Vegane Kleidung: Trends und Rohstoffe für vegane Mode

Autor: Redaktion | Kategorie: Kosmetik und Mode | 25.08.2020

Vegane Kleidung: Der komplette Verzicht auf tierische Produkte ist auch in der Textilbranche weitestgehend problemlos möglich.
Foto: Shutterstock/CatwalkPhotos

Baumwolle, Fleece, Mikrofaser und Kunstleder, aber auch Hanf, Kork und Algen: Textildesigner experimentieren mit pflanzlichen Stoffen und synthetischen Fasern. Immer mehr Labels bieten vegane Kleidung an. Wir haben mit Designern gesprochen und zeigen, welche Rohstoffe schon jetzt in veganer Kleidung eingesetzt werden.

Der Pullover soll nicht aus Wolle, die Bluse nicht aus Seide, der Schuh nicht aus Leder sein: Vegane Mode ist im Trend. Zwar macht sie noch immer einen verschwindend kleinen Teil der Textilproduktion aus. Aber die Zahl der veganen Labels, Läden und Onlineshops ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Verzichtet wird auf alle tierischen Produkte, also zum Beispiel auf Leder, Wolle, Seide sowie auf Knöpfe aus Perlmutt und Horn.

Vegan ist aber nicht automatisch auch ökologisch: Jedes Polyestershirt darf sich vegan nennen, wenn tierische Fasern fehlen. Manche vegane Alternativen sind sogar ziemlich bedenklich. Im ÖKO-TEST Kunstleder-Handtaschen bewerteten wir beispielsweise mehr als die Hälfte der Modelle mit "ungenügend", drei weitere Exemplare mit "mangelhaft". Ähnliches gilt für vegane Kosmetik, vegane Fleischersatzprodukte oder vegane Fertiggerichte: Auch wenn sie kein Tier enthalten, können sie natürlich durchfallen, wie unsere Tests immer wieder zeigen.

Vegane Kleidung experimentiert mit Materialien

Junge Labels, die Wert auf nachhaltige vegane Mode setzen, experimentieren darum oft mit neuen Materialien wie Hanf, Kork, Algen, Ananasblättern oder Gummi. Die ambitionierten Kleidungsstücke, die daraus entstehen, stellen wichtige Innovationen für die Textilbranche dar. Auch neuartige Fasern aus Naturstoffen kommen zum Einsatz, zum Beispiel das aus Eukalyptusholz hergestellte Lyocell.

"Es gibt nicht die eine Faser oder die eine Technik, die alle Probleme löst", sagte Friederike von Wedel-Parlow, ehemalige Professorin für Nachhaltigkeit in der Mode an der Berliner Esmod, einer im Jahre 2017 geschlossenen, internationalen Kunsthochschule für Mode. Manche vegane Labels setzen auf Re- und Upcycling. "Eine begrüßenswerte Strategie", fand auch von Wedel-Parlow. Das Material einer PET-Flasche werde zwar nicht besser, indem man es wiederverwertet, verweile aber immerhin länger im Konsumzyklus. Das Gleiche gilt für den Verbrauch von Überschussmaterial aus größeren Textilproduktionen, dem häufig praktizierten "Upcyceln".

Friederike von Wedel-Parlow prophezeite schon vor Jahren: Der Markt für vegane Mode wird weiter wachsen – und dennoch ein Unterthema innerhalb nachhaltiger Mode bleiben. Denn zugleich vegan, sozial und ökologisch zu produzieren, ästhetisch sowie qualitativ zu überzeugen und wirtschaftlich Erfolg zu haben, bleibt eine Herausforderung.

PETA macht vor dem Mailänder Dom auf vegane Mode aufmerksam.
PETA macht vor dem Mailänder Dom auf vegane Mode aufmerksam. (Foto: imago/Indenpendent Photo Agency)

Eine Herausforderung, die Christine Mayer aufgenommen hat. "Es ist immer toll, etwas Neues zu entdecken", sagt die Berliner Modedesignerin. Durch einen Bericht im Internet hat die Berliner zur Braunalge gefunden. Die Algen, die sie verwendet, werden vor Island in tausend Meter Tiefe von Robotern geerntet, dann getrocknet, pulverisiert, einer Zellulosefaser beigemischt und zu einem Endlosfaden versponnen. Vom Ergebnis ist Mayer begeistert: "Die Alge hat einen schweren Fall wie Seide und schmiegt sich an wie Kaschmir." In ihrer 'Peace Collection' verarbeitet Mayer die Algen zu Jersey-Produkten.

