Haarsprays im Test: Es gibt Probleme mit bedenklichen Duftstoffen

Ratgeber Kosmetik 10:2010 mit CD | | Kategorie: Kosmetik und Mode | 05.03.2010

Wir haben 20 Haarsprays getestet: Welche Marke schneidet am besten ab?
Foto: fizkes/Shutterstock

Jede vierte Frau - und auch mancher Mann - fixiert die Frisur täglich mit Haarspray. ÖKO-TEST kann von 20 Marken nur fünf Sprays empfehlen. Mehr als die Hälfte der Produkte rauscht mit mangelhaften und ungenügenden Noten durch den Test.

Aktualisiert am 05.03.2010 | Kommt Haarspray mit Druck aus der Dose geschossen, bildet es in der Luft eine Wolke fein verteilter Tröpfchen, auch Aerosole genannt. Ein Teil der Tröpfchen ist mit 20 Mikrometer Durchmesser so klein, dass er nicht von den Schleimhäuten der Nase oder im Rachen zurückgehalten wird, sondern bis in die Atemwege des Brustraums gelangt.

Noch kleinere Teilchen mit einem Durchmesser von fünf Mikrometer und weniger sind sogar lungengängig, sie dringen also bis in die Lungenbläschen vor. Dort werden sie vom Körper als Fremdkörper erkannt, können Entzündungen auslösen und die Selbstreinigung der Schleimhaut stören. Im Extremfall führen sie zu Gewebeveränderungen, sodass die Lunge ihre Funktion - die Aufnahme von Sauerstoff aus der Atemluft - nur noch eingeschränkt erfüllen kann. Beschwerden wie Kurzatmigkeit oder Husten treten auf.

Wie gefährlich sind Haarspray-Tröpfchen?

Im Jahr 2007 veröffentlichte das Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, das die gewerblichen Berufsgenossenschaften unterstützt, einen Artikel mit der Überschrift "Haarspraylunge". Darin beschrieben ist der Fall einer 32-jährigen Friseurin, bei der Nebelaerosole aus der Sprühdose zu schweren Lungenschäden führten. Als entscheidende Substanzen für die sogenannte Haarspraylunge oder Haarspray-Alveolitis nannten die Autoren Filmbildner wie Polyvinylpyrrolidon (PVP), PVP-Polyvinylacetat, Schellack und modifizierte Kunststoffe.

Dieses Krankheitsbild ist aber selten und selbst Friseure haben häufiger andere Beschwerden: 70 Prozent aller Verdachtsmeldungen wegen einer Berufskrankheit betreffen Hautprobleme, die in den meisten Fällen durch den häufigen Kontakt mit Wasser ausgelöst sind, sagt Nico Hohendorf, Sprecher der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.

Haarspray verspricht Halt und Volumen für Hochsteckfrisuren.
Haarspray verspricht Halt und Volumen für Hochsteckfrisuren. (Foto: stockfour/Shutterstock)

Haarspray im Test: Die Mehrzahl ist nicht empfehlenswert

ÖKO-TEST hat 20 Haarsprays in die Labore geschickt. Wir wollten wissen, ob die flüssigen Kleber fürs Haar problematische Inhaltsstoffe enthalten.

So richtig überzeugend waren die Haarsprays nicht: Fünf Produkte - drei davon Pumpsprays und zwei mit Treibgas - bekamen "gute" und "befriedigende" Noten. Mehr als die Hälfte der Testprodukte rauschte jedoch mit "mangelhaft" und "ungenügend" durch den Test. Grund sind bedenkliche und umstrittene Inhaltsstoffe.

In allen 20 Haarsprays stecken Harze oder Polymere als Filmbildner, sie erhalten dafür Minuspunkte. Sprays mit Treibmittel werteten wir stärker als Pumpsprays ab, denn sie erzeugen eine viel größere Zahl von Tröpfchen, die lungengängig sind. Während bei den von uns untersuchten Pumpsprays mit sechs Pumpstößen in drei Sekunden durchschnittlich 53.000 Partikel in einen Liter Luft gingen, waren es bei den Treibgassprays im Schnitt 350.000 Partikel. Der Anteil der lungengängigen Partikel (5 µm und weniger) betrug aber immer rund 99 Prozent, egal ob das Haarspray aus einem Pumpzerstäuber oder einer Treibmitteldose kam.

Für Gehalte des Vergällungsmittels Diethylphthalat gab es acht Mal Punktabzug. Phthalate stehen im Verdacht, wie ein Hormon zu wirken.

