Mineralöl in Lebensmitteln und Kosmetik: Ist das problematisch?

Autor: Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 09.01.2024

In Lebensmitteln und Kosmetik kann Mineralöl zum Problem werden.
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In den Schlagzeilen zu den Tests von ÖKO-TEST ist häufig das Wort "Mineralöl" zu lesen. Wir kritisieren es oft in Lebensmitteln und auch immer wieder in Kosmetikprodukten. Aber um was handelt es sich bei Mineralöl eigentlich genau, und welche Gefahren gehen davon aus?

  • Regelmäßig stößt ÖKO-TEST in Tests von Lebensmitteln und Kosmetikprodukten auf Mineralöl.
  • Das ist bedenklich, denn einige Mineralölbestandteile können sich im menschlichen Körper anreichern, andere wiederum können krebserregende Verbindungen enthalten.
  • Die positive Nachricht: Zumindest in Kosmetik lässt sich Mineralöl einfach vermeiden. Verzichten Sie dafür auf Produkte, die mineralölbasiere Fette und Wachse enthalten.

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die Rede von Mineralöl, wenn es um Erdöl geht oder um Produkte wie Heiz- und Schmieröle beispielsweise, die durch Destillation aus Erdöl gewonnen werden. So lautet auch die Definition im Duden. Die Wenigsten werden also bei der Bezeichnung Mineralöl an mögliche Gefahren für die Gesundheit denken.

Doch Mineralölbestandteile finden sich auch häufig in Kosmetik und Lebensmitteln. Um was handelt es sich dabei genau? Wo kommt es vor und was sind die Folgen? 

Wie bedenklich ist Mineralöl in Lebensmitteln?

Mineralölbestandteile, die in Lebensmitteln gefunden werden, bestehen aus gesättigten (MOSH/MOSH-Analoge) und aromatischen (MOAH) Mineralölkohlenwasserstoffen. MOSH ist die Abkürzung für "mineral oil saturated hydrocarbons", MOAH steht für "mineral oil aromatic hydrocarbons".

Über gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoge) ist bekannt, dass sie sich hauptsächlich im menschlichen Fettgewebe und der Leber anreichern. Sie stellen im Körper die wohl größte Verunreinung dar. In Tierversuchen haben sie zu Organschäden geführt. Welche Folgen die Aufnahme für den menschlichen Körper hat, ist noch nicht geklärt.

Unter aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) können sich krebserregende Verbindungen befinden.

Der Vollständigkeitshalber wollen wir auch POSH nennen. Das steht für "Polyolefin oligomeric saturated hydrocarbons". Diese gesättigten Kohlenwasserstoffe können in Kunststoffen enthalten sein und dementsprechend auch über Verpackungen in Lebensmittel übergehen. POSH sind gesundheitlich bislang nicht bewertet. Da sie chemisch ähnlich sind wie MOSH/MOSH-Analoge, ist es wahrscheinlich, dass sie sich ähnlich verhalten.

Wie gelangt Mineralöl in Lebensmittel? 

Mögliche Quellen für Mineralöl in Lebensmitteln sind Übergänge aus Verpackungen aus Recyclingpapier und -pappe, denn für deren Herstellung wird auch bedrucktes Zeitungspapier benutzt. Außerdem enthalten viele Druckfarben Mineralöl. Während des Recyclingprozesses kann das Mineralöl nicht ausreichend entfernt werden. Damit landet das Mineralöl in Verpackungen aus Recyclingpapier oder -pappe.

Eine andere Erklärung, wie das Mineralöl in Lebensmitteln landet, können in der Produktion eingesetzte Schmieröle sein oder aber Abgase von Erntemaschinen.

