Ist Kaffee auf leeren Magen ungesund? Das sagt eine Expertin

Autor: Lena Rauschecker | Kategorie: Essen und Trinken | 18.10.2024

Kaffee besser vor oder nach dem Frühstück trinken?
Foto: Shutterstock / Andrey_Popov

Ohne eine Tasse dampfenden Kaffee starten viele nur ungern in den (Arbeits-)Tag. Doch sollte man vorher gefrühstückt haben, weil Kaffee auf leeren Magen ungesund ist? Oder handelt es sich dabei lediglich um einen Mythos?

Ein schwarzer Kaffee, ein Cappuccino mit Milchschaum oder ein kleiner Espresso: Der erste Schuss Koffein ist für viele ein fester Bestandteil, um in den Tag zu starten. Eine Frage wird dabei immer wieder diskutiert: Ist Kaffee auf leeren Magen zu empfehlen – oder kann er der Gesundheit schaden?

Kaffee auf leeren Magen: Daraus bestehen Kaffeebohnen

Um beurteilen zu können, wie Kaffee auf den Magen wirkt, muss man zunächst die Inhaltsstoffe von Kaffeebohnen genauer unter die Lupe nehmen. Der wichtigste Inhaltsstoff – und für viele Kaffeefans der eigentliche Grund für die Tasse am Morgen – ist das Koffein.

Koffein zählt zu den Alkaloiden; stickstoffhaltige Verbindungen, die in der Natur vorkommen. Reines Koffein sieht aus wie weißes Pulver und hat einen bitteren Geschmack. Da Koffein – das auch in Grünem Tee und Schwarzem Tee vorkommt – eine Substanz mit psychotroper Wirkung ist, beeinflusst es auch unsere Psyche: Der Stoff ist bekannt dafür, die Konzentration zu steigern, den Herzschlag zu beschleunigen, die Nervenzellen im Gehirn anzuregen, den Blutdruck ansteigen zu lassen und damit insgesamt für Unruhe zu sorgen.

Die Säuren, die durchs Rösten der Kaffeebohnen entstehen, wirken auf die Magenschleimhaut und können diese reizen. Beispielsweise kann Chlorogensäure, die Säure mit dem größten Anteil im Kaffee, den Magen belasten.

Neben Koffein und Säure bestehen Kaffeebohnen auch aus Kohlenhydraten, Fettstoffen, Eiweißstoffen, Wasser, Mineralstoffen und Aromastoffen. Doch nicht alle Inhaltsstoffe landen im Körper. Der Deutsche Kaffeeverband erklärt etwa: "Die nach der Röstung noch vorhandenen Kohlenhydrate bilden den Kaffeesatz, der beim Aufguss des Getränks zurückbleibt."

So wirkt Kaffee auf den (nüchternen) Magen

Das Koffein im Kaffee wirkt aktivierend, wie Andrea Heumann, Ernährungswissenschaftlerin im Main-Kinzig-Kreis, gegenüber ÖKO-TEST erklärt. Es erhöht die Aufmerksamkeit und hebt die Stimmung – zu viel Koffein kann jedoch zu gesteigertem Puls, höherem Blutdruck sowie zu innerer Unruhe führen.

Nicht nur das Koffein hat eine Wirkung auf unseren Körper, auch die Röststoffe bzw. die entstandenen Säuren reizen unseren Magen. Da die Röststoffe die Magensäureproduktion stimulieren, können Menschen mit empfindlichem Magen mit Reflux (starkes Sodbrennen) und Magenbeschwerden reagieren.

Dabei spielt auch die Art der Röstung eine wichtige Rolle: Industriell hergestellter Kaffee wird deutlich heißer geröstet als etwa in einer kleinen Kaffeemanufaktur. Durch die starke Hitze beim Industriekaffee bilden sich laut Andrea Heuman deutlich mehr Bitterstoffe als beim schonenden Verfahren. Wer Probleme mit einer erhöhten Magensäurebildung hat, sollte deshalb zu einer schonenderen Röstung greifen.

