Gesichtspeeling-Test: Mikroplastik ist nach wie vor ein Problem

Ratgeber Kosmetik & Wellness 2021 | Autor: Christine Throl/Maren Klein | Kategorie: Kosmetik und Mode | 10.06.2021

Gesichtspeeling im Test: Welche Marken überzeugen?
Foto: ÖKO-TEST

Plastikkügelchen in Gesichtspeelings? Die Zeit ist vorbei. Jetzt sorgen feiner Sand, Jojobawachs und Bambusmehl für strahlende Gesichter. Ganz vom Tisch ist das Thema Mikroplastik aber noch immer nicht.

  • Wer das Gesicht plastikfrei peelen möchte, achtet am besten auf unser Testurteil "sehr gut". Ingsesamt bewerten wir zwölf Gesichtspeelings mit Bestnote. 
  • Sieben Gesichtspeelings im Test schneiden nur mittelmäßig ab.
  • Kritik gibt es vor allem für flüssiges Plastik und PEG-Verbindungen. 

Aktualisiert am 10.06.2021 | Die freiwillige Selbstverpflichtung der Kosmetikindustrie zur Reduzierung von Mikroplastik zeigt Wirkung. Statt Polyethylen, Nylon oder Polyamid enthalten die meisten Gesichtspeelings inzwischen Schleifkörnchen aus Mineralien und Pflanzenbestandteilen. Und das ist auch gut so. Aber was steckt sonst noch so drin in den peelenden Gels und Lotionen fürs Gesicht?

Gesichtspeelings im Test: Testsieger sind plastikfrei

Wir haben 24 Gesichtspeelings eingekauft, darunter fünf Naturkosmetikprodukte und vier, die sich vor allem an männliche Kundschaft richten. Das Ergebnis: Zwölf Gesichtspeelings im Test können wir mit Bestnote empfehlen, fünf weitere sind "gut". Der Rest schneidet mittelmäßig ab. Wer ganz ohne Kunststoffe peelen möchte, achtet am besten auf unser Testurteil. "Sehr gut" heißt: plastikfrei. 


Gesichtspeeling im Test: Wir haben insgesamt 24 Produkte überprüfen lassen.
Gesichtspeeling im Test: Wir haben insgesamt 24 Produkte überprüfen lassen. (Foto: Bogdan Sonjachnyj/Shutterstock)

Mikroplastik in Peelings: Eine Frage der Definition 

Die Schleifpartikelchen in Peelings waren in der Vergangenheit ins Gerede gekommen – als winzig kleine Kügelchen aus hartem Kunststoff, die wenige Sekunden im Gesicht verbringen und dann eine halbe Ewigkeit in den Meeren. Inzwischen sind die Peelings umweltfreundlicher geworden.

Am häufigsten setzen die Hersteller mittlerweile gehärtetes Jojobaöl – auch schick "Jojobaperlen" genannt –, Kieselsäure und Zellulosepulver ein. Auch gemahlene Aprikosenkerne oder Sand dienen als Rubbelteilchen. Was Scheifpartikel angeht, sind die Unternehmen erfinderisch geworden. 

Ganz plastikfrei sind die getesteten Gesichtspeelings jedoch nicht. Denn elf Produkte enthalten flüssige Kunststoffverbindungen. Die Branche will unter "Mikroplastik" nur die festen Kunststoffteilchen verstehen. Dabei landen die flüssigen Kunststoffe, also synthetische Polymere wie Silikone und Acrylate, auch im Abwasser. Nicht alles können die Kläranlagen herausfiltern. Zudem landet der Klärschlamm teilweise als organischer Dünger direkt auf den Feldern.

Gesichtspeeling im Test: Jetzt Ergebnisse im ePaper lesen

Auch Bio-Kunststoff in Gesichtspeeling ist Kunststoff

Was ist ansonsten im Gesichtspeeling-Test aufgefallen? Ein Anbieter wirbt auf seinem Gesichtspeeling mit einem "Ohne Mikroplastik"-Siegel. Die Peelingkörper bestehen aus Polymilchsäure (Polylactic Acid), kurz PLA. Hört sich zunächst einmal gut an: Schleifpartikel aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais oder Zuckerrohr.