In unseren Lebensmittel-Tests haben wir Mineralöl unter anderem in Kartoffelchips gefunden.
In unseren Lebensmittel-Tests haben wir Mineralöl unter anderem in Kartoffelchips gefunden. (Foto: sasirin pamai/Shutterstock)

Mineralölbestandteile in Lebensmitteln: Das sagt ÖKO-TEST 

Weil sich MOSH/MOSH-Analoge in menschlichen Organen anreichern und zur Stoffgruppe der MOAH auch krebserregende Verbindungen gehören können, erfolgen Notenabzüge, wenn die von uns beauftragten Labore MOSH/MOSH-Analoge oder MOAH in Lebensmitteln nachweisen. Wie viele Noten wir genau abziehen, hängt davon ab, wie stark die Verunreinigung ist.

Grundsätzlich finden wir, dass weder MOSH/MOSH-Analoge noch MOAH etwas in Lebensmitteln zu suchen haben. Hier sind unserer Ansicht nach die Hersteller gefragt. Sie müssen sich dem Problem annehmen, Kontaminationsquellen während Ernte, Produktion oder Transport ausfindig machen und sie beseitigen.

In diesen Lebensmittel-Tests sind wir auf Mineralöl gestoßen

Um zu zeigen, in wie vielen Lebensmitteln Mineralölbestandteile zu finden ist, hier ein Überblick über einige unserer Tests: 

  • Reis-Test: Neun von 21 Reis-Marken waren mit Mineralölbestandteilen verunreinigt. Das betraf vor allem Bio-Produkte. Meist handelte es sich um MOSH/MOSH-Analoge. 
  • Im Kartoffelchips-Test kritisierten wir Mineralölbestandteile ebenfalls mehrfach. Das Labor stieß auch hier vor allem auf MOSH/MOSH-Analoge. 
  • Diese waren auch ein Problem im Test Vegane Nuggets: Wir bemängelten sie in mehr als der Hälfte der überprüften Produkte. 
  • Mineralölrückstände fanden wir außerdem in veganen Burgerpatties im Test. Auch die meisten veganen Aufschnitte in unserem Test waren mehr oder weniger stark mit Mineralölbestandteilen belastet. 
  • Das war besonders auffällig im Kurkuma-Test: 16 von 21 Gewürzen fielen durch – vor allem wegen aus unserer Sicht zu hoher Belastung mit Mineralölbestandteilen.
  • Im Kakaopulver-Test wies das Labor sieben Mal Gehalte an MOSH/MOSH-Analogen nach, die wir abwerten. 
  • Butter-Test: 19 von 20 Produkten enthielten MOSH/MOSH-Analoge – und das überwiegend in Gehalten, die wir als "stark erhöht" einordnen.
  • Mineralölbestandteile verderben auch den Appetit auf Schoko-Nikoläuse: Die meisten Exemplare in unserem Test waren aus unserer Ansicht nach zu stark mit Mineralölbestandteilen verunreinigt, drei sogar mit den besonders bedenklichen MOAH.
  • Im Olivenöl-Test waren alle bis auf ein einziges Produkt mit Mineralölbestandteilen belastet. Wir bemängelten MOAH und MOSH/MOSH-Analoge. 

Was ist mit Mineralöl in Kosmetik?

Auch in Kosmetiktests stoßen wir immer wieder auf Mineralöl. Wie das sein kann? Manche Kosmetikhersteller setzen in ihren Rezepturen auf mineralölbasierte Fette und Wachse wie Paraffinum Liquidum oder Ceresin. Das Problem: Diese können mit MOAH verunreinigt sein. Und wie bereits zum Mineralöl in Lebensmitteln erwähnt, können sich unter MOAH krebserregende Substanzen befinden.

Was bedeutet das für Verbraucherinnen und Verbraucher? Fest steht: MOAH können über die Haut aufgenommen werden. Unklar ist allerdings, ob sie im Körper verstoffwechselt und danach wieder ausgeschieden werden. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) konnte eine Anreicherung von MOAH im Körper bislang aber nicht nachgewiesen werden. Auch seien gesundheitliche Risiken nach derzeitigem Kenntnisstand nicht durch die in Kosmetika eingesetzten Mineralöle zu erwarten.

