Putzen ab dem ersten Zahn: Zahnpflege ist schon bei Babys wichtig. Dabei kann man so einiges falsch machen. Diese Fehler sollten Sie am besten vermeiden:
1. Zu spät mit Zähneputzen bei Kindern beginnen
"Eltern sollten die Zähne ihrer Kinder sauber machen, wenn die erste kleine Ecke durchbricht." Das ist Kinderzahnärztin Johanna Kant wichtig. Nur dann könnten auch die Milchzähne gut vor Karies bewahrt werden.
In ihrer Oldenburger Praxis behandelt die Zahnmedizinerin schon die ganz Kleinen und weiß um die Besonderheiten der Milchzähne. Denn die sind etwas anders aufgebaut als bleibende Zähne: Ihr Zahnschmelz ist dünner und die kleinen Nervenkanälchen im Zahnbein im Vergleich zu bleibenden Zähnen etwas größer. "Das führt dazu, dass sich Karies schneller im Zahn verteilen kann, wenn sie erst durch den Schmelz durch ist", sagt die Vorsitzende des Bundesverbands der Kinderzahnärzte.
Ob Eltern zunächst mit einem Silikonfingerling oder mit einer weichen Zahnbürste putzen, ist egal – Hauptsache, sie tun es morgens nach dem Frühstück und abends unmittelbar vor dem Einschlafen.
2. Kindern Zähneputzen zu früh allein überlassen
Irgendwann im Kleinkindalter beginnen Kinder, selbst im Mund zu schrubben. Johanna Kant betont aber: "Die Eltern bleiben weiter dafür zuständig, dass die Zähne ihrer Kinder sauber sind – und zwar so lange, bis deren Feinmotorik so weit entwickelt ist, dass sie es allein können." Das sei in der Regel etwa um den achten Geburtstag der Fall.
Und was macht das Kind bis dahin? "Es übt." Das heißt: Die Eltern geben dem Baby von Anfang an eine Zahnbürste zum Kauen und Spielen in die Hand, während sie mit einer zweiten Zahnbürste die Zähnchen putzen. "Wichtig ist, dass die Zähne am Ende sauber sind. Das sehen Eltern daran, wenn sie weiß sind und glänzen."
3. Putztechnik vergessen
Eltern sollten ihren Kindern von Anfang an eine Putztechnik vormachen, rät Johanna Kant, weil so eine Systematik dann im Kopf bleibt. Sie zeigt ihren Patienten die Methode KAI plus – was für die Reihenfolge erst Kauflächen, dann Außenseite, dann Innenseite plus Nachputzen der Eltern steht.
"Die Eltern können ihren Kindern immer wieder vorsagen, was sie machen: Komm, wir schrubben jetzt erst die Kauflächen, dann putzen wir außen mit großen Kreisen, dann wischen wir innen von Rot nach Weiß." Wenn es mal etwas blutet, sollten Eltern nicht gleich zaghaft werden: "Häufig ist das ein erstes Anzeichen für eine Zahnfleischentzündung und dafür, dass noch etwas gründlicher geputzt werden sollte."
Wo ein Zahn rauskommt, gehe man am besten schräg von der Seite sanft ran. "Bei den Kleinen geht das auch liegend auf der Wickelkommode, denn Eltern sollten immer gut sehen können, was sie machen."
4. Kindern beim Zähneputzen weh tun
Wenn sich Kinder standhaft weigern und sofort den Kopf wegdrehen, sobald sich die Zahnbürste nähert, liegt das nach Erfahrung der Kinderzahnärztin häufig daran, dass Eltern ihnen unwissentlich beim Putzen wehtun. Gerade im Oberkiefer ist das Lippenbändchen, wenn die ersten Zähne kommen, noch sehr tief angesetzt. "Das ist vielen Eltern nicht bewusst. Wenn sie da drüberschrubben, tut es den Kindern weh."
Kants Tipp: Die Zahnbürste vorn neben dem Lippenbändchen ansetzen, dann von dort nach hinten putzen, auf der anderen Seite wieder von der Mitte weg anfangen.
5. Zahnpasta UND Zahnputztabletten verwenden
Jahrelang haben Kinder- und Zahnärzte unterschiedliche Meinungen vertreten, ob Kinder zahnschützendes Fluorid lieber in der Zahnpasta oder als Tablette bekommen sollten. Nun gibt es dazu endlich eine einheitliche Empfehlung: Bis zum Durchbruch des ersten Milchzahns sollten Säuglinge täglich 0,25 Milligramm Fluorid in Tablettenform erhalten.
Ab dem ersten Zahn gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Eltern geben weiterhin die Tablette, oder sie putzen zweimal täglich mit einer Zahnpasta, die 1.000 ppm Fluorid enthält. Wichtig ist aber, dass sie sich klar entscheiden: entweder Zahnpasta oder Tablette – nicht beides. Denn sonst kann es zu einer Dentalfluorose kommen, also zu bleibenden Verfärbungen auf den Zähnen.
