RWE-Proteste zeigen Wirkung: Hambacher Forst sorgt für Ökostrom-Boom

Autor: Andreas Winterer | Kategorie: Bauen und Wohnen | 26.09.2018

RWE-Proteste zeigen Wirkung: Hambacher Forst sorgt für Ökostrom-Boom

Die Praktiken des Kohlestrom-Konzerns RWE im Hambacher Forst haben in vielen Medien und sozialen Netzen die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Stromversorgung gelenkt – und auf die Möglichkeit, zu Ökostrom zu wechseln.

Offenbar setzen viele Menschen angesichts des aggressiven Verhaltens des Kohlekonzerns RWE im Hambacher Wald ein klares Zeichen und vollziehen jetzt ihren "persönlichen Kohleausstieg".

"Die Vertragseingänge für unseren Ökostrom bewegen sich seit dem Beginn der Räumung des Hambacher Waldes auf hohem und sogar wachsendem Niveau", sagt Christoph Rasch von Greenpeace Energy. "Die Zahl der Stromkundinnen und -kunden, die seit dem 14.9. zu Greenpeace Energy gewechselt sind, liegt mittlerweile deutlich im vierstelligen Bereich." Etwas mehr als ein Drittel komme bei Versorgern, die auf die eine oder andere Weise mit RWE verbandelt sind (Eprimo, Innogy, Rheinenergie und andere).

Auch bei anderen Ökostrom-Stromanbietern schlagen Wechselwillige auf. „Die Anzahl der Ökostrom-Wechsler hat sich bei uns allein in der letzten Woche mehr als verdoppelt, verglichen zum Vorjahr“, sagt beispielsweise Florian Henle, Geschäftsführer des Ökoenergieversorgers Polarstern.

Hambacher Forst begünstigt Wechsel-Boom

"In der Tat spüren wir einen gewissen 'Run' auf unseren Ökostrom", bestätigt auch Marco Lenz von Mann Naturenergie. "Dies ist eine Reaktion vieler Menschen auf die aktuellen Ereignisse rund um RWE und den Hambacher Forst. Das bestätigen uns Kunden in ihren Kommentaren im Freifeld."

„Wir sehen aktuell, dass in Deutschland die größte Wechselwelle seit dem Unglück von Fukushima startet“, bestätigt Bürgerwerke-Vorstand Kai Hock. „Aktuell wechseln circa fünf Mal so viele Menschen zu uns wie sonst zu dieser Zeit üblich. Viele Menschen rufen uns an oder schreiben uns, dass sie mit der aktuellen Situation im Hambacher Forst unzufrieden sind. Sie möchten mit ihren monatlichen Stromzahlungen nicht länger den Kohleabbau unterstützen." Mit den Rodungs- und Abbauvorhaben sorge RWE aktiv für die Abwanderung der eigenen Kundschaft.

Auch bei Lichtblick sieht man aktuell eine große Bereitschaft, sich mit dem Thema Ökostrom zu beschäftigen. "Allerdings können wir nicht direkt bemessen, ob sie mit den Ereignissen im Hambacher Forst zusammenhängen", so Unternehmenssprecher Volker Walzer vom Ökostromanbieter Lichtblick. "Die Kommunikation im Direktvertrieb und auf unseren Online-Kanälen zeigt, dass die Verbraucher gerade ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie mit ihrer Entscheidung und der Wahl ihres Stromanbieters einen Weg sehen, etwas zu verändern." Bei Lichtblick hätten ungefähr 50 % der neuen Bürgerstrom-Kunden der letzten Woche von RWE oder von RWE-Tochterfirmen wie Eprimo oder Innogy zu den Bürgerwerken gewechselt.

Ökostrom: Wann wechseln?

Wie kann man nun feststellen, ob man sich einen "persönlichen Kohleausstieg" vornehmen sollte? Es hilft ein genauer Blick auf den eigenen Anbieter, denn jeder Stromanbieter muss offenlegen, wie sich der von ihm gelieferte Strom zusammensetzt und wie hoch die CO2-Emissionen sind, die dabei entstehen.

Das findet man zum Beispiel auf der Unternehmenswebseite. "Einfach das Suchwort Stromkennzeichnung zusammen mit dem Namen des Versorgers eingeben – dann sollte man schnell fündig werden", rät Christoph Rasch. "Meist zeigen dort dann übersichtliche Diagramme, aus welchen Bestandteilen sich der gelieferte Strom zusammensetzt, wie groß etwa der Anteil der Kohle im Mix ist. Und die Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen ziemlich schnell, ob man angesichts dessen lieber wechseln sollte."

Wie viel grüner Strom in einem Angebot tatsächlich enthalten ist, muss der Verbraucher oftmals selbst recherchieren und dabei einiges an Vorwissen mitbringen. So finden sich etwa auf mehreren Internetseiten von Stromanbietern Angaben nach dem Gesetz für erneuerbaren Energien (EEG). Diese werden in bunten Tortendiagrammen dargestellt, die auf Rechnungen beruhen, die einen hohen Anteil „Erneuerbare Energien gefördert nach dem EEG“ ausweisen.

Dieser Wert darf aber nicht mit dem Öko-Stromanteil im Strommix des Versorgers selbst verwechselt werden. Er bezieht sich nämlich lediglich auf die Höhe der im Versorgungsgebiet erhobenen EEG-Umlage, mit der zum Beispiel der Bau von Windrädern und Solaranlagen vom Staat subventioniert wird. Meistens stehen diese Daten dann im Kleingedruckten, z.B. bei Innogy. Der Anbieter Lichtblick hat das in diesem PDF mal transparenter gemacht.

Und wohin wechseln?

Zu welchem Stromanbieter sollte man nun gehen? Zum einen hilft ein Blick auf Ökostrom-Labels wie "Grüner Strom Label Gold" und "OK Power", die Ökotest empfehlen. Empfehlenswert ist auch die Utopia-Liste empfehlenswerter Ökostromanbieter.

Vor allem bietet das aktuelle Öko-Test Sonderheft "Energie" (am Kiosk seit 20.9., hier als ePaper) alles Wissenswerte unter anderem zum Thema Ökostrom, speziell einen aktuellen Test Ökostromanbieter (ab Seite 58, auch als ePaper hier), in dem 20 Anbieter mit "sehr gut" abschneiden. Mit diesen können Wechselwillige nichts falsch machen.