Doch gleich, woraus das Polymer im Labor zusammengebaut wird: PLA ist ein Kunststoff – ein Polyester, dessen Abbaubarkeit stark von der Umgebungstemperatur abhängig ist. In einer Kompostieranlage ist der Abbau kein Problem. Aber gelangt PLA ins Wasser, gleich ob Süß- oder Salzwasser, so zeigte sich in Untersuchungen kaum ein Abbau. Das Umweltbundesamt stuft PLA zweifelsfrei als Mikroplastik ein.

Was ist denn da passiert? Auf der Verpackung finden Verbraucher einen Verweis auf die Website. Dort erläutert Müller, dass das Unternehmen sich am Einkaufsratgeber "Mikroplastik und andere Kunststoffe in Kosmetika" der Umweltschutzorganisation BUND orientiert. Auf der Liste fehlt PLA jedoch – zumindest noch. "Der BUND-Einkaufsratgeber wird in Zukunft in den ToxFox übergehen, und im Rahmen dessen werden wir auch PLA aufnehmen", sagt Nadja Ziebarth, Leiterin des BUND-Meeresschutzbüros.

Peeling fürs Gesicht: Wir haben auch vier Produkte getestet, die sich vor allem an männliche Kundschaft richten.
Peeling fürs Gesicht: Wir haben auch vier Produkte getestet, die sich vor allem an männliche Kundschaft richten. (Foto: Maridav/Shutterstock)

Kritik an Inhaltsstoffen mancher Gesichtspeelings 

Weitere Kritik bezieht sich auf PEG-Verbindungen, die in acht Gesichtspeelings im Test stecken. Das Problem? Sie können die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen. 

Und eine wirklich winzig kleine Angelegenheit zum Schluss: Eines der getesteten Gesichtspeeling enthält Titandioxidpartikel im Nanogrößenbereich. Über 70 Prozent hat das von uns beauftragte Labor gemessen.

Die EU empfiehlt in diesem Fall – also wenn die enthaltenen Teilchen zu mehr als 50 Prozent im Bereich von 1 bis 100 Nanometer liegen – einen "Nano"-Hinweis auf der Zutatenliste. Hätten wir auch sinnvoll gefunden, deshalb werten wir hier, weil noch nicht alle Risiken durch Nanopartikel geklärt sind, unter den Weiteren Mängeln ab.

Plastikfrei peelen: Das steckt dahinter

Gesichtspeelings gibt es inzwischen auch plastikfrei. Wir erklären kurz und knackig, was statt der Plastikkügelchen drin stecken kann: 

  • Sand und seine Verwandten, etwa Kieselsäure und Glimmer, finden sich in der Liste der deklarierten Inhaltsstoffe unter Begriffen wie "Silica", "Quartz" und "Mica".
  • Mineralischen Ursprungs ist auch "Pumice", also fein gemahlener Bimsstein, und Aluminiumoxid (Alumina).
  • Hinter "Hydrogenated Jojoba Oil" verbirgt sich das Wachs der Jojobapflanze, "Hydrogenated Castor Oil" heißt übersetzt "gehärtetes Rizinusöl".
  • Fein gemahlen kommen Bambus ("Bambus Arundinacea Stem Powder"), Aprikosenkerne ("Prunus Armeniaca Seed Powder") und Mandelschalen ("Prunus Amygdalus Dulcis Shell Powder") zum Einsatz.
  • Aus Holz wird Zellulosepulver (Microcrystalline Cellulose) – oder "Charcoal Powder", also Holzkohle, sehr feiner Kohlenstoff, der nicht nur mechanisch arbeitet, sondern durch seinen absorbierenden Charakter Schmutz und Ablagerungen an sich bindet.
  • Auch chemisch peelende Substanzen werden in Gesichtspeelings für zu Hause eingesetzt: Salicyl- und Glycolsäure (Salicylic und Glycolic Acid) etwa. Diese lösen den Zellkitt der Hornschicht und sorgen so dafür, dass sich Hautschüppchen lösen und Poren öffnen. Allerdings sind sie hier häufig so zurückhaltend dosiert, dass sie vor allem antibakteriell und konservierend wirken.
Sie sind umweltfreundlicher geworden: Viele Gesichtspeelings enthalten inzwischen Schleifkörnchen aus Mineralien und Pflanzenbestandteilen.
Sie sind umweltfreundlicher geworden: Viele Gesichtspeelings enthalten inzwischen Schleifkörnchen aus Mineralien und Pflanzenbestandteilen. (Foto: kubais/Shutterstock)

