- Zwölf Aloe-vera-Gele im Test können wir mit Bestnote empfehlen.
- Weil es Formaldehyd/-abspalter enthält, fällt ein Aloe-vera-Gel durch. Formaldehyd ist als vermutlich krebserregend eingestuft.
- Gut zu wissen: Ein hohe Konzentration Aloe vera im Gel bedeutet nicht automatisch eine große Wirkstoffdichte.
Aktualisiert am 10.12.2020 | Entzündungen lindern, Insektenstiche beruhigen, sonnengestresste Haut kühlen, Schnittwunden heilen. Kurzum: Haut ohne Stress – das versprechen hochkonzentrierte Gele aus Aloe vera. Der Wüstenpflanze werden seit Jahrtausenden besondere Heilkräfte nachgesagt, und sie genießt deshalb in Kosmetikprodukten ein ebenso hohes Vertrauen wie in Lebens- und Arzneimitteln.
Doch während sie in Cremes und Lotionen häufig nur in winzigen Dosen vorkommt, werben die Aloe-vera-Gele in unserem Test mit Konzentrationen des Blattsaftes von bis zu 100 Prozent. Aloe und sonst nichts – kann das sein? Nein. Allein schon, weil der Pflanzensaft ohne Konservierung schnell verderben würde. Wir haben 18 Produkte eingekauft und geprüft, was wirklich drinsteckt.
Aloe-vera-Gel im Test: Zwölf Gele sind "sehr gut"
Das Ergebnis: Zwölf Aloe-vera-Gele im Test haben zwar mit "sehr gut" abgeschnitten und zwei können wir immerhin mit "gut" empfehlen. Doch am anderen Ende der Tabelle fällt ein Produkt krachend durch, weil unser Labor Formaldehyd/-abspalter darin gefunden hat.
Formaldehyd/-abspalter sind nicht gerade das, was sich die Kundin von einem stresslindernden Aloe-vera-Gel erwartet. Denn Formaldehyd kann bereits in geringen Mengen die Schleimhäute reizen und Allergien auslösen. Und weil es inzwischen offiziell als "vermutlich krebserregend beim Menschen" klassifiziert wurde, ist es in Kosmetika verboten.
Das gilt allerdings nicht für Formaldehydabspalter, die Formaldehyd in gebundener Form enthalten und allmählich freisetzen können. Sie sind nach wie vor als Konservierungsmittel zugelassen. Solche Abspalter stehen jedoch nicht auf der Liste der Inhaltsstoffe. Wir können also nur vermuten, aus welcher Quelle das Formaldehyd stammt: Eine plausible Erklärung wäre, dass es in der Vorkonservierung der Rohstoffe eingesetzt wurde.
Bedenkliche Duftsoffe in Aloe-vera-Gel gefunden
Doch damit nicht genug. In dem Produkt hat das von uns beauftragte Labor auch bedenkliche Duftstoffe gefunden: den synthetischen Duftstoff Lilial, der sich im Tierversuch als fortpflanzungsschädigend erwiesen hat, sowie Galaxolid, einen künstlich erzeugten Moschusduft. Galaxolid reichert sich im Fettgewebe von Mensch und Tier an, verbreitet sich überall in der Umwelt und ist in nahezu allen deutschen Flüssen zu finden.
Weitere Kritik bezieht sich auf PEG-Verbindungen, die wir in drei Aloe-vera-Gelen im Test gefunden haben. Das Problem: Sie können die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen.
Aloe vera: Direktsaft oder Pulverkonzentrat?
Die kosmetischen und medizinischen Verheißungen des Wundergewächses Aloe vera sind zahlreich: Nicht umsonst schreiben nahezu alle Anbieter in unserem Test auch den Aloe-Gehalt – quasi als Qualitätsmerkmal – an prominenter Stelle auf die Verpackung. Nur: Kunden werden keineswegs schlau draus.
Warum kostet das Gel der Marke Balea mit 90 Prozent Aloe vera 1,95 Euro für 200 Milliliter, das der Marke Santaverde aber für die gleiche Aloe-Konzentration und Menge 37,98 Euro? Und was ist davon zu halten, wenn beispielsweise Jean & Len "100 Prozent Aloe vera Gel" auf die Flasche schreibt, auf der Liste der Inhaltsstoffe Aloe barbadensis aber erst an sechster Stelle auftaucht?