90 Prozent unserer Kleidung ist vegan

Mayer ist eine von vielen Kreativen in der Textilbranche, die mit neuen, nachwachsenden Fasern experimentieren – aus Neugier und Spaß am Ausprobieren, um sich zu unterscheiden und alternative Wege zu gehen. Viele originelle Ideen sind im Umlauf. Man gewinnt Textilfasern aus Soja, Bambus oder Kork, aus Algen oder Ananasblättern, verarbeitet sie zu T-Shirts, Hemden und Kleidern, Taschen und Schuhen. Manche Materialien werden ausdrücklich als "vegan" beworben – zu Recht.

Eine kleine Anmerkung muss allerdings gemacht werden: "Über 90 Prozent dessen, was in deutschen Kleiderschränken hängt, ist vegan", sagt Hartmut Spiesecke vom Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie. Denn immer noch dominieren Baumwolle und Synthetics den Output der Branche. Der Anteil von Wolle und Seide dagegen liegt regelmäßig unter zehn Prozent.

Vegane Kleidung – geht ins Detail

Wirklich vegan ist ein Kleidungsstück aber nur, wenn auch die Details stimmen. Kein Perlmuttknopf ist erlaubt, keine Lederapplikation an der Jeans. Auch zum Färben, Nähen oder Kleben dürfen nur vegane Produkte verwendet werden. Neben dem Material und der Verarbeitung kommt es aber auch auf den umweltschonenden Anbau der Rohmaterialien und die Wiederverwertbarkeit eines Kleidungsstücks an. Erst wenn vegane Textilien so ökologisch und nachhaltig wie möglich produziert werden, profitiert auch die Umwelt und mit ihr die Tiere, die in ihr leben.

Anita Heiberg, Designerin und Dozentin für Nachhaltigkeit an der Internationalen Universität Esmod in Berlin, begrüßt den weltweiten Trend, mit veganen Textilfasern zu experimentieren. Nicht nur weil die Szene so lebendig und kreativ bleibt. Auch, weil es aus Nachhaltigkeitsgründen wichtig ist, "Vielfalt anzustreben".

Vegane Mode löst nicht alle Probleme

Denn keine der bislang bekannten Fasern kann für sich allein die Probleme lösen, vor denen die Textilbranche steht: Nachwachsende Rohstoffe verbrauchen viel Fläche, die bei steigendem Bevölkerungswachstum für Nahrungsmittel benötigt wird. Monokulturen entstehen. Mitunter kommen, wie bei der Baumwolle, sehr viel Wasser und Pestizide zum Einsatz. Auch synthetische Fasern sind bislang keine zufriedenstellende Alternative. Sie basieren auf Erdöl, und dieser Rohstoff wird knapp. Der Einsatz von Chemie ist hoch und belastet die Umwelt.

Darum ist es sinnvoll, neue Rohstoffe in der Textilherstellung zu prüfen, so Professor Thomas Bechtold vom Forschungsinstitut für Textile Chemie und Textile Physik an der Universität Innsbruck. Zukunft haben seiner Meinung nach vor allem holzbasierte Zellulosefasern, etwa Modal und Lyocell. "Die Fasern werden mit chemischen Verfahren aus Baumrinde gelöst. Der Vorteil: Holz wächst auch in bergigen Regionen, also da, wo im Allgemeinen keine Nahrungsmittel angebaut werden können." Wichtig dabei sei, dass die verwendeten chemischen Lösungsmittel im Verarbeitungskreislauf verbleiben.

