Zur Weihnachtszeit stehen Spielzeug, Mode oder elektronische Gadgets ganz oben auf den Wunschzetteln. Doch gerade bei Geschenken für Kinder lauern oft versteckte Gefahren: Viele beliebte Produkte – von Plastikspielzeug über Kuscheltiere bis zu elektronischen Geräten – können Stoffe enthalten, die das Hormonsystem beeinflussen, warnt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Besonders besorgniserregend ist laut der DGE, dass das Angebot an Billigartikeln, die ohne strenge Kontrollen in den Handel gelangen, stetig wächst.
Spielzeuge und andere Geschenkartikel werden in der EU regelmäßig auf Schadstoffe kontrolliert – mit alarmierenden Ergebnissen: Laut einem Bericht der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) wurden 2023 bei Kontrollen an über 2.400 Konsumprodukten etwa 18 Prozent wegen verbotener oder bedenklicher chemischer Stoffe beanstandet. Am häufigsten betroffen waren elektrische Spielzeuge, Sportgeräte (z. B. Bälle, Matten) und nicht-elektrische Spielzeuge wie Bade- oder Puppenspielzeug.
Kinder sind besonders gefährdet, da sie Schadstoffe über Haut- und Schleimhaut besonders leicht aufnehmen – vor allem, weil sie Spielzeug oft in den Mund nehmen. ÖKO-TEST zeigt, welche Stoffe besonders problematisch sind und wie Sie gefährliche Chemikalien in Spielzeug und Geschenkartikeln erkennen und vermeiden können.
Die häufigsten Schadstoffe in Geschenkartikeln
Phthalate (Weichmacher)
Weichmacher, besonders Phthalate, werden in vielen weichen Kunststoffen eingesetzt, um diese flexibler zu machen. Sie sind besorgniserregend, weil sie endokrin disruptiv wirken können – das bedeutet, sie können das Hormonsystem beeinflussen und reproduktionstoxisch sein. Das ist besonders bei Spielzeug für Kinder kritisch.
Der am besten untersuchte Vertreter dieser Produktgruppe, DEHP, sowie die drei Phthalate DBP, DIBP und BBP wurden inzwischen EU-weit in Spielzeug und Babyartikeln verboten, sofern ihre Konzentration im weichmacherhaltigen Material des Endprodukts insgesamt 0,1 Prozent (1.000 mg/kg) übersteigt. In den letzten Jahren wurden die Regelungen erweitert, weitere Phthalate sind ebenfalls eingeschränkt, und auch andere Spielzeug- und Elektronikrichtlinien greifen zunehmend auf diese Beschränkungen zurück.
Trotz des Verbots stieß ÖKO-TEST immer wieder auf zu hohe Mengen an Phthalaten in Baby- und Kinderartikeln, etwa im Test von Kindersicherungen, Kinderucksäcken und Schulranzen. Auch in anderer Kinderbekleidung oder Schuhen können Weichmacher enthalten sein. Ein bewusster Verzicht auf Weich-PVC ist daher ratsam.
Darüber hinaus gibt es weitere Phthalate, wie DINP und DIDP, die zwar weniger streng reguliert sind, aber zunehmend als gesundheitlich bedenklich diskutiert werden. Zudem werden Ersatzweichmacher eingesetzt, deren Langzeitwirkungen oft noch nicht ausreichend erforscht sind. Diese Ersatzstoffe sind nicht automatisch unbedenklich.
Typische Spielzeuge: Badeenten, weiche Kunststoffpuppen, Quietschspielzeug, aufblasbare Artikel, Gummibälle, Figuren aus Weich-PVC – insbesondere Billigprodukte mit starkem Geruch oder sehr weichem Material.
