Puppen im Test: Jede zweite gefährdet Sicherheit von Kindern

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2020 | Autor: Jörg Döbereiner | Kategorie: Kinder und Familie | 25.10.2019

Puppen im Test: Wir haben Puppen für Kinder unter drei Jahren getestet.
Foto: ÖKO-TEST

Puppen sind ein beliebtes Spielzeug für Kinder. Doch die Spielkameraden können auch gefährlich sein: In unserem Test sind wir auf zahlreiche Sicherheitsmängel gestoßen. Sowohl Stoffpuppen als auch welche aus Kunststoff fallen durch. Nur sechs Babypuppen sind zu empfehlen.

Aktualisiert am 17.10.2019; Einkauf Testprodukte Aug 2018 | Puppen, die kleine Kinder knuddeln und auch in den Mund nehmen, sollten ungefährlich sein. Wir haben 16 Puppen für Kinder unter drei Jahren getestet, davon neun Stoffpuppen und sieben mit Kunststoffanteilen.

Im Fokus des Tests: Schadstoffe und Sicherheit. Besonders interessierte uns, ob die Puppen den Sicherheitsanforderungen der Spielzeugnorm genügen. Lösen sich im Praxistest kleine Teile wie Knöpfe von den Babypuppen, an denen Kinder ersticken können?

Puppen im Test: Acht Babypuppen fallen durch

Das Ergebnis: Acht Puppen fallen mit dem Gesamturteil "ungenügend" durch. Das liegt vor allem an der schwachen Verarbeitung oder gefährlichen Accessoires. Solche Mängel haben sowohl Stoff- als auch Kunststoffpuppen.

Die acht "ungenügenden" Puppen hätten nach Meinung von ÖKO-TEST so nicht auf den Markt gebracht werden dürfen. Nach Ansicht des von uns beauftragten Labors gefährden sie die Sicherheit von Kindern. Wir bewerten diese Puppen als "nicht verkehrsfähig".

Puppen im Test: Genügen die Spielsachen den Sicherheitsanforderungen der Spielzeugnorm?
Puppen im Test: Genügen die Spielsachen den Sicherheitsanforderungen der Spielzeugnorm? (Foto: NataliaLeb/getty images)

Im Test lösten sich kleine Teile von Puppen

Von etlichen Produkten lösten sich in der Praxisprüfung im Labor kleine Teile wie Knöpfe oder Klettverschlüsse, die Kleinkinder verschlucken und an denen sie schlimmstenfalls ersticken könnten. An fünf Puppen im Test öffneten sich Nähte oder der Stoff riss und die weichen Füllungen lagen frei. Diese können sich Kinder in den Mund stopfen und im schlimmsten Fall daran ersticken. Von "Gefährdung" sprechen wir, wenn laut dem von uns beauftragten Labor eine Puppe sicherheitsrelevante Anforderungen der Spielzeugnorm EN 71 nicht erfüllt.

Eine Babypuppe im Test trägt außerdem ein zu langes Haarband. Damit könnten sich Kinder schlimmstenfalls strangulieren. Das gilt auch für einen zu langen Wollfaden, der den Zopf einer anderen Puppe im Test zusammenhielt. Er ließ sich zu leicht lösen.

Weiter zu den getesteten Produkten 

Puppen sind prima Spielkameraden. Doch sind sie auch sicher genug für Kinder?
Puppen sind prima Spielkameraden. Doch sind sie auch sicher genug für Kinder? (Foto: Natalia Lebedinskaia/Shutterstock)

Klassische Plastikschadstoffe in Puppen für Kinder

Bezüglich der Inhaltsstoffe schneiden die Stoffpuppen im Test besser ab als die Kunststoffpuppen. Denn immerhin sieben der Stoffpuppen bewerten wir in der Schadstoffprüfung mit "gut" oder "sehr gut".

