Fliesen streichen statt neu verlegen: Welcher Fliesenlack empfehlenswert ist

Magazin Dezember 2025: Teelichter | Autor: Timm Knautz/Annette Dohrmann/Hannah Pompalla | Kategorie: Bauen und Wohnen | 27.11.2025

Fliesenlacke im Test: Wir haben 17 Produkte getestet.
Foto: ÖKO-TEST

Anstatt unansehnliche Fliesen neu zu verlegen, kann man sie einfach überstreichen. Das spart eine Menge Zeit, Aufwand und Kosten – und gelingt auch ohne Profis. Allerdings sind wir im Test von 17 Fliesenlacken auf eine ganze Reihe an problematischen Inhaltsstoffen gestoßen. Immerhin: Sieben Produkte überzeugen.

  • Im Test: 17 weiße Fliesenlacke, darunter auch zwei Zweikomponentenlacke, die jeweils einen separaten Härter enthalten und vor der Anwendung angemischt werden müssen. Sofern erhältlich, haben wir uns beim Farbton für die seidenmatte Variante entschieden.
  • Sieben Fliesenlacke schneiden mit "gut" oder "sehr gut" ab.
  • Kritik üben wir an etlichen Inhaltsstoffen. Dazu gehören zum Beispiel Substanzen, die Allergien auslösen oder die Augen reizen können. Andere Stoffe sind etwa als krebserregend, erbgut- oder fortpflanzungsschädigend eingestuft.

Die neue Altbauwohnung ist ein echter Glückstreffer: mit Parkettboden, in guter Lage und noch dazu bezahlbar. Nur die beige-braunen Fliesen in Bad und Küche atmen den Charme der frühen 80er-Jahre und sind optisch eher ein Albtraum …

Keine Angst, die ollen Kacheln lassen sich auch ohne aufwendige Renovierungsarbeiten an den persönlichen Geschmack anpassen: Der Fachhandel bietet Heimwerkern dafür spezielle Fliesenlacke in vielen Farbtönen. Doch holt man sich mit der praktischen DIY-Lösung bedenkliche Substanzen ins Haus?

Alpina, Obi & Co.: Fliesenlack im Test

Für unseren Test haben wir 17 Fliesenlacke eingekauft – in neutralem, wenn möglich seidenmattem Weiß – und in verschiedenen Laboren auf Schadstoffe untersuchen lassen.

Das Ergebnis: Mit sieben Lackfarben können Sie die Schönheitskur für Ihre alten Fliesen entspannt in Angriff nehmen. Von fünf Fliesenlacken raten wir dagegen klar ab. Sie enthalten so viele problematische Stoffe, dass wir sie mit "mangelhaft" oder "ungenügend" bewerten.

Fliesenlack soll für eine schönere Optik sorgen. Doch welche Produkte sind empfehlenswert? Wir haben 17 Fliesenlacke getestet.
Fliesenlack soll für eine schönere Optik sorgen. Doch welche Produkte sind empfehlenswert? Wir haben 17 Fliesenlacke getestet. (Foto: Kristof Bellens/Shutterstock)

Fliesen streichen: Es geht auch ohne bedenkliche Konservierer

So hat das von uns beauftragte Labor Formaldehyd nachgewiesen – und zwar in einer deutlich höheren Menge, als es der Blaue Engel für emissions- und schadstoffarme Lacke vorsieht. Wir orientieren uns an dem Umweltzeichen und werten hier um zwei Noten ab. Formaldehyd, das als Konservierer eingesetzt wird, reizt schon in geringen Mengen die Schleimhäute und kann Allergien auslösen. Über die Atemluft aufgenommen gilt es als krebserregend.

Ziemlich kritisch sehen wir auch zwei weitere Konservierungsmittel: das als fortpflanzungsschädigend eingestufte Zinkpyrithion sowie Methylisothiazolinon (MIT), das Allergien auslösen und die Haut sensibilisieren kann.