Gesicht reinigen mit Gesichtspeeling

Wir geben Tipps zur Gesichtspflege: 

  1. Ein, zwei Peeling-Runden die Woche tun dem Gesicht gut. Sie befreien die Haut von abgestorbenen Hautzellen und Mitessern. Und sorgen für einen frischen Teint.  

  2. Körperpeelings besser nicht im Gesicht anwenden: die Partikel könnten zu scharfkantig und grob für die feine Haut im Gesicht sein.

  3. Keine Lust auf zu viele Produkte im Bad? Dann einfach ein bisschen Kaffeesatz unter die Reinigungslotion mischen, fertig.

Diesen Test haben wir zuletzt im Jahrbuch Kosmetik 2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik und Wellness 2021 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Die ÖKO-TEST-Einkäufer waren unterwegs in Drogerien, Discountern, Bio- und Supermärkten und haben 24 Peelings eingekauft. Vor allem solche, die für normale, Misch- und unreine Haut ausgelobt sind. Die Peelings sollen die Haut reinigen, verfeinern und klären und Hautunreinheiten vorbeugen.

In verschiedenen Labors haben wir die Inhalte der Tuben und Fläschchen auf Problemstoffe untersuchen lassen: Sind hautreizende Konservierungsstoffe oder Duftstoffe, die Allergien auslösen können, verarbeitet? Sind die Peelings, die Aktiv- oder Pflanzenkohle enthalten, mit krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAK, verunreinigt? Sind mit den enthaltenen Erdölderivaten auch problematische Bestandteile in die Produkte gelangt? Die Verpackungen ließen wir auf chlorierte Verbindungen überprüfen. Zudem haben wir geschaut, welche Peelingkörper zum Einsatz kommen.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: Butylphenyl Methylpropional (Lilial). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PEG/PEG-Derivate; b) BHT.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: weitere synthetische Polymere als weitere Kunststoffverbindungen (hier: Acrylates/C10-30 Alkyl Acrylate Crosspolymer, Acrylates Copolymer, Acrylates Crosspolymer-4, Polylactic Acid, Polyquaternium-4, Polyquaternium-39, Sodium Acrylates/C10-30 Alkyl Acrylate Crosspolymer). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Umkarton, der kein Glas schützt; b) fehlende Angabe "nano" bei Titandioxid in der Liste der Inhaltsstoffe gemäß EU-Kosmetik-Verordnung 1223/2009 und der Empfehlung 2011/696 der EU-Kommission zur Definition von Nanomaterial, wenn das in den Produkten enthaltene Titandioxid zu mehr als 50 Prozent nanoförmig vorliegt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.  

Testmethoden 

Testmethoden (je nach Zusammensetzung der Produkte): Deklarationspflichtige Duftstoffe/Diethylphthalat/Moschusverbindungen: Extraktion mit TBME, GC-MS. Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasser­extraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie. Nanomaterial (falls mineralische Pigmente deklariert): Screening per Röntgenfluoreszenz; ggf. Untersuchung auf Titandioxid- bzw. Eisenoxid-Partikel mittels Single-Particle-ICP/MS. Ermittlung der mittleren Partikelgröße als Median nach Anwendung der Gaußschen Verteilung und des Anteils der Partikel bis 100 nm. Probenvorbereitung: Herstellung einer wässrigen Dispersion durch Behandlung mit Ultraschall VialTweeter. Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): LC-GC/FID. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Mai bis Juli 2020 

Diesen Test haben wir zuletzt im Jahrbuch Kosmetik 2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik und Wellness 2021 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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