V.l.n.r: Weich und anschmiegsam ist die Kleidung, die Christine Mayer aus Algen herstellt – und sie riecht nicht nach Meer und Tang. Anne Trautwein zeigt, dass kuschelige Fleeceschals auch aus Bio-Baumwolle sein können. Die puristische Hemdbluse von Anne Trautweins Firma Luxaa besteht aus Tyvek – einem Kunststoff, der bis zu fünfmal ohne Verlust recycelt werden kann.
V.l.n.r: Weich und anschmiegsam ist die Kleidung, die Christine Mayer aus Algen herstellt – und sie riecht nicht nach Meer und Tang. Anne Trautwein zeigt, dass kuschelige Fleeceschals auch aus Bio-Baumwolle sein können. Die puristische Hemdbluse von Anne Trautweins Firma Luxaa besteht aus Tyvek – einem Kunststoff, der bis zu fünfmal ohne Verlust recycelt werden kann. (Foto: V.l.n.r: Billy und Hells; sebastian donath (2x))

Vegane Kleidung bald aus Kartoffeln und Mais?

Farbstoffe und Fasern aus Lebensmittelresten findet Bechtold ebenfalls hochinteressant. "Aus Früchten und Gemüseresten lassen sich Pektine und viele andere Biopolymere extrahieren, die als nachwachsende Rohstoffe in der Textilherstellung verwendet werden können." Schon jetzt werden Naturfarbstoffe in großem Maßstab aus Weintreber gewonnen. Orangenschalen liefern Orangenöl, das Terpentin ersetzen kann. "Da findet gerade eine Neuorientierung statt. Was früher Abfall war, ist heute ein interessantes Rohmaterial."

In Zukunft könnten Textilfasern auch aus stärkehaltigen Pflanzen hergestellt werden, also aus Kartoffeln, Mais, Weizen oder Erbsen. Das Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen ist bei einem entsprechenden Forschungsprojekt federführend. Im Herbst 2018 hofft man, eine preisgünstige biobasierte Faser, unter anderem für den Bekleidungsmarkt, entwickelt zu haben.

Vegane Kleidung: Tyvek, Lyocell & Co.

Experimentiert wird in der Textilbranche auch mit Chemiefasern synthetischen Ursprungs, die nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip immer wieder aufbereitet werden. Die Designerin Anne Trautwein aus Leipzig hat eine besondere Faser für sich entdeckt. Seit sieben Jahren arbeitet sie mit Tyvek. Das Material ist bereits seit den 60er-Jahren bekannt – ein erdölbasierter Kunststoff, der in der Architektur und im Hygienebereich verwendet wird. Seine Besonderheit: Er ist sortenrein.

Und: Keine Chemie, sondern lediglich Hitze muss eingesetzt werden, um ihn in eine Membran zu verwandeln. Fünfmal, so Anne Trautwein, lasse sich das Material ohne Verlust recyceln, danach kann es zu Schutzhelmen und Wasserrohren "downgecycelt" werden.

Trautwein hat alles Mögliche mit Tyvek ausprobiert und es verstrickt, verwebt, bedruckt. Mehrere Kleidungsstücke aus Tyvek hat sie inzwischen im Programm ihrer Firma Luxaa. Besonders gut verkauft sich das weiße Herrenhemd. Nicht von ungefähr ist es weiß: Das papierne Material lässt sich bisher nicht durchfärben. Luxaa bietet auch ein besonderes Rücknahmesystem an: Einen Einkaufsgutschein bekommt, wer ein Kleidungsstück aus Tyvek zurückbringt.

Kleidung muss recycelbar werden

Synthetische Fasern umweltfreundlich zu recyceln, ist meist nicht einfach. Die Schwierigkeiten werden noch größer, wenn nicht nur eine Faser, sondern ganze Kleidungsstücke wiederverwertbar sein sollen. "In einer Outdoorjacke findet man heute fünferlei Rohstoffe", sagt der Innsbrucker Forscher Bechtold, "die Jacken sind nicht fürs Recycling gemacht." Seine Forderung: "Wir müssen Kleidung so konstruieren, dass wir sie ohne große Schwierigkeiten recyceln können. Textilkonstruktionen müssen auf die Wiederverwertbarkeit viel mehr Rücksicht nehmen."

Sollte das gelingen, gilt es, ein letztes Problem zu lösen: Ist der Lebenszyklus eines Produkts zu Ende, muss es umweltschonend entsorgt werden können. Nachwachsende Rohstoffe sind hier eindeutig im Vorteil, denn sie kompostieren auf ganz natürliche Weise.

