Irrtum: Zucker macht nicht glücklich

Autor: Brigitte Rohm | Kategorie: Essen und Trinken | 14.04.2019

Irrtum: Zucker macht nicht glücklich
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - frankie cordoba

Viele Menschen, die sich von Süßigkeiten, Kuchen & Co. in Versuchung führen lassen, sprechen von "Nervennahrung" und schwören, sie hätten ein "Zuckerhoch". Jetzt glauben Forscher: Sie liegen falsch.

Nicht nur in Hollywoodfilmen trösten sich Liebeskummergeplagte mit Pralinen: Der Griff zum Süßen ist überall weit verbreitet – um unsere Stimmung aufzuhellen oder uns zu belohnen. Aber auch, um uns konzentrierter zu machen, beispielsweise während einer Prüfung oder zur Überbrückung des "Nachmittagstiefs" im Büro. 

Wissenschaftler haben nun genauer erforscht, wie Zucker tatsächlich auf unser Gemüt wirkt. Ergebnis: Der berühmte Zuckerrausch ist nur ein Mythos.

Die Annahmen entbehren jeder Grundlage

Bei ihrer Untersuchung handelt es sich um eine große Meta-Analyse von 31 Studien mit insgesamt 1.259 Teilnehmern. Dabei stellten die Forscher praktisch keinen positiven Einfluss des Zuckerkonsums auf die Laune fest – im Gegenteil.

"Die Idee, dass Zucker die Stimmung heben kann, ist so verbreitet, dass Menschen auf der ganzen Welt zuckerhaltige Getränke trinken und süße Snacks verzehren, um schnell ihre Laune zu verbessern, aufmerksamer zu werden oder ihre Müdigkeit zu bekämpfen", sagt Konstantinos Mantantzis von der Humboldt-Universität in Berlin. "Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass solche Annahmen jeder Grundlage entbehren – wenn überhaupt, dann sorgt der Zucker dafür, dass wir uns schlechter fühlen."

Zucker allein macht müder und unkonzentrierter

Die Auswertung deutet darauf hin, dass sich Probanden innerhalb der ersten halben Stunde nach ihrem Zuckerkonsum müder fühlten und innerhalb der ersten Stunde danach unaufmerksamer waren als jene, die nur ein Placebo bekommen hatten. Auch wer hinterher Sport trieb oder andere Tätigkeiten ausübte, die viel Energie kosten, konnte nicht von einem Stimmungshoch zehren. 

Möglicherweise setzen viele Menschen den tatsächlich eintretenden Energieschub mit einer Besserung der Laune gleich – was die Entstehen des Mythos erklären könnte. Außerdem ist es denkbar, dass Zucker in einer Wechselwirkung mit anderen Substanzen wie Koffein oder Fett aufmerksamer macht oder die Stimmung aufhellt. Denn der Schwachpunkt der Metaanalyse ist, dass sich die Forscher ausschließlich auf die Wirkung von Zucker beschränkt haben – und der allein ist kein Glücklichmacher.

Maßnahmen gegen zu hohen Zuckerkonsum

"Wir hoffen, dass unsere Arbeit in diesem Zusammenhang dazu beiträgt, das Zuckerhoch als Mythos zu enttarnen und öffentliche Maßnahmen zur Reduzierung des Zuckerkonsums anzuregen", so Elizabeth Maylor von der University of Warwick. Die Wissenschaftler betonen, wie wichtig es sei, einen gesunden Lebensstil weiter zu bewerben und zu fördern – angesichts der Zunahme von Übergewicht und Diabetes, die durch ein Übermaß an Zucker entstehen können. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind oft eine Folge von zuviel Süßem.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollte die maximale Zuckerzufuhr am Tag bei etwa 50 Gramm liegen – das entspricht knapp 17 Würzelzuckerstückchen. In Deutschland liegen wir jedoch durchschnittlich um 25 Prozent darüber. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist noch strenger und rechnet sogar mit nur 25 Gramm als täglicher Höchstmenge.

Versteckter Zucker ist ein großes Problem

Diese "Obergrenze" für Zucker ist erstaunlich schnell erreicht – selbst wenn man nicht regelmäßig Limonade trinkt oder sich ein Stück Schokolade genehmigt. Denn ein großes Problem ist der Zucker, der sich in vielen Lebensmitteln versteckt und den man unbewusst zu sich nimmt. Wir haben bekannte Fertiglebensmittel getestet und "Zuckerfallen" aufgespürt: Test Versteckter Zucker: So viel Würfelzucker steckt in bekannten Lebensmitteln.

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