Ein halbes Jahr Arbeit, vielleicht länger, läge vor ihm, wenn er unsere Anfrage beantworten solle. Dann würde er sich aber um nichts anderes kümmern, klagt Josef Trilling, Geschäftsführer der Schlachtfabrik Tönnies, am Telefon. Warum? Unser Fragebogen zu den Haltungsbedingungen der Schweine, die in den Grillwürstchen verarbeitet wurden, umfasst 40 Fragen - zugegeben, das ist nicht wenig, aber ein halbes Jahr? Nun, zum einen sei er Lieferant von mehreren Produkten im Test, zum anderen liege die Zahl der Landwirte, bis zu denen er die Wurstmasse einer einzigen Charge zurückverfolgen könne, zwischen 100 und mehr als 1.000. Wohlgemerkt, es geht hier nicht um die Zahl der Schweine. Es ist die Zahl der Höfe, auf denen die Tiere aufwuchsen.
Um zu verstehen, warum Großschlachter wie Tönnies, Vion, Westcrown und Co. so viel Arbeit mit einem Fragebogen haben, muss man einmal quer durch Deutschland reisen - ins westfälische Rheda-Wiedenbrück, wo die Schlachtfabrik Tönnies ihren Hauptsitz hat, und dann nach Böklund, kurz vor der dänischen Grenze, wo das Fleisch zu Wurst verarbeitet wird.
Rheda-Wiedenbrück. Ein Stich ist es nur, ein Schnitt - dann läuft das Blut ab, durch einen Schlauch, der an dem Hohlmesser hängt, den der Arbeiter gerade dem Schwein in die Blutgefäße am Herzen gerammt hat. Das Schwein blutet aus, es dauert nur wenige Sekunden. Es hängt, betäubt, am Hinterlauf aufgehängt an einer Rohrbahn, das Transportband fährt an dem Arbeiter vorbei. Zum Sterben hält es nicht an.
Fünf Meter und fünf Sekunden weiter zieht ein anderer Arbeiter das Messer wieder heraus, das Schwein ist tot, das nächste stirbt gerade. Das Messer landet in einer Desinfektionslösung. Ein Stich ist es nur, ein Schnitt. Alle fünf Sekunden, mehrere Tausend mal am Tag - dem "Stecher", so nennt man ihn hier, gegenüber steht ein zweiter, der das Gleiche tut. Fließbandtötung im Akkord. So stirbt in Rheda-Wiedenbrück alle zweieinhalb Sekunden ein Schwein. Am Tag sind es bis zu 26.000.
Das Ende der Schweine wird in einer riesigen Halle besiegelt. Rechts die Ställe, links die Tötung, dahinter die Betäubung. Darüber ein Gestank aus Kot, Ammoniak, Blut und Fleisch, der tief in alle Poren dringt, selbst in die Kleidung unter dem weißen Schutzanzug, den hier jeder trägt. Im Hintergrund monotone Panflötenmusik und das Rattern der Maschinen. Möglichst wenig Höhen, wenig Tiefen soll die Musik haben. Das beruhige die Schweine, sagt Trilling. Die Arbeiter hat es nicht beruhigt, sie hatten irgendwann genug von dem einen Band, das tagein, tagaus lief. Jetzt gibt es eine Playlist, die ist länger.
Angeliefert werden die Schweine in großen Lastwagen, 200, manchmal 250, fahren täglich auf Tönnies Hof. Dort werden die Tiere ausgeladen - ein großes Schild mahnt, sie nicht zu quälen, sonst drohe lebenslanges Hofverbot. Eine Kamera zeichnet die Anlieferung auf, um Verstöße zu ahnden, und um noch einmal nachzählen zu können, wenn ei...