Rohstoffe für vegane Kleidung: Ananas bis Rindenhaut

Ein kleines Lexikon mit neun wichtigen Rohstoffen für tierfreie Mode – einige gibt es erst seit wenigen Jahren, andere sind schon seit Jahrzehnten bekannt:

Rohstoffe für vegane Mode im Uhrzeigersinn: Algen, Hanf, Kork und Ananas.
Rohstoffe für vegane Mode im Uhrzeigersinn: Algen, Hanf, Kork und Ananas. (Foto: NaluPhoto/getty images; OpenRangeStock/getty images; 9comeback/Shutterstock; imago/blickwinkel)

Algen: Unter dem geschützten Namen Seacell haben Algen ein winziges, hochpreisiges Segment des Textilmarkts erobert. Die Algen wachsen völlig unbehandelt heran, werden geerntet und getrocknet. In einem rein physikalischen Verfahren entsteht schließlich, zusammen mit Zellulose aus Baumrinde, eine hautfreundliche und anschmiegsame Faser.

Ananasblätter: Die langen Blätter der tropischen Ananas lassen sich zu einem weichen, leichten und flexiblen Material verarbeiten. Die Firma Ananas Anam gilt als Pionier dieser Methode. Das aus den Blättern gewonnene Material Piñatex lasse sich, so die Firmengründerin Carmen Hijosa, leicht schneiden, nähen und bedrucken. Aus Piñatex entstehen Schuhe und Taschen – eine Alternative zu Leder und Kunstfasern. Die Firmen Camper und Puma haben bereits Prototypen daraus gefertigt.

Bambus: Weder Pestizide noch Düngemittel benötigt eine Bambuspflanze für ihr schnelles Wachstum. Aber "Bambus"-Textilien sind in der Regel aus Viskose – und Viskose ist eine aus Zellulose gewonnene, chemisch verarbeitete Faser, auch "natürliche Kunstfaser" genannt.

Nach der Umwandlung in Viskose hat die Faser nur noch wenig mit Bambus zu tun, außer dass die Zellulose des Süßwassergrases vielleicht das Ausgangsmaterial war, was sich aber auch im Labor nicht mehr nachweisen lässt. Eigenschaften, die man mit einer Naturfaser verbindet, wie starke Belastbarkeit oder die Fähigkeit, schnell Feuchtigkeit aufzunehmen, hat Viskose nicht.

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Brennnessel: Die Brennnessel ist ein anspruchsloses Wildkraut der gemäßigten Klimazonen. Im Mittelalter war sie ein wichtiger Rohstoff, aus dem man Taue und Schnüre herstellte. Aus ihren Stängeln können Fasern für Nessel- und Betttücher und andere Textilien gewonnen werden. Als Nutzpflanze in der Textilherstellung hat allerdings die Baumwolle die Brennnessel verdrängt.

Künftig könnte sie aber durchaus wieder an Bedeutung gewinnen, denn die Fasern sind besonders fest und die relativ hohen Erträge lassen sich weiter steigern. Zurzeit wird, so die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, in der Branche mit faserreicheren Sorten experimentiert.

Hanf: Bis ins 19. Jahrhundert war die Pflanze ein wichtiger Rohstoff für die europäische Textilindustrie. Im Bereich der nachhaltigen Mode erlebt sie ein Comeback. Nicht ohne Grund: Hanfstoff ist zwar etwas schwerer als Baumwolle, dafür aber langlebiger und robuster. Das Material nimmt Feuchtigkeit sehr gut auf und wirkt kühlend wie Leinen.

Die Experten der Organisation Made-by, die sich für eine nachhaltige Modeindustrie einsetzt, zählen Hanf aus biologischem Anbau zu den umweltverträglichsten Fasern. Gegenüber der Baumwolle hat Hanf entscheidende Vorteile, denn die Pflanze ist äußerst genügsam, sie wächst schnell, braucht relativ wenig Wasser und ist von Natur aus gegen Schädlinge resistent.

Rohstoffe für vegane Mode im Uhrzeigersinn: Bambus, Kunststoff, Rindenhaut und Brennnessel.
Rohstoffe für vegane Mode im Uhrzeigersinn: Bambus, Kunststoff, Rindenhaut und Brennnessel. (Foto: Subbotina Anna/Shutterstock; Srisakorn/getty images; adrianam13/getty images; ChWeiss/Shutterstock)

Kork: Die Rinde der im Mittelmeerraum verbreiteten Korkeiche wird vereinzelt als Lederersatz verarbeitet, zum Beispiel von Rike Henties aus Lüneburg, die Taschen und Rucksäcke in skandinavisch-schlichtem Design aus dem nachwachsenden Naturstoff produziert. Ebenso wie Henties importiert das Öko-Label Bleed Kork aus Portugal und macht damit Accessoires und sogar Kleidung.