Bisphenol A (BPA) und Alternativen
Bisphenol A wird zur Herstellung von Polycarbonat-Kunststoffen und Epoxidharzen verwendet. Es wirkt hormonell (endokrin disruptiv) und kann die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen. Zwar ist BPA in Babyflaschen in der EU inzwischen verboten, es kann aber weiterhin in anderen Produkten vorkommen. Ersatzstoffe wie Bisphenol S (BPS) oder Bisphenol F (BPF) sind ebenfalls problematisch, da sie strukturell ähnlich sind und möglicherweise dieselben hormonellen Effekte haben. Daher sind sie nicht automatisch sicher.
Typische Spielzeuge: Hartplastikspielzeug und Bausteine aus Polycarbonat, Kindergeschirr und Trinkbecher aus Kunststoff, Spielzeug, das Kinder häufig in den Mund nehmen, älteres oder stark beanspruchtes Kunststoffspielzeug.
Bromierte Flammschutzmittel (BFRs)
Bromierte Flammschutzmittel machen Materialien schwer entflammbar, kommen aber wegen ihrer Umwelt- und Gesundheitsrisiken zunehmend in die Kritik. Viele dieser Stoffe bauen sich nur sehr langsam ab, reichern sich im Körper an und können hormonell wirken. Besonders in Importwaren kommen sie weiterhin häufig vor.
Typische Spielzeuge: Elektronisches Spielzeug (Tablets für Kinder, Spielzeug-Laptops, ferngesteuerte Autos), Sitzsäcke, gepolsterte Kinderstühle, textile Produkte mit Flammschutz.
Schwermetalle (Blei, Cadmium)
Toxische Schwermetalle wie Blei und Cadmium können in Metallteilen von Spielzeug oder Schmuck vorkommen. Sie sind giftig, teilweise krebserregend und können besonders die Entwicklung von Kindern schädigen.
Typische Spielzeuge: Metallspielzeug (Autos, Bausteine), Modeschmuck, Spieluhren, elektronische Spielzeuge, Farben und Lacke in Billigspielzeug.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Bestimmte PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) sind krebserregend. Sie können in Gummi- und Plastikmaterialien vorkommen – insbesondere bei günstigen oder älteren Produkten. Sie entstehen auch durch unvollständige Verbrennungsprozesse und können sich in Materialien anreichern.
Typische Spielzeuge: Gummibälle, Fahrradgriffe, aufblasbares Gummispielzeug.
PAK fanden wir bereits in etlichen Spielzeugen, aber auch in diversen anderen Produkten. Zuletzt stießen wir etwa in Puppen und Kindergummistiefeln auf die PAK-Verbindung Naphthalin, die im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen.
Die EU verschärft die Grenzwerte für PAK in Spielzeug und Konsumprodukten kontinuierlich, um das Risiko zu minimieren.
Formaldehyd
Formaldehyd ist ein gasförmiger Stoff, der aus lackiertem Holz oder Spanplatten austreten kann. Er reizt Atemwege und Schleimhäute und gilt als potenziell gesundheitsgefährdend, da er als krebserregend eingestuft ist. Daher sind schadstoffarme Holzwerkstoffe (E0/E1) und Lacke nach Spielzeugnorm DIN EN 71-3 besonders wichtig.
Typische Spielzeuge: Lackiertes Holzspielzeug, Puppenhäuser aus Spanplatten.
PFAS ("Forever Chemicals") und weitere endokrine Disruptoren
PFAS sind langlebige, sehr stabile Chemikalien, die sich im Körper anreichern können. Die EU hat bereits Restriktionen für einzelne PFAS erlassen und verschärft die Anforderungen für Spielzeug – u. a. durch die neue Toy Safety Regulation und den digitalen Produktpass, um problematische PFAS in Konsumprodukten besser zu erfassen und deren Verwendung zu kontrollieren.
Typische Spielzeuge: Outdoor-Spielzeug mit wasserabweisenden Beschichtungen, Kindertextilien (Jacken, Schuhe).
