Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) Münster und Stuttgart haben Milchpulver für Säuglinge untersucht. Die Ämter konnten in zahlreichen Produkten eine Mineralölbelastung nachweisen. Vor diesem Hintergrund warnte die Verbraucherorganisation Foodwatch erneut vor gesundheitsgefährdenden Mineralölen in Baby-Milchpulvern. Foodwatch forderte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf, die betreffenden Produkte aus dem Verkehr zu ziehen.
Erneut Mineralöl in Baby-Milchpulver gefunden
Auch ÖKO-TEST macht immer wieder auf Mineralöl-Verunreinigungen in sensiblen Lebensmitteln aufmerksam. Über Mineralöl in Milchpulver für Säuglinge berichteten wir zum ersten Mal im Mai 2019 – lange vor den Untersuchungsergebnissen der Ämter, die erst jetzt bekannt wurden. Nach uns hatte Foodwatch ebenfalls einen Labortest durchgeführt und im Oktober 2019 gleichfalls Verunreinigungen in Milchpulver nachgewiesen (siehe unten).
Unseren Babynahrungs-Test haben wir in einer aktualisierten Fassung zuletzt im Jahrbuch Kinder und Familie für 2020 veröffentlicht. Sie finden den Test und alle Ergebnisse hier:
Die staatlichen Labore in Münster und Stuttgart kamen, wie nun bekannt wurde, zu ähnlichen Ergebnissen wie ÖKO-TEST und Foodwatch. Die Testergebnisse der Ämter, die in einem Fall aus dem Januar 2020 stammen, wurden von Foodwatch (hier und hier) veröffentlicht.
MOSH/MOAH-Verunreinigungen in Milchpulver
Das CVUA Münster untersuchte 50 Proben und fand in allen gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH), die sich u.a. im menschlichen Fettgewebe und der Leber anreichern. Mit MOSH treten auch MOSH-Analoge auf, deren genaue gesundheitliche Risiken noch nicht geklärt sind. Das CVUA Stuttgart fand MOSH in 12 von 17 getesteten Proben. Aus unserer Sicht sollten vorsichtshalber alle Verbindungen aus der MOSH-Gruppe in Lebensmitteln minimiert werden.
In 14 der 50 Proben wies das Labor in Münster zudem aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nach. Zu MOAH zählen auch Verbindungen, die unter Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Insgesamt wiesen die beiden staatlichen Labore laut Foodwatch in 92 % der Proben eine Belastung mit MOSH und in 21 % MOAH-Verunreinigungen nach.
Mineralöl in Milchpulver: Betroffene Produkte
In folgenden Milchpulver-Produkten wurden aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nachgewiesen:
- Nestlé: BEBA Pro HA 2; BEBA Supreme Pre, von Geburt an; BEBA Optipro 2; BEBA Optipro 1; BEBA Pro HA 1, von Geburt an; BEBA Pro HA Pre
- Novalac: Säuglingsmilchnahrung PRE 400g; Säuglingsspezialnahrung BK Blähungen und Koliken
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Humana: SL Spezialnahrung bei Kuhmilchunverträglichkeit; Anfangsmilch 1 von Geburt an
- Rossmann: Babydream Kinderdrink ab 1 Jahr
Auch die von ÖKO-TEST beauftragten Labore wiesen 2019 erhöhte Mineralöl-Mengen in fast jeder Babynahrung im Test nach. Vier Pre-Nahrungen fielen deshalb durch. Sie finden den Test und alle Ergebnisse hier:
Mineralöl-Verunreinigungen: Hersteller-Reaktionen
Die deutsche Milchkontor GmbH (DMK), ein großes Molkereiunternehmen, zu dem auch der Hersteller Humana gehört, bezog laut Spiegel Stellung zu den Laborergebnissen und wies zurück, verunreinigte Produkte auf den Markt zu bringen.
Nestlé macht in einer Stellungnahme klar, dass die Testergebnisse vom Jahresbeginn stammen und "sich auf Rezepturen (beziehen), die wir nicht mehr produzieren." Nestlé kannte die Testergebnisse bereits, erklärte aber, die Behörden seien von keiner Gesundheitsgefahr ausgegangen. Rossmann und Novalac, in deren Produkten ebenfalls Mineralölverunreinigungen nachgewiesen wurden, antworteten dem Spiegel nicht.
