Nutri-Score ab 2024: Viele Nährwerte werden neu berechnet

Autor: Redaktion (lw) | Kategorie: Essen und Trinken | 21.12.2023

Der Nutri-Score soll 2024 genauer werden
Foto: Shutterstock/Markus Mainka

In wenigen Tagen tritt eine neue Berechnungsgrundlage für die "Lebensmittelampel" Nutri-Score in Kraft, die eine Neubewertung von Lebensmitteln und Getränken ermöglichen soll. Zucker und Salz beispielsweise werden dabei strenger beurteilt. Verbraucherinnen und Verbraucher dürften profitieren – trotz einiger Kritikpunkte.

Ab 31. Dezember 2023 wird der Nutri-Score – die freiwillige "Lebensmittelampel", die sich bereits auf vielen Produkten findet – anders berechnet als zuvor, wie die Verbraucherzentrale Hamburg mitteilt. Viele Produkte erhalten dann "zu Recht eine schlechtere Bewertung", heißt es von dort.

Denn: Der Gehalt an Zucker, Salz und Ballaststoffen wird zukünftig unter anderem strenger bewertet, wobei Salz und Zucker negativ, Ballaststoffe hingegen positiv ins Gewicht fallen. So will das wissenschaftliche Gremium, das für die (Weiter-)Entwicklung der Kennzeichnung zuständig ist, den Erkenntnissen der vergangenen Jahre Rechnung tragen. Die momentan noch gültige Nährwert-Kalkulation des Nutri-Score stammt aus dem Jahr 2017.

Strengere Bewertungen für den Nutri-Score

Für viele Produkte bedeutet die Neubewertung einen Abstieg um ein, zwei oder sogar drei Stufen auf der Farbskala, wie die Hamburger Verbraucherzentrale an zahlreichen Beispielen nachgerechnet hat. Ein süßes Kakaopulver beispielsweise dürfte zukünftig kaum mehr den – verhältnismäßig guten – Nutri-Score "B" bekommen (siehe Abbildung). Andere Lebensmittel hingegen werden profitieren.

Kakao wird zukünftig als Getränk berechnet, sodass sich der (hohe) Zuckergehalt deutlich negativer bemerkbar macht.
Kakao wird zukünftig als Getränk berechnet, sodass sich der (hohe) Zuckergehalt deutlich negativer bemerkbar macht. (Foto: Verbraucherzentrale Hamburg)

Diese Änderungen wird es konkret geben:

  • Ballaststoffe werden zukünftig anders berechnet. Bisher konnten Hersteller mit einem geringen Ballaststoff-Zusatz den Nutri-Score ihrer Produkte verbessern: Manches Weißbrot erhielt so noch eine "A"-Note – genau wie das Vollkornbrot im Regal daneben, obwohl Letzteres deutlich bessere Nährwerte aufweist. Das soll in Zukunft nicht mehr möglich sein. Umgekehrt soll ein besonders hoher Ballaststoff-Gehalt bald zu einem besseren Nutri-Score führen als bisher.
  • Hohe Salz- und Zucker-Gehalte wirken sich nun schlechter auf den Nutri-Score aus.
  • Die Bewertung des Protein-Gehalts von Lebensmitteln ändert sich ebenfalls: Geflügel und Fisch (weißes Fleisch) können ab 2024 mehr Berechnungspunkte sammeln, was ihren Eiweiß-Gehalt betrifft, während rotes Fleisch nicht mehr so viele Punkte in der entsprechenden Kategorie erhält. Das hat zur Folge, dass weißes Fleisch in Zukunft tendenziell besser, rotes Fleisch tendenziell schlechter abschneidet.
  • Ebenfalls anders: Nüsse und Saaten werden zusammen mit Ölen und Fetten in einer neuen Kategorie zusammengefasst, in der der Energiegehalt und der Anteil an gesättigten Fettsäuren anders bewertet werden als zuvor. Dadurch verbessert sich beispielsweise der Nutri-Score für gesunde pflanzliche Fette und Nüsse mit viel ungesättigten Fettsäuren.
  • Alle Lebensmittel, die getrunken werden, werden zukünftig auch als Getränke berechnet. Bisher hatte es etwa Ausnahmen für Getränke mit einem Milchanteil von über 80 Prozent gegeben, die als allgemeine Lebensmittel eingestuft wurden. Wenig vorteilhafte Milchmischgetränke werden damit deutlich abgestuft.
  • Damit Hersteller den Zucker in ihren Getränken nicht einfach durch Süßstoffe ersetzen, ändert sich auch hier die Berechnung. Für den Zusatz von bestimmten Süßungsmitteln werden zukünftig Negativ-Punkte vergeben: Getränke mit Aspartam, Saccharin & Co. werden deshalb in Zukunft häufig eine Kategorie schlechter abschneiden als zuvor.