So erkennen Sie schadstofffreie Weihnachtsgeschenke
Die Verbraucherzentrale rät Eltern, Großeltern und Schenkenden, Geschenke – vor allem Kinderprodukte – vor dem Kauf kritisch zu prüfen. Denn Schadstoffe in Spielzeug sind nach wie vor ein reales Risiko. Dabei hilft vor allem ein genauer Blick auf Verarbeitung, Material und Siegel.
1. Spielzeug mit "allen Sinnen" prüfen
Wer Spielzeug kauft, sollte es – falls möglich – schon im Geschäft anfassen, ansehen und sogar daran riechen. Denn mangelnde Materialqualität kann sich schnell bemerkbar machen.
"Prüfen Sie Spielzeug im Geschäft oder nach der Lieferung mit allen Sinnen: Sichtbare, riechbare oder fühlbare Auffälligkeiten bzw. Fehler weisen darauf hin, dass der Hersteller Qualitätsstandards nicht einhält", rät die Verbraucherzentrale.
Ein unangenehmer chemischer Geruch, abfärbende Farben oder scharfe Kanten sind klare Warnsignale.
2. GS- statt CE-Zeichen
"Achten Sie beim Spielzeugkauf auf das GS-Zeichen", rät die Verbraucherzentrale. Das GS-Zeichen steht für eine unabhängige Prüfung, auch auf Schadstoffe – ein entscheidender Unterschied zur bloßen CE-Kennzeichnung.
"Das CE-Zeichen ist kein Prüfzeichen, sondern nur eine Herstellererklärung", erklärt die Verbraucherzentrale. "Trotzdem sollten Sie kein Spielzeug ohne CE-Zeichen kaufen, denn alle Hersteller sind gesetzlich dazu verpflichtet, Spielzeug, das in der EU verkauft wird, damit zu kennzeichnen."
3. Weichmacher vermeiden
Besonders kritisch sieht die Verbraucherzentrale weiche Kunststoffe, weil sie häufig Weichmacher enthalten, die sich aus dem Material lösen und aufgenommen werden können.
"Vermeiden Sie Spielzeug aus weichem PVC, indem Sie auf den Hinweis 'PVC-frei' achten!" Wenn PVC verwendet wird, sollte es zumindest 'phthalatfrei' sein. Noch besser: Kunststoffe wie PE, PP oder ABS, die ganz ohne Weichmacher auskommen.
4. Holz- und Metallspielzeug: Normen beachten
Auch bei Naturmaterialien lohnt sich ein genauer Blick. Holzspielzeug aus massivem, unbehandeltem Holz gilt als gute Wahl. "Bevorzugen Sie Spielzeug aus unbehandeltem Voll- oder Massivholz", so der Rat der Verbraucherzentrale. "Wurde das Holz mit Farben oder Lacken behandelt, sollten diese der Spielzeugnorm DIN EN 71-3 entsprechen."
Metallspielzeug kann hingegen Nickel enthalten, ein häufiges Kontaktallergen. Auch hier rät die Verbraucherzentrale, auf das GS-Zeichen zu achten.
5. Vorsicht bei gebrauchtem Spielzeug
Ein weit verbreiteter Irrtum: Gebrauchte Spielsachen sind automatisch unbedenklich.
"Älteres Spielzeug aus Weichplastik wie Puppen oder weiche Plastikfiguren sollten Sie auf keinen Fall gebraucht kaufen oder sie aus Ihrer Kindheit an Ihre Kinder weitergeben." Denn: "Bis etwa einschließlich 2006 durften noch gesundheitsschädliche Phthalat-Weichmacher in Spielzeug verwendet werden." Gerade bei älteren Kunststoffspielzeugen ist ein neues, geprüftes Produkt oft die sicherere Wahl.
6. Online-Shopping mit Bedacht
Nicht jeder Internetshop ist gleich – die Verbraucherzentrale warnt vor unbekannten Händlern: Achten Sie auf vollständige Produktinformationen, Herstellerangaben und vorhandene Prüfsiegel. Außerdem kann man Prüfnummern von GS-Zertifikaten oft online verifizieren.
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