Das Material ist leicht, wärmend und spritzwasserdicht. Der Stoff ist eine mögliche Alternative für Veganer, die sich lederfrei stylen wollen. Korkeichen können aber nur alle acht bis neun Jahre geschält werden, ohne Schaden zu nehmen.

Pilzmyzelien: Mehr wissenschaftliches Experiment als Mode ist das aus Pilzmyzelien kreierte Kleid der Niederländerin Aniela Hoitink. Das Kleid ist nicht zusammengenäht, sondern aus Modulen zusammengesetzt – weil auch Pilzorganismen wachsen, indem sie sich in modularer Form reproduzieren. Durch diesen Aufbau kann man das Kleidungsstück beliebig erweitern oder reparieren. Es gibt keinen Verschnitt, weil nur so viel Material – ohne Chemie und mit geringem Wassereinsatz – gezüchtet wird, wie man braucht. Außerdem kann das Kleid dreidimensional aufgebaut und nach den Wünschen der künftigen Trägerin in Form gebracht werden, während man es herstellt. Hat man keine Verwendung mehr für das Kleid aus Pilzfäden, wird es einfach kompostiert und als Dünger genutzt.

Recycelter Kunststoff: Dass aus leeren PET-Flaschen Pullover werden, ist nicht neu. Schon 1993 produzierte das Outdoorlabel Patagonia Fleecepullis aus recycelten Kunststofftrinkflaschen. Die Idee fiel in der Modebranche auf fruchtbaren Boden. Sowohl ökologisch orientierte als auch konventionelle Unternehmen nutzen Kunststoffabfälle, um daraus Textilfasern zu gewinnen. Längst sind nicht mehr nur PET-Flaschen das Rohmaterial, sondern auch Industrieabfälle, abgelegte Kunstfaserkleidung und alte Teppiche, sogar Plastikschrott aus dem Meer (wobei Kunststoff dort vor allem als Mikroplastik vorkommt).

Das Label Jan 'n June schmilzt sogenannte Geisternetze, im Meer treibende Fischernetze, und Plastikmüll ein und verspinnt sie mit anderen Materialien zu neuen Fäden. Adidas will gerade eine Million Schuhe aus Meeresplastikschrott fertigen. Das Ziel sei es, neu hergestellten Kunststoff völlig aus der Produktion zu verbannen, ließ die Konzernführung des Sportartikelherstellers verlauten.

Kunststoffe möglichst lange und immer wieder zu nutzen, ist sinnvoll, um die Neuproduktion dieser nicht abbaubaren Materialien zu bremsen. 2013 flossen fünf bis acht Prozent des weltweit geförderten Rohöls in die Textilindustrie hauptsächlich, um daraus Polyester, Polyamid- und Polyacrylfasern herzustellen.

Rindenhaut: Einzelne Designer mit afrikanischen Wurzeln, wie José Hendo und Bobby Kolade, arbeiten mit Rindenhaut. Gewonnen wird der terrakottafarbene Naturstoff aus der inneren Borke des Mutuba-Baumes – einer Feigenart. Wenn die Bäume richtig versorgt werden, kann man jahrzehntelang von ihnen ernten.

Der seit Urzeiten von den Baganda im Süden Ugandas gepflegte Herstellungsprozess wurde von der Unesco als kulturelles Erbe der Menschheit anerkannt und ist sehr aufwendig. Das gesammelte Rohmaterial muss stundenlang mit unterschiedlichen Holzknüppeln bearbeitet werden, bis es eine weiche und feine Textur erreicht und optisch an Leder erinnert. Werden die Hersteller in Uganda fair bezahlt, kann die Entdeckung des Naturstoffs für Designermode zumindest in begrenztem Umfang sozial hilfreich sein.

Ganz vegan: Eco4Sneaker von Bleed aus recycelten Materialien.
Ganz vegan: Eco4Sneaker von Bleed aus recycelten Materialien. (Foto: Bleed)

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