Wie Gifte aus Elektroschrott in Spielzeug und Alltagsprodukten landen

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Kinder und Familie | 25.11.2018

Wie Gifte aus Elektroschrott in Spielzeug und Alltagsprodukten landen
Foto: Foto: CC0 Public Domain / Pixabay / congerdesign

Zauberwürfel, Spielzeugpistole und Co.: Der BUND hat zehn Recycling-Produkte aus Elektroschrott auf bromierte Flammschutzmittel testen lassen. Ergebnis: In neun von zehn Produkten lag die Konzentration dieser Stoffe über Grenzwert.

Recycling ist vom Prinzip her eine wunderbare und absolut unterstützenswerte Sache. Nicht so jedoch, wenn Giftstoffe aus altem Elektroschrott in Spielzeug und Alltagsprodukten landen. Und das ist keine Seltenheit: Viele Produkte aus recyceltem Kunststoff sind mit giftigen Chemikalien belastet. Das hat eine europaweite Studie ergeben, umgesetzt von mehreren Umweltverbänden. Auch dabei: der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Der BUND ließ für die Studie zehn Konsumartikel auf Giftstoffe testen: drei Spielzeuge (Auto, Pistole, Puzzle), einen Schlüsselanhänger (mit kleinem Zauberwürfel), vier Toilettenartikel (Haarbürsten, Kämme, Haarspangen), eine Massagebürste und einen Tischabfalleimer.

Ergebnis: In allen Produkten waren bromierte Flammschutzmittel nachweisbar. In neun von zehn Produkten lagen die Konzentrationen an giftigen polybromierten Diphenylether über dem geltenden Grenzwert für Neuware. In den Haarspangen wurden mit Hexabromcyclododecan (HBCD) zudem ein weiteres giftiges Flammschutzmittel nachgewiesen. Die Menge an HBCD überstieg den in Abfallmaterialien geltenden Grenzwert um mehr als das Doppelte.

Bromierte Flammschutzmittel gelten als Umweltproblem

Bei bromierten Flammschutzmitteln handelt es sich um eine problematische Stoffgruppe. „Sie werden über die Atemluft und über die Haut von Menschen aufgenommen und können das Nervensystem schädigen, die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen sowie Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern auslösen“, so der BUND.

Wegen ihrer Giftigkeit und Langlebigkeit sind einige bromierte Flammschutzmittel wie polybromierte Diphenylether (PBDE) und Hexabromcyclododecan (HBCD) unter der Stockholm-Konvention als weltweit zu ächtende schwer abbaubare organische Gifte gelistet. Polybromierte Diphenylether dürfen aber in neuen Produkten aus recycelten Materialien enthalten sein.

Bromierte Flammschutzmittel sind aus unserer Sicht vor allem ein Umweltproblem, da einige im Brandfall besonders leicht Dioxine bilden. Sie sind daher beispielsweise beim Umweltzeichen Blauer Engel für Drucker und Notebooks verboten. Einige der Stoffe, wie das auf Platinen häufig eingesetzte Tetrabrombisphenol A, reichern sich außerdem in der Umwelt an und wurden bereits in Muttermilch nachgewiesen.

In unseren Tests werten wir stark erhöhte Mengen bromierter Flammschutzmittel in Material mit Hautkontakt streng ab, etwa in unserem Test Nachtlichter. Nachweise in Material ohne Hautkontakt, etwa auf verbauten Platinen in Spielzeug, bewerten wir als Weiteren Mangel.

Elektroschrott wird in Entwicklungsländern weiterverarbeitet

Elektroschrott, der giftige bromierte Flammschutzmittel enthält, wird zur Entsorgung in Entwicklungsländer exportiert. Ein Problem, denn dort wird er zu Billigprodukten weiterverarbeitet. Möglich macht das eine von der EU unterstützte Lücke im Gesetz: Der Grenzwert für polybromierte Diphenylether gilt nämlich nur für Produkte, die aus neuen Rohmaterialien hergestellt werden. Bei Recyclingprodukten greift eine Ausnahmeregelung: Hier ist der Grenzwert Hundert Mal höher. „Für Recyclingprodukte gelten somit niedrigere Sicherheitsstandards als für neue Produkte, wodurch Gesundheitsrisiken in Kauf genommen und die Glaubwürdigkeit des Recyclings an sich in Frage gestellt werden“, erklärt der BUND.