Alle Kunststoffpuppen enthalten chlorierte Verbindungen und Ersatzweichmacher. Die erste Stoffgruppe ist ein Umweltproblem und verursacht in der Müllverbrennung gesundheitsschädliche Dioxine. Die zweite Gruppe kommt anstelle der gesundheitsschädlichen Phthalatweichmacher zum Einsatz. Doch über die Wirkungen der Ersatzweichmacher ist noch zu wenig bekannt.

Weiter zu den getesteten Produkten 

Puppen kaufen: Darauf sollten Sie achten

  • Die Puppe vor dem Kauf selbst kritisch prüfen, in die Hand nehmen und auch einmal an ihr ziehen: Sind Mängel in der Verarbeitung zu erkennen?
  • Von Babypuppen mit Wimpern raten wir ab. Sie lösen sich häufig. Kinder können sie verschlucken.
  • Große Schlaufen oder lange Bänder gehören nicht an Puppen für Kleinkinder.

Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin Dezember 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben Puppen aus Stoff und mit Kunststoffanteil eingekauft. Alle sind für Kinder unter drei Jahren geeignet. Puppen namhafter deutscher Hersteller für mehr als 50 Euro sind ebenso vertreten wie ein Zehn-Euro-Spielzeug. 

Wir ließen die Puppen umfassend auf Schadstoffe und Praxistauglichkeit prüfen. Ein Prüfinstitut checkte sie gemäß der Spielzeugnorm EN 71 (siehe oben). Ein weiteres Labor testete mit künstlichem Speichel und Schweiß, ob die Puppenkleidung abfärbt.

Nicht weniger als vier Labore haben wir damit beauftragt, versteckte Schadstoffe aufzuspüren: von Weichmachern, die hormonell wirken können, über krebserregende Farbbestandteile und ebenfalls krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bis hin zu giftigem Antimon. 

ÖKO-TEST fordert sowohl sauberes als auch ungefährliches Spielzeug für die Allerkleinsten. Das Gesamturteil beruht deshalb zu 50 Prozent auf dem Testergebnis Praxisprüfung und zu 50 Prozent auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ist eines dieser Testergebnisse aber nur "mangelhaft" oder "ungenügend", kann auch das Gesamturteil nicht besser sein.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führen zur Abwertung um jeweils fünf Noten: a) Gefährdung: bei Zugprüfung nach Norm EN 71 öffnet sich eine Naht oder Stoff reißt, die Füllung ist zugänglich; b) Gefährdung: bei Zugprüfung nach Norm EN 71 löst sich mindestens ein verschluckbares Kleinteil (hier: Knopf, Klettverschluss oder mehrere mit Klebstoff verbundene Wimpern); c) Gefährdung: Haarband löst sich und ist länger oder weiter als es die Norm EN 71 erlaubt; d) Gefährdung: Wollfaden löst sich und ist länger als es die Norm EN 71 erlaubt. Zur Abwertung um drei Noten führt: bei Zugprüfung nach Norm EN 71 lösen sich einzelne, nicht zusammengeklebte Wimpern oder ein größerer Klettverschluss, wobei es sich nicht um verschluckbare Kleinteile im Sinne der Norm handelt. Zur Abwertung um zwei Noten führt: irreführender Warnhinweis: Puppe ist geeignet für Kinder unter 36 Monate, trägt jedoch einen Warnhinweis, dass sie nicht für Kinder unter 36 Monate geeignet ist. Zur Abwertung um eine Note führt: Teile des Spielzeugs färben etwas ab.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: mehr als 0,04 bis 0,1 mg/l freies Bisphenol A in der Migrationslösung. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PVC/ PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt; b) mehr als 1.000 mg/kg Ersatzweichmacher (bei Kunststoffpuppen; hier: TXIB, DINCH, DEHT, Acetyltributylcitrat, DEHA); c) optische Aufheller mit Hautkontakt und in flächig eingesetzten Materialien; d) mehr als 1 mg/kg Antimon im Eluat, in Textilien mit Hautkontakt; e) mehr als 10 bis 1.000 mg/kg einer phosphororganischen Verbindung (hier: TEHP, TNPP); f) halogenorganische Verbindungen. Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) optische Aufheller in nicht flächig eingesetzten Materialien oder ohne Hautkontakt; b) mehr als 1 mg/kg Antimon im Eluat, ohne Hautkontakt (in der Füllung), wenn nicht bereits wegen Antimon im Eluat in Textilien abgewertet wurde.