Natürlich müssen die Hersteller dafür sorgen, dass ihre Fliesenlacke in den Dosen und Farbeimern nicht verderben – doch andere Produkte zeigen, dass das auch mit weniger bedenklichen Substanzen gelingt.

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Problematische Lösemittel in Fliesenlacken im Test

Die Laborexperten sind außerdem in einigen Fliesenlacken im Test auf sogenannte CMR-Stoffe gestoßen: Verbindungen, die als krebserregend, erbgut- oder fortpflanzungsschädigend eingestuft sind. Dazu gehören Phenol, ein Ausgangsstoff für die Kunstharzherstellung, die Lösemittel Toluol und Styrol, aber auch Methoxyethanol und Butanonoxim.

Methoxyethanol wird ebenfalls als Lösemittel zugesetzt und sorgt zudem dafür, dass sich beim Verdunsten ein gleichmäßiger Film bildet. Dagegen verhindert Butanonoxim, dass sich auf dem Lack eine Haut bildet, wenn die Farbdose länger geöffnet ist. Trotz ihrer zweifellos praktischen Funktionen: Aufgrund ihrer gesundheitlichen Risiken werten wir die Substanzen ab.

Stoffe in Fliesenlacken können die Raumluft belasten

Doch damit nicht genug der abwertungsrelevanten Inhaltsstoffe. Wir verteilen auch Minuspunkte, wenn Hersteller umwelt- und gesundheitsschädliches Chrom einsetzen oder Phthalsäureanhydrid, das Augen und Atemwege reizen kann.  

Negativ fällt außerdem auf, dass das Labor in vereinzelten Fliesenlacken im Test einen aus unserer Sicht zu hohen Gehalt an Acrylaten festgestellt hat. Denn in flüchtiger Form können diese Bindemittel Allergien verursachen.

Apropos flüchtige Form. Während des Lackierens und auch später während des Trocknens – und zum Teil noch lange danach – können aus Lacken weitere flüchtige organische Verbindungen (VOC) entweichen und die Raumluft belasten. In einigen Fliesenlacken schätzen wir den gemessenen VOC-Gehalt als "erhöht" ein.

Bestimmte VOC betrachten wir besonders kritisch. Dazu gehören Glykole, wie das in einem Fall nachgewiesene Butoxyethoxyethanol. Die Verbindung gilt als schädlich beim Einatmen sowie als augen- und hautreizend.

Wichtige Verpackungshinweise fehlen

Neben etlichen Inhaltsstoffen bemängeln wir auch einiges, was Hersteller auf ihre Verpackungen schreiben oder vielmehr nicht schreiben. Etwa bestimmte Gefahren- und Sicherheitshinweise.

Ein Fliesenlack-Anbieter im Test gibt sich diesbezüglich besonders wortkarg: Er hat keinen einzigen der von uns als wichtig angesehenen Hinweise aufgedruckt. Wir meinen: Verbraucherfreundlich geht anders.

Das gilt auch für Hersteller, die ihren Lack als "lösemittelfrei" ausloben, obwohl der gemessene VOC-Gehalt 700 Milligramm pro Kilogramm überschreitet – einen Grenzwert, den sich der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) für seine Produkte auferlegt hat. Und der noch dazu über dem deklarierten VOC-Gehalt liegt. 

Fliesen streichen: Tipps

Das rät ÖKO-TEST:

  • Gut vorbereitet: Falls es um Fliesen in einer Mietwohnung geht, sollten Sie zuvor die Zustimmung des Vermietenden einholen. Damit der Fliesenlack hält, muss der Untergrund sauber, trocken, unbeschädigt und frei von Fett, Silikon, Kalk- und Seifenresten sein. Silikonfugen vorher rückstandslos entfernen, sie lassen sich nicht überstreichen. Bei zementierten Fugen ist das kein Problem.
  • Gut geschützt: Verarbeiten Sie Fliesenlack nur bei ausreichender Belüftung und gut geschützt: beim Anschleifen mit P2-Maske mit Staubfilter, bei Spritzgefahr mit Schutzbrille.
  • Richtig entsorgt: Benutzte Pinsel, Farbrollen und Lackreste vollständig trocknen lassen und über den Hausmüll entsorgen. Übrig gebliebene Farbe alternativ als Sondermüll bei der örtlichen Sammelstelle abgeben.
  • Wieder entfernt: Fliesenfarbe lässt sich mechanisch mit einem Spachtel oder Schaber entfernen. Eventuell vorher einen für Fliesen geeigneten Farbentferner einwirken lassen.
  • Sanft gepflegt: Überstrichene Fliesen sind empfindlicher als unbehandelte. Verwenden Sie daher zur Pflege milde, neutrale Reinigungsmittel und verzichten Sie auf raue Bürsten und Schwämme.

Übrigens: Nicht alle Fliesenlacke in unserem im Test sind gleichermaßen für Bodenfliesen und den Fliesenspiegel in Duschkabinen geeignet sind. Die Details finden Sie im ePaper

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 17 weiße Fliesenlacke in Baumärkten und Fachgeschäften eingekauft. Darunter auch zwei Zweikomponentenlacke (Alpina und Schöner Wohnen), die jeweils einen separaten Härter enthalten und vor der Anwendung angemischt werden müssen. (Dies haben wir übrigens auch für unseren Test so gehandhabt.) Sofern erhältlich, haben wir uns beim Farbton für die seidenmatte Variante entschieden. Der Quadratmeter Anstrich kostet zwischen 2,06 und 14,28 Euro – jeweils berechnet auf Basis der vom Hersteller angegebenen Reichweite und der Anzahl benötigter Anstriche.

In verschiedenen Laboren ließen wir alle Lacke auf Schwermetalle, Formaldehyd, aller gene Isothiazolinone sowie flüchtige organische Verbindungen (VOC) untersuchen. Ergab das VOC-Screening Hinweise auf Siloxane, ließen wir das entsprechende Produkt auf die von der europäischen Chemikalienagentur ECHA als "besonders besorg niserregende Stoffe" eingeordneten und in der Umwelt sehr schwer abbaubaren Siloxanverbindungen D4, D5 und D6 untersuchen. Zudem erfolgte eine Analyse auf halogenorganische Verbindungen.

Per Deklaration werteten wir den bedenklichen Inhaltsstoff Zinkpyrithion ab und überprüften, ob die deklarierten Isothiazolinone, der VOC-Gehalt und Auslobungen wie "lösemittelfrei" unseren Analyseergebnissen entsprechen. Fehlten zwei oder mehr bestimmte Gefahr- oder Sicherheitshinweise auf der Verpackung, werteten wir das als Weiteren Mangel ab.

Zudem checkten wir, ob auf Fliesenfarben mit Gefahrenpiktogrammen der 16-stellige UFI-Code steht, der die jeweilige Rezeptur identifiziert. Wir prüften darüber hinaus, ob auf Lacken mit allergisierenden Substanzen ein Verweis auf eine Allergikerhotline zu finden ist. Enthielten die Verpackungen Kunststoff, ließen wir diese auf umweltbelastende chlorierte Verbindungen untersuchen – und fragten bei den Herstellern nach, ob sie recyceltes Material aus dem Wertstoffkreislauf (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) einsetzen. Für Letzteres forderten wir chargenbezogene Belege an.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode. Bei Richt- und Orientierungswerten handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen. Die Angabe des Rezyklatanteils versteht sich gegebenenfalls eingedenk eines geringfügigen Anteils an Additiven.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt an Formaldehyd von mehr als 100 mg/kg (in Anlehnung an den Blauen Engel); b) ein gemessener Gehalt an Methylisothiazolinon von mehr als 15 mg/kg (in Tabelle: "MIT", in Anlehnung an den Blauen Engel); c) jede einzelne der hier nachgewiesenen Verbindungen, die nach CLP-Verordnung als karzinogen, mutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft sind (hier: 2-Butanonoxim [in Tabelle: "Oxime"], Styrol, Phenol, Toluol, 2- Methoxyethanol); d) Zinkpyrithion.

