Experten warnen vor Zecken: "Es gibt keine Winterpause mehr"

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 01.03.2024

RKI warnt vor Zecken: Zecken sind bereits sehr aktiv
Foto: Gerhard Wiedemann/Pixabay

Die vergangenen Monate boten Zecken prächtiges Wetter zum Überleben. Entsprechend aktiv sind die blutsaugenden Parasiten bereits. Hier finden Sie alles Wissenswerte rund um Zecken plus Informationen zu den neuen Zeckenarten aus den Tropen.

  • Zecken sind inzwischen nahezu ganzjährig aktiv: In unseren Breitengraden dauert die Zeckensaison ungefähr von März bis November. 
  • Tropische Zecken werden zunehmend auch in Deutschland heimisch.

Infolge des anhaltend milden Wetters sind die Zecken hierzulande bisher gut durch den Winter gekommen und schon sehr aktiv. "Es gibt keine Winterpause mehr. Ich habe bereits Proben erhalten, es gibt schon erste Infektionen. Die Zecken sind also schon früh dabei", warnt Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Bei einem Vorlauf von etwa vier Wochen bis zur Diagnose einer übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) müssen sich die Betroffenen demnach mitten im Winter infiziert haben. 

Das laufende Jahr könne ein ausgeprägtes Zecken-Jahr werden, sagte Mackenstedt. Die Forschung identifiziere auch – vor allem in Baden-Württemberg – immer mehr sogenannte Naturherde: räumlich begrenzte Gebiete mit Zecken, die den FSME-Erreger in sich tragen.

Ganz Deutschland ist FSME-Verbreitungsgebiet

Nach dem milden Winter und mit Blick auf die künftige Entwicklung warnen Zecken-Experten vor einem bundesweiten Risiko für die gefährliche Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). "Ganz Deutschland ist ein Endemie-Gebiet für FSME geworden, mit deutlichen regionalen Unterschieden", sagte Ute Mackenstedt. Sie warnte: "Wir können uns nirgendwo mehr richtig sicher sein."

Hohes Risiko vor allem in Süddeutschland 

In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Angaben des baden-württembergischen Landesgesundheitsamts nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100.  Ein Infektionsrisiko besteht laut RKI vorwiegend in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und seit dem Vorjahr auch im südöstlichen Brandenburg.

Hinzu kommen einzelne Risikogebiete in anderen Bundesländern. In solchen Gebieten empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine FSME-Impfung.

Die kleinen Blutsauger können Mensch und Tier mit schweren Krankheiten anstecken.
Die kleinen Blutsauger können Mensch und Tier mit schweren Krankheiten anstecken. (Foto: Shutterstock / Aksenova Natalya)

Die Hyalomma-Zecke kann gefährliche Krankheiten übertragen 

Mit der Klimaerwärmung können auch neue Arten hierzulande Fuß fassen. Ein Beispiel: die sogenannte Hyalomma-Riesenzecke, die in den Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas, Asiens und Süd-Europas beheimatet ist. 

Weil die Hyalomma-Zecke fünf Mal so groß wie der heimische Holzbock werden kann und sehr widerstandsfähig ist, wird sie auch "Super-Zecke" genannt. Die Hyalomma-Zecke hat auffällig gestreifte, behaarte Beine und kann äußerst schnell laufen.

Zugvögel bringen die Zecke mit nach Deutschland. Normalerweise sterbe diese Zecke im Winter, weil sie die Kälte nicht ertrage, sagt Fingerle. "Uns wird sicherlich bevorstehen, dass das Klima so wird, dass sie den Winter übersteht oder dass sie sich anpasst." Auch wenn dies noch nicht etabliert ist: Erste überwinternde Hyalomma-Zecken wurden in Deutschland bereits nachgewiesen, wie die Universität Hohenheim 2019 mitteilte - fünf in einem Pferdehof in Nordrhein-Westfalen, eine auf einem Pferd in Niedersachsen.

Panik ist nicht angebracht 

Laut Robert Koch-Institut (RKI) können Hyalomma-Zecken gefährliche Krankheiten wie das oft tödliche Krim-Kongo-Virus übertragen.

