hat damit eine neue Zeitrechnung begonnen. Tatsächlich ist in diesem Test nur noch ein einziges Produkt übrig, das wir wegen seines Wirkstoffes kritisieren. Denn, das betreffende Anti-Schuppen-Shampoo enthält Climbazol.

Schuppen sind ein ästhetisches Ärgernis. Sie können zudem verschiedene Ursachen haben.
Schuppen sind ein ästhetisches Ärgernis. Sie können zudem verschiedene Ursachen haben. (Foto: Timonina/Shutterstock)

Auch dieser Stoff wirkt gegen Pilzbefall auf der Kopfhaut und gehört zur Gruppe der umstrittenen halogenorganischen Verbindungen, die sich in Gewässern und Sedimenten anreichern können. Daneben gibt es Hinweise aus Tierstudien, dass der Stoff eine hormonelle Wirkung haben könnte: Die Europäische Chemikalienagentur ECHA prüft Climbazol derzeit im Hinblick auf eine Neubewertung.

Schuppen können unterschiedliche Ursachen haben

Erfreulich: Alle anderen Shampoos im Test arbeiten mit Antischuppen-Mitteln, die wir für unbedenklich halten. Während die Naturkosmetika vorwiegend auf bewährte pflanzliche Wirkstoffe wie Rosmarinextrakt, Teebaumöl oder Niembaumblattextrakt setzen, verwenden 18 von 20 konventionellen Shampoos Piroctonolamin.

Piroctonolamin ist eine synthetische Verbindung mit fungizider Wirkung und soll die Hefepilze eindämmen, die gerade bei fettigen Schuppen eine Rolle spielen: Wenn die Kopfhaut besonders viel Talg absondert, können sich diese Hefen sprunghaft ausbreiten und mit ihren Ausscheidungen für Juckreiz und Entzündungen sorgen.

Allerdings gibt es auch andere Ursachen für Kopfschuppen: Bei trockener Kopfhaut sorgen nicht Pilze für das Abschuppen, sondern fehlende Feuchtigkeit. Dennoch enthalten in unserem Test insgesamt 18 Anti-Schuppen-Shampoos den Anti-Pilzwirkstoff Piroctonolamin – selbst die, die explizit für trockene Kopfhaut ausgelobt sind.

Schuppen-Shampoos im Test: Ein Wirkstoff für alle

Die Begründung der Hersteller: Verbraucher wüssten meist nicht, welche Art von Schuppen sie haben, deshalb sollen die Formulierungen für alle Hautzustände und Schuppenarten helfen. Prinzip Gießkanne also.

Anti-Schuppen-Shampoos: Jetzt Testergebnisse als ePaper kaufen

Uns erscheint das wenig sinnvoll, wir raten bei trockener Kopfhaut: Lieber zunächst bei den Ursachen ansetzen und versuchen, die Kopfhaut wieder ins Lot zu bringen. Zum Beispiel ein ganz normales, milderes Shampoo ausprobieren oder eines der Naturkosmetik-Shampoos im Test. Fünf der Naturkosmetik-Shampoos verwenden mit Coco Glucoside ein sehr sanftes Haupttensid.

Vermutlich wird auch ein Shampoo mit einem Antipilz-Mittel als Wirkstoff eine leichte Linderung der Beschwerden bringen, denn trockene Haut ist wehrloser gegen die Ausscheidungen der in jeder Hautflora vorkommenden Hefepilze. Doch an den Ursachen ändert es nichts.

Aggressive Tenside in mehreren Anti-Schuppen-Shampoos

Leider sind längst nicht alle problematischen Inhaltsstoffe aus Anti-Schuppen-Shampoos verschwunden, vier Produkte fallen sogar mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch. Unsere Kritik beginnt schon damit, dass viele Shampoos waschaktive Substanzen einsetzen, die schuppende Kopfhaut in unseren Augen allzu hart angehen.

Haupttensid in 19 von 20 konventionellen Shampoos ist Sodium Laureth Sulfate. Das Tensid schäumt zwar super, dringt aber auch in die äußerste Schutzschicht der Haut, die Hornschicht, ein. Als PEG-Verbindung kann es die Haut durchlässiger machen für Fremd- und Schadstoffe.

Nicht gut für schuppende Kopfhaut, zumal manche Produkte noch eine Schippe drauflegen: Mit Natriumlaurylsulfat verwenden sie zusätzlich ein anionisches Tensid, das uns eindeutig zu aggressiv ist für schuppengeplagte Haut.

Zusätzliche kritische Stoffe in Anti-Schuppen-Shampoos

Komplett unverständlich finden wir es, wenn ein Shampoo mit dieser Tensid-Kombi auch noch explizit für trockene Kopfhaut ausgelobt ist. Das ist im Test einmal der Fall. Besonders ärgerlich: Der Hersteller wirbt auf der Verpackung damit, dass die regelmäßige Anwendung des Shampoos die Kopfhaut schütze und die Balance des Mikrobioms wiederherstelle.