Haarspray im Test: Bedenkliche Duftstoffe in vielen Produkten

Alle Haarsprays sind stark parfümiert, in fünf Fällen jedoch mit den Duftstoffen Eichenmoos, Hydroxycitronellal oder Lyral. Diese Substanzen verursachen relativ häufig Kontaktallergien mit unangenehmen Hautrötungen, Juckreiz und Pusteln. Polyzyklische Moschus-Verbindungen, die durch ihre häufige Verwendung in Bodylotions, Waschmitteln und Co. mittlerweile auch in der Muttermilch nachweisbar sind, kritisieren wir in sieben Haarsprays.

Ein Haarspray im Test enthält das Konservierungsmittel Iodopropynyl Butylcarbamate, das in Zahncremes und Lippenstiften verboten ist.

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2010 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Ratgeber Kosmetik für 2010 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Von Schwarzkopf & Henkel, L’Oréal und Co. findet man eine ganze Palette Haarsprays in den Regalen: Es gibt welche für Volumen, Extravolumen und Fülle, für Glanz, für starken, extrastarken und 24-Stunden-Power-Halt, für feines Haar, für gefärbtes und coloriertes Haar, für Männer, dazu noch mildes und sensitives Haarspray oder duftneutrales. Da Haarspray für normales Haar und für Volumen mit starkem und ultrastarkem Halt am beliebtesten ist, haben wir 21 solcher Sprays eingekauft. Das Gros wird in Metalldosen mit Treibmittel angeboten. Daher sind nur sechs Produkte mit Pumpzerstäuber im Test, obwohl wir fast alle Pumpsprays, die in den Läden angeboten werden, eingekauft haben.

Problematische Inhaltsstoffe ... sind bei Haarsprays sogenannte Filmbildner: Sie können mit dem feinen Haarspraynebel in den Atemtrakt und bis in die Lunge gelangen, dort deponiert werden, die Schleimhaut reizen und ihren Selbstreinigungsmechanismus stören. Partikel, die 20 Mikrometer (μm) und weniger messen, sind einatembar; Partikel mit einem Durchmesser von 5 μm und weniger gelten als lungengängig, gelangen also bis in die Lungenbläschen. Die Zahl der Partikel und ihre Größe ist durch die Technik, mit der das Haarspray vernebelt wird, beeinflussbar. Weil wir wissen wollten, was im heimischen Bad tatsächlich in die Luft geht, haben wir aktuell und im letzten Test Haarsprays (ÖKO-TEST-Magazin 2/2004) alle Pumpsprays und mehr als 30 Treibmittelsprays in einem kleinen badezimmerähnlichen Raum versprühen und Partikel bis zu einer Größe von 20 μm messen lassen.

Die Bewertung: Filmbildner in Sprayaerosolen sind – unerheblich, ob sie wie Schellack natürlicher Herkunft sind oder wie Acrylate aus dem Labor stammen – problematisch. Daher kann ein Haarspray mit Pumpzerstäuber bestenfalls "gut" abschneiden und eins mit Treibmittel allenfalls mit der Note "befriedigend" aus dem Test gehen. Weitere Minuspunkte gibt es – wie bei anderen Kosmetika auch – für bedenkliche UV-Filter, die im Tierversuch wie ein Hormon wirken, oder für umstrittene Emulgatoren wie PEG/PEG-Derivate.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Filmbildner in Sprays mit Treibgas; b) halogenorganische Verbindungen; c) bedenkliche UV-Filter (Ethylhexyl-Methoxycinnamate); d) mehr als 1.000 mg/kg Diethylphthalat; e) Duftstoffe, die Allergien auslösen können (Eichenmoos, Baummoos, Isoeugenol, Cinnamal); f) mehr als 10 mg/kg polyzyklische Moschus-Verbindungen. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: b) Filmbildner in Pumpsprays; b) PEG/PEG-Derivate; c) Duftstoffe, die Allergien auslösen können (Cinnamylakohol, Hydroxycitronellal, Lyral), falls nicht schon wegen Eichenmoos abgewertet wurde; d) mehr als 10 bis 1.000 mg/kg Diethylphthalat.

Das Gesamturteil beruht auf dem Test der Inhaltsstoffe. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen des Produkts nicht überprüft haben.

Testmethoden

Testmethoden: Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie. Diethylphthalat/Duftstoffe, die Allergien auslösen können/weitere Duftstoffe/Nitromoschus-Verbindungen/polyzyklische Moschus-Verbindungen/ Majantol: Extraktion mit TBME, GC-MS. Halogenorganische Verbindungen: Reinigung der Proben mit Kieselgel, Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Mai 2009

Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2010 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Ratgeber Kosmetik für 2010 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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