Das Gesamturteil beruht zu 50 Prozent auf dem Testergebnis Praxisprüfung und zu 50 Prozent auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Es wird kaufmännisch gerundet. Bei einem "mangelhaften" Testergebnis Inhaltsstoffe kann das Gesamturteil nur "mangelhaft" sein. Bei einem "ungenügenden" Testergebnis Praxisprüfung kann das Gesamturteil nur "ungenügend" sein. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, hat keinen Einfluss auf das Testergebnis Inhaltsstoffe.  

Testmethoden 

Analyse je nach Zusammensetzung des Produkts. Mechanische und physikalische Eigenschaften: DIN EN 71-1 und DIN EN 71-2. Phthalate, Ersatzweichmacher, phosphororganische Verbindungen, sonstige Verbindungen: GC-MS nach Extraktion und Derivatisierung. Untersucht wurde Kunststoffmaterial mit Hautkontakt. Bisphenol A (freies): Migration in Anlehnung an DIN EN 71-10:2006. HPLC-FLD. TNPP: HPLC-DAD nach Extraktion. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): GC-MSD. 25 PAK nach EU/EPA/JECFA. Untersucht wurde Kunststoffmaterial mit Hautkontakt. MAK-Amine: Prüfung auf Amine aus Azofarbstoffen nach reduktiver Spaltung entsprechend DIN EN 14362-1: 2017-05. Bei Feststellung aromatischer Amine bei der GC/MS-Analyse wird das Analysenergebnis (entsprechend der Norm) durch ein zweites Verfahren (HPLC/DAD oder TLC) abgesichert. Zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine. Bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend DIN EN 14362-3: 2017-05. Untersucht wurde eine Einzel- oder Misch­probe, jeweils abhängig von der Zusammensetzung des Produkts. Allergisierende Dispersionsfarbstoffe: Analytik entsprechend DIN 54231 (November 2005). Dünnschichtchromatografie (TLC); HPLC mit DAD (UV/Vis-Detektor). Untersucht wurde eine Einzel- oder Mischprobe, jeweils abhängig von der Zusammensetzung des Produkts. Optische Aufheller: Qualitativer Nachweis, UV-Licht. Falls weiterführende Untersuchung nötig: Extraktion mit unterschiedlichen Lösemitteln, Dünnschichtchromatographie. Speichel-/Schweißechtheit: Bewertung erfolgt unter den in DIN 53160-1, 2: 2010-10 bzw. LFBG § 64, B 82.10-1,2 festgelegten Bedingungen mittels Graumaßstab durch zwei Prüfer/-innen, wobei Note 5 die beste Note darstellt und Note 1 die schlechteste. Untersucht wurden Textilien. Antimon im Eluat: Elution mittels saurer Schweißlösung, ICP-MS. Untersucht wurden Textilien (repräsentative Mischprobe) und Füllung. Halogenorganische Verbindungen: Probe wird mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur eluiert. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle. Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom. Microcoulometrische Bestimmung des Halogengehaltes. Untersucht wurde eine repräsentative Mischprobe aus Außenmaterial (Textilien) und Füllung. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt und in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse. Im Produkt wurde der Kunststoffkörper untersucht. Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: August 2018

Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin Dezember 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2020
ÖKO-TEST Jahrbuch für 2020

Jetzt kaufen (Digital oder Print)