Frischen Schnee essen? Keine besonders gute Idee

Autor: Lino Wirag | Kategorie: Kinder und Familie | 01.12.2023

Schnee essen: Auch frischer Schnee kann Schadstoffe enthalten
Foto: Shutterstock / Switlana Sonyashna

In vielen Regionen Deutschlands liegt derzeit Schnee. Kinder stecken sich den Schnee gerne mal in den Mund. Viele Eltern fragen sich, ob man Schnee essen darf oder ob die weiße Pracht für Kinder bedenklich ist. Was Sie dazu wissen sollten.

In Deutschland hat es in den vergangenen Tagen vielerorts geschneit. Für viele Kinder wird damit ein kleiner Traum wahr: Sie können Schlitten fahren und Schneebälle werfen. Manch verspieltes Kind lutscht an Eiszapfen oder steckt sich Schnee in den Mund und lässt die Flocken auf der Zunge schmelzen.

Spätestens dann wollen viele Eltern wissen, ob das wirklich unbedenklich ist. Bei offensichtlich verschmutztem Schnee ist klar, dass man ihn nicht essen sollte. Aber gilt das auch für frischgefallene Flocken, die sich beispielsweise auf Zweigen und Kühlerhauben niederlassen? Darf man diesen Schnee bedenkenlos in den Mund stecken?

Frischer Schnee kann Feinstaub aufnehmen

Schnee kann, genauso wie Regen, auf dem Weg zur Erde Schadstoffe aus verschmutzter Luft aufnehmen. Sind die Feinstaubwerte gerade hoch, wird sich dieser nicht nur in der Atemluft, sondern auch in frischem Schnee wiederfinden.

Auch das Umweltbundesamt (UBA) weist auf mögliche Belastungen hin: "Regenwasser und Schnee sind keine Nahrungsmittel und nicht keimfrei: Eine Belastung ist zum Beispiel über den Luftpfad mit Verbrennungsprodukten, Stäuben oder mikrobiellen Aerosolen denkbar."

2016 veröffentlichten kanadische Wissenschaftler eine Studie, nach der sich Schnee schnell mit Feinstaub und anderen gesundheitsgefährdenden Substanzen anreichert, denen er ausgesetzt wird. In einer Kältekammer hatten die Forscher dazu frischen Schnee mit Abgasen bedampft, die bei der Verbrennung verschiedener Benzinsorten anfallen. Nach einer Stunde konnte eine erheblich höhere Belastung mit Fremdstoffen festgestellt werden.

Eine neuere Studie aus dem Jahr 2018 untersuchte zahlreiche Schneeproben aus Nordirland auf potenziell bedenkliche Bakterien. Der frisch gefallene Schnee war unter anderem in Grünanlagen, Gärten oder auf Wegen aufgesammelt worden. Die Forscher stießen dabei auf ganz unterschiedliche Bakterienstämme. Zwar war keiner der Befunde vollkommen unerwartet oder gar alarmierend, dennoch schreiben die Forscher: "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schnee eine Vielzahl von Bakterien enthält, von denen viele in der Lage sind, Infektionen zu verursachen, insbesondere bei immungeschwächten Personen." Eine klare Empfehlung – etwa die, Kinder keine Schneeflocken mehr mit der Zunge fangen zu lassen – sprechen die Wissenschaftler damit aber nicht aus.

Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Selbst wenn Schnee keine Schmutzpartikel oder Bakterien enthält, ist er noch nicht zwingend gut für den Körper. Frischer Schnee enthält nämlich – im Gegensatz zu Leitungswasserkeine Mineralien oder Elektrolyte. Geschmolzener Schnee ähnelt deshalb destilliertem Wasser: Trinkt man dieses in großen Mengen, werden dem Körper Mineralien und Elektrolyte entzogen. Auch kann der übermäßige Verzehr von Schnee den Körper herunterkühlen, was nicht jedem Organismus gut bekommt.

Schnee kann Salz, Split und Tierkot enthalten

Liegt Schnee erst einmal am Boden, verschmutzt er natürlich mehr und mehr. Kot und Urin von Tieren können Schnee belasten aber auch Rollsplit.

Ein weiteres Problem: Streusalz. Es ist nicht nur schädlich für die Umwelt, wenn es in Grundwasser und Böden gelangt. Es kann auch zu Erbrechen und Durchfall führen, wenn es in großen Mengen aufgenommen wird. Verschmutzungen durch Salz sind nicht immer mit bloßem Auge zu erkennen.

Frischen Schnee zu essen ist verlockend – gesund ist es eher nicht.
Frischen Schnee zu essen ist verlockend – gesund ist es eher nicht. (Foto: Shutterstock/lp-studio)

Darf man Schnee essen?

Aus den genannten Gründen sind Kinder und Erwachsene gut beraten, zumindest keine größeren Mengen Schnee zu sich zu nehmen. Das Umweltbundesamt hält eine "geringfügige Aufnahmemenge von Regenwasser aus Schnee für gesundheitlich in den meisten Fällen unbedenklich", ergänzt aber: "Schnee eignet sich in keinem Fall als Trinkwasserquelle."

Die kanadischen Forscher, die 2016 die genannte Feinstaubstudie durchgeführt hatten, raten übrigens dazu, in abgasreichen Regionen gar keinen Schnee in den Mund zu stecken. 

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