Rückgabe von Elektroschrott im Supermarkt wird kaum genutzt

Autor: Erich Reimann und Jonathan Peschek von dpa; Redaktion (lw) | Kategorie: Freizeit und Technik | 29.06.2023

Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen Rewe und Norma: Supermärkte müssen Elektroschrott zurücknehmen
Foto: Shutterstock/Veja

Seit einem Jahr können Verbraucherinnen und Verbraucher ausgediente Elektrokleingeräte wie Rasierer oder Smartphones einfach beim Einkaufen im Supermarkt entsorgen. Doch genutzt wird die Möglichkeit kaum. Umweltschützer machen dafür den Handel verantwortlich.

Schon seit einem Jahr können in Deutschland laut Vorschrift ausgediente Elektro-Kleingeräte zur Entsorgung einfach in Supermärkten und bei Discountern abgegeben werden. Das soll die Umwelt schützen. Doch genutzt wird die Möglichkeit bislang kaum, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den großen Handelsketten ergab. Tatsächlich wissen viele Verbraucher überhaupt nichts von dieser Möglichkeit, Elektroschrott loszuwerden.

Dabei waren die Hoffnungen groß, als die Neuregelung am 1. Juli vergangenen Jahres in Kraft trat. Mit einem Schlag sollte die Entsorgung von ausgedienten Handys, Rasierern und ähnlichem Kleingerät in Deutschland viel einfacher werden.

"Alte Elektrogeräte kann man nun gleich beim Wocheneinkauf zurückgeben", schwärmte damals der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner. Durch die Neuregelung gebe es auf einen Schlag 25 000 zusätzliche Rückgabestellen für Elektroaltgeräte in der Bundesrepublik.

Das besagt die Regelung

Die Neuregelung des Elektro- und Elektronikgerätegesetztes verpflichtet seit dem 1. Juli 2022 auch Supermärkte, Discounter und Drogeriemärkte:

  • mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern,
  • alte Elektrogeräte mit bis zu 25 Zentimetern Kantenlänge zurückzunehmen,
  • wenn sie mehrmals im Jahr oder dauerhaft Elektro- und Elektronikgeräte verkaufen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, reichen schon elektrische Zahnbürsten im Angebot.

Supermärkte: Angebot wird "verhalten angenommen"

Doch die Wirklichkeit sieht ein Jahr später ganz anders aus. Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka berichtete bei einer dpa-Umfrage, die Rückgabemöglichkeit werde "eher vereinzelt genutzt". Auch beim Konkurrenten Rewe, zu dem auch die Discountkette Penny gehört, hieß es: "Von dem Angebot wurde bisher in unseren Märkten wenig Gebrauch gemacht." Der Discounter Lidl teilte mit, dass das Angebot nur "verhalten angenommen wird". Und auch bei Aldi Nord hieß es, die Möglichkeit werde "nur in Maßen genutzt".

Lediglich Kaufland berichtete, die Kundinnen und Kunden nähmen "die Möglichkeit zur Rückgabe von Elektrogeräten bisher gerne an". Der zur Edeka-Gruppe gehörende Discounter Netto teilte mit, die Nachfrage nach der Rückgabemöglichkeit variiere je nach Filialstandort.

Umweltschützer machen Handel verantwortlich

Die Deutsche Umwelthilfe macht vor allem den Handel für den Fehlschlag verantwortlich. Die Rücknahmepflicht werde von vielen Handelsketten "schlecht oder gar nicht umgesetzt", klagten die Umweltschützer. Bei Stichproben in 38 Filialen von 14 Supermarkt-, Discounter- und Drogeriemarktketten, hätten in mehr als der Hälfte der untersuchten Märkte keine Elektrogeräte zurückgegeben werden können. Und selbst dort, wo Geräte angenommen würden, fehle es oft an gut sichtbaren Hinweisen auf die Rückgabemöglichkeit.

"Wir sehen bei den betroffenen Märkten eine massive Blockadehaltung gegen geltende Gesetze", klagte die DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Die DUH werde deshalb rechtlich gegen elf Handelsketten vorgehen. Gleichzeitig forderte Metz die zuständigen Landesbehörden auf, die Einhaltung der Rücknahmepflichten endlich zu kontrollieren und Verstöße konsequent zu ahnden.

Handelsverband: Mengen bleiben hinter Erwartungen zurück 

Der Handel sieht das natürlich ganz anders. Zwar räumt auch der Handelsverband Deutschland (HDE) ein, dass es bei der Rückgabe von Elektrokleingeräten im Einzelhandel "noch viel Luft nach oben" gebe. Die Verantwortung dafür sieht der Handel jedoch nicht bei sich. "Die Mengen, die zurückgegeben werden, bleiben deutlich hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück. Das hat zur Folge, dass es schwer möglich ist, eine Routine bei der Rückgabe und im Umgang mit den Elektrokleingeräten zu entwickeln", betonte die für das Thema Nachhaltigkeit zuständige HDE-Geschäftsführerin Antje Gerstein.

Gleichzeitig bekräftigte sie die grundsätzliche Kritik des Handels an der Rücknahmepflicht. "Aus unserer Sicht ist es nicht originäre Aufgabe des Handels Altgeräte zurückzunehmen, vielmehr sind die öffentlichen Entsorger, Hersteller oder Wertstoffhöfe die geeigneteren Akteure, die über das nötige Know-how und die Kapazitäten verfügen", sagte Gerstein.

Elektroschrott: Sammelquote ist gesunken

Dass beim Thema Elektroschrott Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten. Die Sammelquote für Elektroschrott sei zuletzt noch einmal auf nur noch 39 Prozent im Jahr 2021 gesunken, berichtete die DUH bereits im März unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Vorgesehen ist von der EU-Kommission eine Sammelquote von 65 Prozent.

Ein Teil der Lösung könnte im konkreten Fall allerdings auch in einer besseren Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über die Rückgabemöglichkeiten im Lebensmittelhandel bestehen. Denn nach einer aktuellen repräsentativen Umfrage der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) weiß nicht einmal die Hälfte der Verbraucherinnen und Verbraucher, dass sie kleine Elektrogeräte ganz einfach bei vielen Supermärkten und Discountern abgeben können.

Umwelthilft gewann vor Gericht gegen Rewe und Norma

Die Deutsche Umwelthilfe hatte im Frühjahr 2023 vor Gericht einen Erfolg gegen Rewe und Norma erzielt. Die Händler hatten sich geweigert, kleineren Elektroschrott unentgeltlich zurückzunehmen, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet gewesen wären. Die Umwelthilfe fordert Händler auf, Kunden zukünftig aktiver über ihre Rückgabe-Rechte zu informieren und Sammelmöglichkeiten für Elektroschrott bereitzustellen.

Schon damals hatte DUH-Bundesgeschäftsführerin Metz angekündigt, weitere Testkäufe in Supermärkten und Drogerien vorzunehmen und gegen Verstöße rechtlich vorzugehen, wenn die verantwortlichen Landesbehörden keine Kontrollen durchführten.

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