Aktualisiert am 10.10.2014 | Immer wieder kommt es vor, dass gerade Neu-Gebissträger anfänglich schier verzweifeln. Nach sieben Tagen mit einer Oberkieferprothese und einer Unterkieferteilprothese sei zwar das Sprechen etwas besser geworden, aber er lispele immer noch sehr und es sammele sich sehr viel Speichel an. "Nach dem Schlucken gehts wieder für fünf Worte. Es ist sehr anstrengend und ich mag gar nicht mehr sprechen", klagt ein Betroffener.
Ein anderes häufiges Problem ist der Halt der Dritten. Teilprothesen füllen größere Lücken zwischen noch vorhandenen Zähnen. Sie werden an diesen Zähnen oder an Implantaten befestigt, zum Beispiel mit Metallklammern, lassen sich aber jederzeit herausnehmen. Alternativ lassen sie sich auch mit Teleskopkronen fixieren, die auf die natürlichen Zähne aufgesetzt werden.
Viele Prothesenträger behelfen sich mit Haftcreme
Vollprothesen werden eingesetzt, wenn in einem oder beiden Kiefern überhaupt keine Zähne mehr vorhanden sind. Sie bestehen zumeist komplett aus Kunststoff. Grundsätzlich finden Oberkieferprothesen mehr Halt als ihre Gegenstücke im Unterkiefer. Sie liegen nicht nur auf dem Kieferkamm, sondern auch auf dem Gaumen auf, und saugen sich an der Gaumenschleimhaut fest. Hingegen hat die hufeisenförmige Unterkieferprothese deutlich weniger Kontaktfläche, außerdem wird sie von der Zunge leicht aus der Position gedrückt.
Damit die Prothesen gut funktionieren, müssen sie gut an die Kiefer angepasst sein. Im Laufe der Zeit verändern sich allerdings die Kieferkammverhältnisse - der Knochen kann schwinden - und die Prothese muss dann wieder angepasst ("unterfüttert") werden, um Druckstellen oder ein Verrutschen zu verhindern.
Viele Prothesenträger versuchen, sich mit Haftcremes zu behelfen. Gut 30 Millionen Packungen im Wert von rund 85,7 Millionen Euro wurden im Jahr 2013 gekauft.
Haftcremes im Test: Der Großteil enthält Problemstoffe
Im ÖKO-TEST: zehn Haftcremes aus Apotheken und Drogerien. Die Mittel wurden einem Praxistest unterzogen und im Labor auf problematische Inhaltsstoffe analysiert. Außerdem haben wir die Deklaration geprüft. In der Praxisprüfung erreicht keine Haftcreme ein "sehr gut" - die Haftcreme, die gut zu handhaben, gut haftend und sicher in der Anwendung ist, gibt es nicht. Mit problematischen Inhaltsstoffen verderben sich viele Produkte bessere Noten.
Unter standardisierten Bedingungen unterscheiden sich die Cremes deutlich in ihrer Haftkraft. Bewertet haben wir Messungen an einem Unterkiefermodell aus Gips, weil gerade die Unterkieferprothese aufgrund ihrer geringen Auflagefläche eher zum Verrutschen neigt als die Oberkieferprothese.
Haftcreme im Test: Haftung lässt zu wünschen übrig
Da die Laborprüfung von einem idealisierten Zustand von Prothese und Gaumen ausgeht, sollten natürlich auch unsere Freiwilligen die Haftung ihrer Dritten bei Gebrauch der verschiedenen Cremes beurteilen. Die Erfahrungen der Probanden mit den getesteten Haftcremes führten mehrheitlich zu "guten" Bewertungen. Lediglich für drei Produkte reichte es nur zu einem "befriedigend". Hinsichtlich des sicheren Sitzes der Prothese beim Essen und beim Sprechen gab es Abstriche unter anderem für eine Haftcreme. Ein Proband beschrieb seine Erfahrungen so: "Hält keine Mahlzeit aus, egal ob warm oder kalt."
In der Handhabung, die das Auftragen, Dosieren, Verteilen und die Konsistenz umfasste, kamen lediglich zwei der getesteten Haftcremes nicht über ein "befriedigend" hinaus. Vor allem eine zu flüssige oder zu feste Konsistenz bereitete Probleme. In puncto Verträglichkeit lag ein weiteres Produkt mit einem "befriedigend" am Ende des Testfeldes. Von einem "brennenden Gefühl am Zahnfleisch" sprach gar ein Teilnehmer. Das Abspülen der Haftcreme von der Prothese nach Gebrauch gestaltete sich häufig schwierig. "Man muss zum Teil richtig kräftig kratzen", monierte ein Tester, als "sehr putzaufwendig" beschrieb ein anderer die getestete Haftcreme, vom Anbieter als die "einzige wasserunlösliche Haftcreme" angepriesen, die "klebt anstatt nur zu haften".
Erhöhter Zinkgehalt in einer getesteten Haftcreme
Bevor man sich selbst mit Haftcreme behilft, um den Sitz der Prothese zu verbessern, sollte man regelmäßig beim Zahnarzt vorstellig werden und neben der Mundschleimhaut auch den Sitz der Prothese kontrollieren lassen. Einen entsprechenden Hinweis auf den Verpackungen halten wir daher für angebracht - fanden ihn aber nur auf vier der zehn getesteten Produkte.
Lediglich ein Produkt erreicht im Testergebnis Inhaltsstoffe ein "sehr gut". Sie enthält nur Spuren von Paraffinen, während alle Konkurrenten im Test zu rund einem Drittel aus diesem Erdölprodukt bestehen. Da nicht auszuschließen ist, dass der Gebissträger Teile der Haftcreme verschluckt, besteht die Möglichkeit, dass die Paraffine sich in Leber, Niere und Lymphknoten anreichern. Etliche Produkte sind mit einem halogenorganischen Farbstoff rosa eingefärbt, ein weiteres Produkt mit dem Azo-Farbstoff Azorubin, der Allergien auslösen kann. Zudem enthält eine der Haftcremes im Test knapp 18 Gramm Zink pro Kilogramm. Das bedeutet zwar noch keine unmittelbare Gesundheitsgefahr. Der übermäßige Gebrauch eines zinkhaltigen Haftmittels über längere Zeit kann zu einem Kupfermangel führen.
Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin 4/2014 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Jahrbuch für 2015, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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