Oktober 2019: Auch Foodwatch weist Mineralöl nach
Mineralöl-Verunreinigungen in sensiblen Lebensmitteln – ein Thema, auf das ÖKO-TEST immer wieder aufmerksam macht. Nun hat die Verbraucherorganisation Foodwatch nachgezogen und drei Labore beauftragt, Babymilch unterschiedlicher Hersteller mit verschiedenen Analysemethoden auf Mineralöl zu untersuchen.
Die Ergebnisse, die vor Kurzem veröffentlicht wurden, erschrecken. Laut Foodwatch sind drei von vier in Deutschland eingekaufte Produkte mit aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) verunreinigt. Zu MOAH zählen auch Verbindungen, die unter Verdacht stehen, Krebs zu erregen.
Betroffen sind:
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Nestlé Beba Optipro Pre (800 g), MOAH-Belastung: 3,0 mg/kg (Chargennummer: 91120346AA)
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Nestlé Beba Optipro 1 (800 g), MOAH-Belastung: 1,9 mg/kg (Chargennummer: 9098080621)
- Novalac Säuglingsmilchnahrung Pre (400g), MOAH-Belastung: 0,5 mg/kg (Chargennummer: A5952275)
Keine MOAH-Rückstände fanden sich laut Foodwatch in Nestlé Beba Optipro 3 (800g).
Belastete Nestlé-Säuglingsmilch bereits bekannt
Auch unser Babynahrungs-Test hatte gezeigt, dass das kritisierte Nestlé Beba Optipro Pre mit MOAH verunreinigt war. MOAH sind eine Gruppe von Stoffen, von denen einige möglicherweise krebserregend sind und die zum Beispiel aus Druckfarben in Lebensmittel übergehen können. Um welche MOAH-Verbindungen es sich in der Nestlé-Nahrung handelte, ließ sich im Test nicht ermitteln.
In dem getesteten Nestlé-Produkt fanden sich außerdem Verunreinigungen mit den gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen MOSH/POSH, weshalb ÖKO-TEST das hochpreisige Milchpulver (8,72 Euro für 500 Gramm) insgesamt mit "mangelhaft" bewertete. Die Test-Ergebnisse zu allen anderen Produkten finden Sie hier:
Nestlé reagierte auf die Testergebnisse von ÖKO-TEST zu Nestlé Beba Optipro Pre mit zwei Gutachten. Demnach wurden in einem Probenmaterial, das laut Nestlé der getesteten Produktcharge zugeordnet werden könne, keine Mineralölbestandteile nachgewiesen. Unser Labor bestätigte uns jedoch, dass das von uns eingekaufte Produkt zweifelsfrei eine Verunreinigung mit Mineralöl aufweist.
Auch Nachbarländer betroffen
Einige Monate später ist Foodwatch nun zu sehr ähnlichen Ergebnissen gekommen. Anders als ÖKO-TEST haben die Verbraucherschützer aber auch Babymilch-Produkte in Frankreich und den Niederlanden untersuchen lassen. In den Nachbarländern zeigte sich ein vergleichbares Bild: Dort wurden in fünf von zwölf untersuchten Produkten MOAH gefunden, unter anderem in Pulvern von Danone und Nestlé (in Frankreich) und Hero Baby (in den Niederlanden).
Foodwatch spekuliert, dass die MOAH-Verunreinigungen von Weißblechdosen stammen, die als Verpackung verwendet wurden. Bei der Dosenproduktion werden Walz- und Schneidöle verwendet.
ÖKO-TEST gegenüber hatte Nestlé im Test erklärt, dass bei der Verarbeitung der Milchpulverdosen nur Öle verwendet würden, die gemäß der europäischen Norm EN10202 spezifisch für den Lebensmittelkontakt geeignet seien. Nestlé schloß eine Verunreinigung des getesteten Produktes durch die Verpackung daher aus.
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