Wie Kaffee bekömmlicher wird

Ist der Magen leer, können die im Kaffee enthaltenen Röststoffe stärker wirken. Kaffee reizt einen nüchternen Magen deshalb stärker als einen gefüllten, bestätigt Andrea Heumann. Die Expertin rät deshalb: "Um die Verträglichkeit zu verbessern, wählt man besser einen Kaffee mit niedriger Röststufe und frühstückt wenigstens eine Kleinigkeit, etwa eine Scheibe Brot mit Belag oder ein Schälchen Müsli."

Auch ein Schuss Milch macht Kaffee bekömmlicher. Bei einem Cappuccino oder Milchkaffee verbinden sich das Fett und Eiweiß aus der Milch mit den Aroma- und Röststoffen aus dem Kaffee, die sonst zu Magenproblemen führen können.

Ernährungsexpertin Heumann ergänzt: "Zudem kann die im Kaffee enthaltene Chlorogensäure (sie zählt zur Gruppe der Bitterstoffe) bei empfindlichen Menschen die Magenschleimhaut reizen. Milch reduziert die Säurebildung und verbessert damit die Verträglichkeit."

Doch man könne Kaffee zum Frühstück auch schwarz trinken, da auch andere Eiweiß- und Fett-Bestandteile die Säuren im Kaffee normalisieren würden.

Kaffee und der Blutzuckerspiegel

An der britischen University of Bath untersuchten Forscher 2020 die Wirkung von (schlechtem) Schlaf und Kaffee und stellten fest: Ein starker Kaffee, der auf nüchternem Magen getrunken wurde, ließ den Blutzuckerspiegel bei den Probanden um rund 50 Prozent ansteigen. Ein konstanter Blutzuckerspiegel ist jedoch wichtig, um das Risiko für Krankheiten wie Diabetes oder Herzerkrankungen zu senken, so die Forscher. Ein zu hoher Blutzuckerspiegel kann zudem Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Müdigkeit auslösen.

Ernährungstherapeutin Andrea Heumann sagt dazu: "In der Studie beeinflusste Kaffee nüchtern getrunken den Glucosestoffwechsel der teilnehmenden Probanden negativ. Aufgrund der mit 29 Personen kleinen Versuchsgruppe ist die Studie aber nicht sehr aussagekräftig und müsste mit einer größeren Teilnehmerzahl bestätigt werden."

Ist Espresso magenschonender als Kaffee?

Wenn Kaffee den Magen reizt, könnte Espresso die Lösung sein. Schließlich gilt der kleine Bruder des Kaffees als bekömmlicher. Doch stimmt das? Kaffee und Espresso unterscheiden sich nicht so stark, wie viele Menschen glauben. Doch bei der Herstellung gibt es einen Unterschied: Espressobohnen werden normalerweise länger geröstet als Kaffeebohnen.

Andrea Heumann ordnet außerdem ein: "Espresso wird schonender gebrüht und ist daher meist besser verträglich als Kaffee." Doch sie knüpft diese Einschätzung an eine Bedingung: "Allerdings sollte der Kaffeesatz, der sich in der Espressotasse absetzt, nicht mitgetrunken werden, dieser enthält oft schädliche Substanzen." Das können bei der Röstung entstandene Stoffe wie Gerbsäuren sein oder Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, mit denen die Kaffeebohnen behandelt wurden.

Fazit: Kaffee besser erst zum Frühstück

Aufgrund der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse kann man schwer zu einem Konsum von Kaffee auf nüchternem Magen raten, noch entschieden davon abraten. Die Untersuchungen legen aber nahe, dass Menschen mit einem empfindlichen Magen vor der ersten Tasse Kaffee besser ein kleines Frühstück zu sich nehmen sollten.

Insgesamt ist am Konsum von Kaffee aus gesundheitlicher Sicht aber nichts auszusetzen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) betont: "Kaffee, schwarzer und grüner Tee, sofern zuckerfrei und ohne Milch getrunken, liefern keine Kalorien. Sie können zur Flüssigkeitsbilanz hinzugerechnet werden." 

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