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein gemessener Gehalt an Chrom gesamt von mehr als 20 mg/kg (in Anlehnung an das Eco-Institut); b) ein gemessener Gehalt von mehr als 1.000 mg/kg eines oder mehrerer Acrylate (hier: Butylacrylat und/oder 2-Ethylhexylacrylat und/oder n-Butylmethacrylat und/oder Methylmethacrylat); c) ein gemessener Gehalt an Phthalsäureanhydrid von mehr als 1.000 mg/kg; d) ein gemessener Gehalt an Butoxyethoxyethanol von mehr als 10.000 mg/kg (in Tabelle: "Glykole"); e) ein gemessener Gehalt an VOC-Gesamt von mehr als 100.000 mg/ kg (in Tabelle: "erhöht", in Anlehnung an den Blauen Engel). VOC-Gehalte von 1.000 bis < 10.000 mg/kg werden als "gering", von 10.000 bis < 100.000 mg/kg als "akzeptabel" bezeichnet. Diese Informationen in der Tabelle führen nicht zur Abwertung.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) die Deklaration "lösemittelfrei" bei einem gemessenen VOC-Gehalt von 700 mg/kg oder mehr; b) fünf oder mehr fehlende Gefahren- oder Sicherheitshinweise auf dem Gebinde (hier: a) "Für Kinder unzugänglich aufbewahren"; b) "Während der Verarbeitung und Trocknung für gründliche Belüftung sorgen"; c) "Nicht in die Kanalisation, Gewässer oder Erdreich gelangen lassen"; d) "Nur restentleerte Gebinde zum Recycling geben. Materialreste können eingetrocknet als Hausmüll entsorgt werden"; e) "Bei Spritzgefahr Schutzbrille tragen"; f) "Bei Schleifarbeiten [Staubfilter P2] oder Spritzverarbeitung [Kombifilter A2/P2] Staub-, Spritz- und Farbnebel nicht einatmen" [sofern ein Anschliff empfohlen wird]; g) "Essen, Trinken und Rauchen während des Gebrauchs der Farbe ist zu vermeiden"; h) "Bei Berührung mit den Augen oder der Haut sofort gründlich mit Wasser abspülen"; i) "Kann allergische Reaktionen hervorrufen" [sofern allergieauslösende Stoffe enthalten sind] oder ähnliche, sinngemäße Formulierungen).

Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu; b) keine Angabe der Inhalts stoffe nach VdL-Richtlinie auf dem Gebinde; c) der gemessene VOC-Gesamtgehalt überschreitet den auf der Verpackung deklarierten maximalen Gehalt; d) zwei bis vier fehlende, oben genannte Gefahren- oder Sicherheitshinweise auf dem Gebinde.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

PVC/PVCD/chlorierte Kunststoffe: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Elementbestimmung: ICP-MS (Totalaufschluss in der Mikrowelle).
Isothiazolinone/Phenol: Extraktion bei Raumtemperatur im Ultraschallbad für 30 min mit Methanol, Messung HPLC.
Formaldehyd: VdL-RL 03: 2018-02 (saure Wasserdampfdestillation) Fotometrie.
VOC-Gehalt: Prüfverfahren: ISO 11890-2, gaschromatographisches Verfahren für VOC >0,1 und <15%. Modifikation: aufgrund der nicht bekannten Verbindungen wurde auf einen internen Standard verzichtet, die Proben wurden dafür mittels Doppelbestimmung und teilweise unterschiedlichen Extraktionsmitteln (Methanol und Aceton) untersucht
Halogenorganische Verbindungen: Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenanreicherung (SPA). Binden der organischen Halogene an Aktivkohle. Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom. Microcoulometrische Bestimmung des Halogengehaltes. Angegeben als Chlorid.
Siloxane: Extraktion mit organischem Lösemittel, Messung mit GC-MS.

Einkauf der Testprodukte: Juni - August 2025

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