Panik ist allerdings nicht angebracht. Bislang wurden in Deutschland erst wenige Exemplare gefunden. Keine dieser Zecken trug Infektionserreger für hämorrhagische Tropenfieber, wie das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber sowie das Arabisch Hämorrhagische Fieber. Das haben Experten der Universität Hohenheim 2020 bestätigt.

Hyalomma-Zecken können allerdings Zecken-Fleckfieber übertragen. Im Sommer 2019 wurde der erste Fall einer Fleckfieber-Erkrankung durch den Stich einer tropischen Riesenzecke bekannt. Fleckfieber lässt sich mit Antibiotikum gut behandeln.

Braune Hundezecke breitet sich weiter aus

Die Braune Hundezecke fühlt sich in Deutschland mittlerweile pudelwohl. Die Zecke bevorzugt Hunde als Wirt - in Ausnahmefällen aber auch Menschen. In Wohnungen kann sie schnell zur Plage werden. Hier lesen Sie mehr über die Braune Hundezecke: 

Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

Die bei uns heimischen Zecken können die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Lyme-Borreliose übertragen.

Bei FSME handelt es sich um eine Virusinfektion. "Neben einer unkomplizierten grippalen Symptomatik kann das Virus unter anderem zu einer Meningitis, Enzephalitis oder Myelitis (Hirnhaut-, Gehirn- oder Rückenmarksentzündung) führen. Eine kausale Therapie existiert nicht, aber die Erkrankung kann wirksam durch eine Impfung verhindert werden", so das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die FSME-Impfung allen, die in einem FSME-Risikogebiet wohnen oder planen, dorthin zu reisen und mit Zecken in Berührung kommen können.

FSME-Infektionen bei Menschen sind in Deutschland meldepflichtig. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Fälle in Deutschland zwar nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) von 627 Fällen im Jahr zuvor auf 527 Fälle gesunken. In Baden-Württemberg gingen die FSME-Fälle von 209 auf 143 zurück, in Bayern waren es nach 291 Fällen noch 265. Mackenstedt und andere Experten raten aber zu Vorsicht. "Die Entwicklung ist trügerisch", sagte Rainer Oehme, der Laborleiter des Landesgesundheitsamts im baden-württembergischen Gesundheitsministerium. "Der längerfristige Trend zeigt deutlich nach oben."

Die aktuelle Karte der FSME-Risikogebiete finden Sie auf der Seite des RKI. 

Borreliose: Gefahr in ganz Deutschland

Bei der Lyme-Borreliose handelt es sich um eine bakterielle Infektion. Gegen Borreliose gibt es keine Impfung, die Erkrankung kann aber gut mit Antibiotika behandelt werden. Mit Lyme-Borreliose kann man sich nicht nur in den Risikogebieten, sondern in ganz Deutschland infizieren. Ungefähr zehn bis 20 Prozent der Zecken tragen das Lyme-Borreliose-Bakterium in sich.

Laut RKI tritt in Deutschland bei etwa vier Prozent der Menschen nach einem Zeckenbiss eine Borreliose-Infektion auf. Nach Schätzungen liegt die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen bei mehreren Zehntausend. Da die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung steigt, je länger die Zecke saugt, ist es wichtig, die Zecke möglichst schnell zu entfernen.

So schützen Sie sich vor Zecken

  • Tragen Sie festes, geschlossenes Schuhwerk.
  • Gut schließende, lange Kleidung schützt vor Zecken.
  • Auf heller Kleidung sind die Krabbeltiere leichter zu finden.
  • Verwenden Sie Antizeckenspray.
  • Nehmen Sie eine Zeckenzange, Zeckenkarte oder Zeckenpinzette mit, um Zecken unterwegs so schnell wie möglich zu entfernen.
  • Bleiben Sie möglichst auf festen Wegen.
  • Suchen Sie nach dem Spaziergang nicht nur die Haut, sondern auch die Kopfhaut gründlich nach Zecken ab. Zecken lieben feuchte, warme Stellen. Überprüfen Sie deshalb die Hautstellen unter den Achseln, in den Leisten, am Po und im Halsbereich.

Mit Material der dpa

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