Warum sind viele Kastanien schon fast kahl – und blühen trotzdem noch einmal?

Autor: Benita Wintermantel/Redaktion (lw) | Kategorie: Freizeit und Technik | 17.08.2023

Kastanien bekommen braune Blätter, werden kahl, blühen wieder
Foto: Shutterstock / Victoria Moloman

Der Herbst hat noch lange nicht begonnen – und vielerorts haben die Kastanienbäume schon braune Blätter oder sind sogar schon kahl. Deutschlands beliebter Straßenbaum, die Rosskastanie, kränkelt. Wir erklären, was es damit auf sich hat – und auch, warum so manche Kastanie trotzdem schon wieder blüht.

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Immer öfter bekommen Rosskastanien schon Ende des Sommers braune Blätter – und damit viel früher als andere Laubbäume. 

Die traurige Wahrheit: Die Rosskastanie hierzulande hat gleich mit mehreren Problemen auf einmal zu kämpfen: Zum einen mit der sogenannten Miniermotte, zum anderen mit einem Bakterium namens Pseudomonas. Auch der Klimawandel stresst die Bäume zunehmend. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat die Gewöhnliche Rosskastanie deshalb mittlerweile als "gefährdet" eingestuft.

Kastanien treiben ein zweites Mal aus

Zudem waren der Juni und Juli 2023 heiß. Die Trockenheit, die mit den hohen Temperaturen einhergeht, setzt allen Bäumen zu und macht sie anfälliger für Schädlinge. Vor allem in städtischen Gebieten gibt es deshalb jetzt schon Kastanienbäume, die bereits alle Blätter verloren haben. 

Erstaunlicherweise kann man aber oft beobachten, dass die Bäume noch einmal erblühen. Diese zweite Blüte ist aber kein positives Zeichen. Sie bedeutet vielmehr: Der Baum hat Stress.

"Das ist bei Rosskastanien ein bekanntes Phänomen, dass sie ein zweites Mal austreiben, wenn sie extrem gestresst sind und die Blätter komplett verloren haben", erläutert Norbert Kühn, Pflanzenforscher an der Technischen Universität Berlin.

Kahle Kastanien: Die Wachstumsphase ist noch nicht vorbei

Zwar sind die Bäume – aufgrund von Schädlingen, Trockenheit und Hitze – eigentlich schon kahl. Doch die Vegetationsperiode ist damit noch nicht vorbei – die Bäume treiben also wieder aus. Damit gibt es auch Knospen und Blüten. "Der Baum geht dann nicht unbedingt kaputt, aber es ist nicht gut für ihn, weil er dann auch wieder zum Abschluss kommen muss, um den Winter zu überleben", erklärt Professor Kühn.

Wer den Bäumen helfen möchte, sollte sie gerade in Hitzeperioden regelmäßig gießen. Je gesünder und robuster der Baum, desto widerstandsfähiger ist er auch gegenüber Schädlingsbefall, etwa durch Miniermotten.

Miniermotte ist schuld an braunen Kastanien im Sommer 

Die Larven der Miniermotte zerfressen das Innere der Blätter – dabei haben sie sich auf die Weißblütige Rosskastanie spezialisiert. Kastanien mit roten Blüten lassen sie links liegen. Die Blätter werden dadurch früh im Jahr braun und fallen ab.

Da der Kleinschmetterling die Bäume schwächen und damit anfällig für Krankheitserreger machen kann, können Miniermotten auch die schnelle Ausbreitung der bakteriellen Rosskastanien-Krankheit begünstigen.

Gefährlichster Feind der Rosskastanie: ein Bakterium

Das wohl größte Problem der Kastanie ist ein Bakterium namens Pseudomonas syringae pv. aesculi, das seit knapp 15 Jahren auch hierzulande die Rosskastanienbäume befällt. Betroffen sind Bäume jeglichen Alters – und zwar sowohl rot- als auch weißblühende Kastanien. Forscher gehen davon aus, dass die Krankheit über die Luft und den Niederschlag übertragen wird.

Dort, wo das Bakterium ins Holz des Baumes eindringt, stirbt Rindengewebe ab. Dort siedeln sich dann wiederum holzzerstörende Pilze an, für die das Bakterium nur der Türöffner ist.

Das Problem: Die deshalb abgestorbenen Bäume sind nicht mehr sicher, und es besteht die Gefahr, dass beispielsweise Äste abbrechen. Im Fachjargon heißt das, dass die Bäume nicht mehr verkehrssicher sind – und gefällt werden müssen.

Die Symptome eines Befalls mit Pseudomonas-Bakterien und Pilzen sind übrigens erst im Herbst, Winter und Frühjahr erkennbar. Wenn Kastanien bereits im Sommer durch braune, kümmerliche Blätter wie im Herbst aussehen, liegt das an der Miniermotte

Wie können wir den Kastanien helfen?

In Regionen, in denen die Kastanien nur von der Miniermotte und nicht zusätzlich von Pseudomonas befallen sind, können Hobbygärtner das Laub der befallenen Bäume einsammeln und entsorgen. Sie können die Blätter (wenn erlaubt) verbrennen oder bei der städtischen Kompostanlage abgeben. So wird die letzte der drei Miniermottengenerationen, die sonst in den Blättern überwintert, vernichtet.

Gegen Pseudomonas gibt es bislang kein wirksames Mittel. Es bleibt also einzig und allein die Prävention, um die Rosskastanie möglichst lange widerstandsfähig zu erhalten. Wichtig sind eine gute Wasser- und Nährstoffversorgung und möglichst wenig Stress. Zugepflasterte Straßen und Streusalz im Winter schaden den Straßenbäumen.

Die Rosskastanie erkennen

Rosskastanien wachsen oft in Straßen und Parks. Ihre Früchte werden nahezu gleichzeitig mit den Esskastanien reif. Auch optisch haben die beiden Gehölze einige Ähnlichkeiten, botanisch jedoch sind es zwei ganz verschiedene Gattungen.

Wichtigster Unterschied: Die Früchte der Rosskastanie kann man nicht essen. Ein gutes Merkmal zum Unterscheiden sind auch die Blüte: Die Rosskastanie ist bekannt für prächtige bis zu 30 Zentimeter hohe Blütenkerzen, während die ährenförmigen Blüten der Edelkastanie vergleichsweise schlicht sind. Außerdem trägt die Rosskastanie handförmige Blüten, die der Edelkastanie sind lanzenförmig.

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Mit Material von dpa.