Die genaue Berechnungsmethode des Nutri-Score und alle Änderungen finden Sie hier auf der Seite der französischen Gesundheitsbehörde "Santé Publique France", die die Standards der Lebensmittelampel entwickelt hat und die dazugehörigen Lizenzen vergibt.

Wenig Ballaststoffe – schlechterer Score, rechnet die Verbraucherzentrale vor.
Wenig Ballaststoffe – schlechterer Score, rechnet die Verbraucherzentrale vor. (Foto: Verbraucherzentrale Hamburg)

Die Verbraucherzentrale Hamburg begrüßt die meisten Anpassungen, sieht jedoch auch Nachholbedarf. "Kritisch sehen wir jedoch, dass beim Zucker weiterhin der Referenzwert von 90 Gramm pro Tag zugrunde gelegt wird", so Armin Valet von der Verbraucherzentrale. "Aus unserer Sicht ist dieser Wert zu hoch. Höchstens 50 Gramm täglich toleriert die Weltgesundheitsorganisation."

Verbraucherzentrale kritisiert lasche Zucker-Regeln

Zudem beklagt die Verbraucherzentrale Versäumnisse bei der Übergangsfrist. Denn: Die aktualisierte Berechnungsmethode für den Nutri-Score wird zwar zum 31. Dezember 2023 eingeführt – für bereits deklarierte Produkte ist aber eine Übergangsfrist bis Ende 2025 vorgesehen. Nur Lebensmittel, die ab 2024 neu auf den Markt gebracht werden, müssen nach der neuen Berechnungsmethode ausgezeichnet werden. So soll verhindert werden, dass bereits produzierte Packungen vernichtet werden müssen. Ab 2026 darf dann nur noch die neueste Ampel zu finden sein.

Das wird dazu führen, dass in den kommenden Monaten für dasselbe Lebensmittel zwei verschiedene Bewertungen im Umlauf sind – denen nicht anzusehen ist, ob sie nach der neuen oder der alten Methode berechnet wurden, wie die Verbraucherzentrale kritisiert. Es wäre für Verbraucher wichtig gewesen, im Supermarkt den neuen vom alten Score unterscheiden zu können, beispielsweise durch eine gesonderte Kennzeichnung.

Hier geht es zur Abwechslung aufwärts: Gesunde pflanzliche Fette kommen bald besser weg.
Hier geht es zur Abwechslung aufwärts: Gesunde pflanzliche Fette kommen bald besser weg. (Foto: Verbraucherzentrale Hamburg)

6 von 10 Menschen ignorieren den Nutri-Score

Ungeklärt bleibt zudem, ob die Neuberechnung überhaupt von vielen Kundinnen und Kunden bemerkt werden wird. Laut der Studie "Iss was, Deutschland!", die Ende November von der Techniker Krankenkasse (TK) vorgestellt wurde, verfehlt die Kennzeichnung nämlich schon jetzt bei vielen die erwünschte Wirkung.

Zwar gaben 38 Prozent der Befragten an, sich beim Einkauf von Lebensmitteln "stark" oder "etwas" am Nutri-Score zu orientieren. Fast sechs von zehn Menschen sagten aber, die Kennzeichnung sei ihnen schlicht egal: Sie gaben an, sich "gar nicht" an der kleinen Ampel zu orientieren.

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