Das finden wir frech, zumal das Labor noch mehr problematische Stoffe in dem Shampoo vorgefunden hat: ein Rückstand an halogenorganischen Verbindungen, unter denen sich hautreizende Stoffe befinden können, plus den synthetischen Moschusduft Galaxolid. Galaxolid reichert sich in der Umwelt und im menschlichen Fettgewebe an und steht in der EU wegen des Verdachts auf hormonelle Wirkung derzeit unter Beobachtung.

Zu guter Letzt kritisieren wir auch die in dem Shampoo enthaltenen Silikonöle. Denn sie leisten für die Pflege trockener Kopfhaut sicher nichts – gelangen nach dem Ausspülen aber als Risiko in die Umwelt.

Schuppen loswerden: So klappt's

  1. Schuppen bestimmen (lassen): Bei fettigen Schuppen sorgen Hefepilze für Probleme, bei trockenen Schuppen ist es vor allem ein Mangel an Feuchtigkeit in der Kopfhaut.

  2. Bei trockenen Schuppen lieber zunächst auf ein ganz normales, milderes Shampoo umsteigen.
  3. Anti-Schuppen-Shampoos gründlich einmassieren und eventuell kurz einwirken lassen. So entfalten die Wirkstoffe ihr Potenzial auf der Kopfhaut besser.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 5/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben in Drogerien, Discountern und im Onlinehandel 27 Shampoos eingekauft, die zur Bekämpfung von Schuppen ausgelobt sind. Einige Produkte werden zusätzlich für trockene, für fettige oder für normale Haut empfohlen. Sieben Shampoos tragen ein Naturkosmetik-Zertifikat. Für 250 Milliliter Shampoo haben wir zwischen 0,63 Euro und 18,63 Euro bezahlt.

Per Deklaration prüften wir, ob die Produkte in unseren Augen problematische Anti-Schuppen-Wirkstoffe wie Climbazol oder umstrittene Tenside wie PEG/PEG-Derivate und Natriumlaurylsufat enthielten. Auch umweltbelastende Stoffe wie Silikone, andere synthetische Polymere sowie Phosphonate erfassten wir über die Liste der Inhaltsstoffe.

Spezialisierte Labore überprüften alle Shampoos in unserem Auftrag auf halogenorganische Verbindungen, Formaldehyd/-abspalter und bedenkliche Duftstoffe wie den künstlichen Moschusduft Galaxolid. Produkte mit Alkoholanteil ließen wir auch auf das Vergällungsmittel Diethylphthalat (DEP) analysieren. Wir baten alle Hersteller, uns die Anti-Schuppen-Wirkstoffe ihrer Produkte zu nennen und uns deren Wirksamkeit gegen Schuppen durch produktbezogene Studien oder Belege aus der wissenschaftlichen Literatur glaubhaft zu machen. Bis auf eine konkrete Auslobung war alles nachvollziehbar. Für abspülbare Kosmetika wie Shampoos ist es technisch sehr gut möglich, sie in Verpackungen aus recyceltem Kunststoff abzufüllen: Wir legen eine Schwelle von mindestens 30 Prozent Post-Consumer-Rezyklat in Plastikflaschen an. Kommen die Hersteller nicht darüber oder können sie dies nicht ausreichend belegen, ziehen wir unter den Weiteren Mängeln eine Note ab.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt von mehr als 1 mg/kg halogenorganische Verbindungen und/oder Climbazol aufgeführt unter den Inhaltsstoffen; b) ein gemessener Gehalt von mehr als 10 mg/kg polyzyklische Moschusverbindungen (hier: Galaxolid/HHCB, in der Tabelle: "künstlicher Moschusduft"). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PEG/PEG-Derivate; b) deklarationspflichtige Duftstoffe, die Allergien auslösen können (hier: Hydroxycitronellal) c) Natriumlaurylsulfat.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) Silikone (hier: Dimethicone, Dimethiconol) und/oder synthetische Polymere als weitere Kunststoffverbindungen (hier: Polyquaternium-Verbindungen, Carbomer); b) Phosphonate (hier: Tetrasodium Etidronate); c) auf ÖKO-TEST Nachfrage wurden keine Belege zur konkreten Auslobung "50 % weniger Kopfschuppen schon nach 14 Tagen" vorgelegt. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu; b) ein Umkarton, der kein Glas schützt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen – außer die Wirkung der Anti-Schuppen-Wirkstoffe durch Abfrage von Studien und/oder Literaturangaben – der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden 

Deklarationspflichtige Duftstoffe/Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS.
Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenanreicherung (SPE), binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Formaldehyd/-abspalter: Saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Photometrie.
Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): LC-GC/FID. Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration. 

Einkauf der Testprodukte: Januar 2023

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 5/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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