Das hängt auch mit den Verarbeitungsschritten zusammen, die zwischen der Ernte der Pflanzen und dem fertigem Produkt liegen: Santaverde gehört zu jenen wenigen Herstellern in unserem Test, die das Mark aus dem Aloe-Blatt zu einem Direktsaft verarbeiten und so auch ins Gel mischen. Weil dieser Saft unter anderem noch konserviert werden muss, kann das Naturkosmetik-Unternehmen, das mit eigenen Plantagen in Andalusien zu den Aloe-Pionieren gehört, nicht höher konzentrieren.
Oft wird Pulverkonzentrat aus Aloe vera eingesetzt
Sehr viel häufiger setzen die von uns getesteten Produkte Aloe vera in Form eines Pulverkonzentrats ein. Dazu wird der Saft aus dem Blattmark in mehreren Verarbeitungsschritten erhitzt und anschließend entweder gefrier- oder sprühgetrocknet.
Das ist für die Hersteller leichter zu verarbeiten und birgt weniger Risiken, was die Konservierung der hochempfindlichen Aloe-Blätter angeht. Vor allem aber: Dieses Blattpulver kann später im Gel in beliebiger Form rückverdünnt oder auch überkonzentriert werden. Um eine solche Überkonzentration handelt es sich beispielsweise beim Gel von Jean & Len.
Aloe-vera-Gehalt steht nicht für Wirkstoffdichte
Übrigens: Ein sehr hoher Aloe-vera-Gehalt steht nicht automatisch für eine sehr hohe Wirkstoffdichte. Denn wie viele Stoffe in der Aloe wirken, das scheint unter anderem von der Qualität des geernteten Rohstoffs abzuhängen.
Ein Zucker namens Aloverose gilt dabei als besonders aussagekräftig für die Wirkstoffdichte der jeweiligen Pflanze, weil an ihn verschiedene andere Substanzen gekoppelt sind. Der Aloverose-Gehalt von einem Aloe-Blatt zum anderen unterscheidet sich nämlich durchaus: Er ist umso höher, je weniger die Pflanze gedüngt und gewässert wurde. Auch das Alter des geernteten Blattes und die klimatischen Bedingungen der Plantage spielen eine Rolle, heißt es.
Der Streit um die Wirkstoffe des Blattmarks
Ob das Filet aus dem Blattinneren schließlich zu einem Direktsaft oder einem Pulverkonzentrat verarbeitet wird, hat keinen Einfluss auf den Aloverose-Gehalt, versichern uns Rohstofflieferanten, die diese Werte regelmäßig nachmessen. Dem halten Verfechter des Direktsaftes entgegen: Die Aloverose mag den diversen Verarbeitungsschritten zum Pulverkonzentrat vielleicht standhalten, nicht aber die Gesamtheit der übrigen 200 Wirkstoffe, die in dem Blattmark gefunden wurden.
Und auf deren ganzheitliches Zusammenspiel komme es schließlich an. Doch mit diesem Argument befindet man sich bereits im Reich des Glaubens – denn wissenschaftliche Belege gibt es dafür bislang nicht.
Auf die Deklaration können Verbraucher sich bei der Form des eingesetzten Rohstoffs jedenfalls nicht verlassen: Die Hälfte der Hersteller im Test deklarieren "Aloe Barbadensis Leaf Juice" – obwohl sie auf unsere Nachfrage hin angeben, Pulverextrakt einzusetzen.
Was Sie über Aloe-vera-Gel wissen sollten
ÖKO-TEST Ratgeber zu Aloe-Vera-Gelen:
- Aloe-vera-Gele sind gute Urlaubsbegleiter – sie kühlen leichten Sonnenbrand oder lindern Mückenstiche. Zwölf "sehr gute" Gele können Sie beruhigt in den Koffer packen.
- Ein hohe Konzentration Aloe vera im Gel bedeutet nicht automatisch eine große Wirkstoffdichte. Denn die hängt auch von der Qualität der Rohstoffe ab.
- Lieber nicht die Aloe-Blätter in Eigenregie verarbeiten: Unter der Blattschale verbirgt sich krebsverdächtiges Aloin. In industriell erzeugten Kosmetikprodukten scheint Aloin nicht problematisch zu sein. Die "Filets" aus dem Blattinneren müssen hier sorgfältig herausgeschält und von Aloin-Resten befreit werden.
Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail lesen Sie im ePaper.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2020 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kosmetik für 2021 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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