Johanna Kant plädiert für die Zahnpasta: Heute wisse man, dass Fluorid auf der Oberfläche des Zahns eine dünne Schicht von Kalziumfluoridkristallen bildet – und die sei es, die den Zahn schützt. "Über die Zahnpasta kommt das Fluorid außen auf den Zähnen an – dort, wo es gebraucht wird."
5. Zu viel Zahnpasta auftun
Kleinere Kinder können meist noch nicht gut ausspucken und schlucken die Zahnpasta runter. Eltern sollten aber schauen, dass sie den Kindern nicht zu viel Zahnpasta auftun, sagt die Zahnärztin. Zunächst nur eine Portion in der Größe eines Minireiskorns, wenn dann alle Zähne da sind, reiche die Menge einer kleinen Erbse.
Gemeinsam mit den Kindern können sie üben und vormachen, wie das Ausspucken funktioniert. "Eltern sollten kleine Kinder aber beim Putzen nicht unbeaufsichtigt lassen. Denn wenn die Zahnpasta lecker schmeckt, machen Kinder sich die immer wieder neu drauf."
Auch aus einem anderen Grund ist nicht angesagt, Zahnpasta zu essen: Viele Zahnpasten enthielten bisher das mineralische Weißpigment Titandioxid. Titandioxid wurde im vergangenen Sommer jedoch von der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa) neu mit der Begründung eingestuft, dass eine erbgutschädigende Wirkung bei oraler Aufnahme derzeit nicht ausgeschlossen werden könne.
Als Lebensmittelzusatzstoff (E 171) ist der Stoff deshalb seit diesem Jahr verboten; für Kosmetik fehlt bisher noch eine Regulierung. Die Aufgabe der Hersteller von Kinderzahnpasta sollte es in unseren Augen jetzt sein, Titandioxid aus ihren Rezepturen zu entfernen. Bis das funktioniert, können Eltern selbst auf die Liste der Inhaltsstoffe schauen: In Kosmetik ist Titandioxid als "Titanium dioxide" oder unter der Farbnummer CI 77891 deklariert.
6. Zähnen keine Pause gönnen
Es hat sich inzwischen herumgesprochen: Die Zähne sollten ab und zu mal freikriegen und nicht ständig von Essen oder Trinken umspült sein. "Als Faustregel kann man sagen: Fünf Mahlzeiten am Tag können unsere Zähne gut verkraften. Da können dann auch gern ein Nachtisch, eine Saftschorle oder ein paar Kekse als Zwischenmahlzeit dabei sein", sagt die Kinderzahnärztin.
Alles, was über fünf Momente am Tag hinausgehe, sollte aber möglichst zucker- und säurearm sein – also Wasser gegen den Durst und gegen den Hunger allenfalls ein Stück Gemüse. "Das ist sinnvoller, als komplett auf Zucker zu verzichten, was ja meist utopisch ist." Denn nur durch Pausen haben die Zähne genügend Zeit, sich aus dem Speichel die verlorenen Mineralien zurückzuholen.
Es ist also das Dauerkauen auf einem Stück Brezel, das den Zähnen so zusetzt, weil beispielsweise Weißmehl schon im Mund von den Enzymen im Speichel zu Zucker abgebaut wird. Noch schlimmer ist Saft oder Milch in der Nuckelflasche, da ist Johanna Kant streng: "Die Darreichungsform Flasche ist für die Zähne eine Katastrophe, weil sie mit dem Inhalt dauernd angegriffen werden."
7. Mit Zahnarzt drohen – oder Belohnung ansetzen
Der erste Zahnarztbesuch wird fällig, wenn der erste Zahn kommt. Schon nach der U 5 beim Kinderarzt ist auch die erste Früherkennungsuntersuchung beim Zahnarzt vorgesehen. Die nächsten Termine fallen dann jeweils nach den folgenden U-Untersuchungen an: Die zweite ungefähr dann, wenn alle Schneide- und Eckzähne zu sehen sind, und die dritte, wenn das Milchgebiss komplett ist.
Eltern sollten den Zahnarztbesuch zu einer ganz normalen Sache machen, empfiehlt die Kinderzahnärztin. Also weder damit drohen, noch eine Belohnung ansetzen.
Auf Kinderzahnheilkunde spezialisierte Zahnärzte gibt es nicht allzu viele – Eltern finden sie auf der Seite des Bundesverbands der Kinderzahnärzte (BuKiZ): Kinderzahnarztsuche. Adressen von Zahnärzten, die eine zertifizierte Fortbildung für Kinderzahnheilkunde gemacht haben, gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ): Kinderzahnarztsuche.
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