Wir finden aber: Vorsorglich sollten wir so wenig Kontakt wie möglich mit gefährlichen Stoffen haben. Zumal es auch ohne geht. In Naturkosmetik beispielsweise sind mineralölbasierte Fette und Wachse tabu.

Mineralöl in Bodylotions, Mascaras & Co.

Und warum werden Mineralöle überhaupt in Kosmetik verwendet? Das BfR erläutert verschiedenen Funktionen. Sie würden als Antistatikum, Weichmacher, Hautschutz, Lösungsmittel oder Viskositätsregulator eingesetzt. Wegen dieser vielseitigen Funktionen sind Mineralöle häufig Teil der Inhaltsstoffe von Kosmetik.

Verunreinigungen mit Mineralöl haben wir beispielsweise in diesen Tests gefunden:

Unser Tipp: Lassen Sie Kosmetikprodukte, die mineralölbasierte Fette und Wachse enthalten, lieber im Regal liegen. Damit gehen Sie auf Nummer Sicher. Zu erkennen sind diese in der Deklaration unter: 

  • Paraffinum Liquidum
  • Petrolatum
  • Vaseline
  • Ceresin
  • Cera Microcristallina
  • Ozokerite
  • Microcrystalline Wax
Auch in Kosmetikprodukten, wie zum Beispie Mascara, steckt immer wieder Mineralöl.
Auch in Kosmetikprodukten, wie zum Beispie Mascara, steckt immer wieder Mineralöl. (Foto: Prostock-studio/Shutterstock)

    Besonders ärgerlich: Vereinzelt kommt es auch vor, dass Babyprodukte Mineralöl enthalten. Kinder sollten erst recht nicht mit diesen Problemstoffen in Berührung kommen. Wir haben MOAH beispielsweise in zwei Babyölen gefunden. MOSH/MOSH-Analoge kritisierten wir in Getreidebreien und Pre-Nahrungen

    Auch Kindersnacks waren kürzlich betroffen: Mineralölbestandteile steckten teils in Mais-Snacks und Reiswaffeln.

    Es braucht gesetzlich verpflichtende Grenzwerte

    Das Problem, dass Mineralöl in unser Essen und in unsere Kosmetika gelangt, ist seit Jahrzehnten bekannt. 1994 wertete ÖKO-TEST im Test von Lippenstiften erstmals Produkte ab, die Mineralölbestandteile enthalten. In den Jahren darauf weisen wir in unzähligen Produkten Mineralöl nach – und fordern Grenzwerte.

    Im Jahr 2020 ist es so weit: Die EU schlägt endlich einen Grenzwert für Mineralöl (MOAH) in Babymilchpulver vor. 2022 folgen Richtwerte für die besonders bedenklichen Bestandteile MOAH in Lebensmitteln. Unternehmen können sich danach richten oder auch nicht. Die EU-Kommission ist aber der Auffassung, dass Lebensmittel mit nachweisbaren Gehalten von MOAH vom Markt genommen werden sollten.

    Wir finden: Es gibt immer noch etwas zu tun. Die Richtwerte der EU sind noch keine gesetzlich verpflichtenden Grenzwerte. Das fehlt und daran arbeiten wir.

    Keine Regulierungen

    Was weiterhin komplett unreglementiert ist, sind die Mineralölbestandteile MOSH/MOSH-Analoge. Zur Erinnerung: Sie reichern sich im Körper an – was sie dort anrichten, ist bisher noch völlig unklar, weil die richtigen Untersuchungen dazu fehlen. Und das, obwohl das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist.

    Es fehlen auch bisher jegliche Regulierungen für Mineralöl in Kosmetika. Hier handelt es sich im Gegenteil zu Lebensmitteln meist nicht um Verunreinigungen. Einige Kosmetika bestehen sogar zu großen Bestandteilen aus Mineralöl – Vaseline etwa.

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