Gewürze im Test: Viele Produkte enthalten Pestizide

ÖKO-TEST Oktober 2011 | | Kategorie: Essen und Trinken | 30.09.2011

Gewürze im Test: Welche Hersteller sind empfehlenswert?
Foto: Andrii Horulko/Shutterstock

Im Gewürzregal kommt die ganze Welt zusammen. Aber leider nicht nur in puncto Geschmack, sondern auch in Sachen Pflanzenschutzmittel. Zum Glück gibt es auch unbelastete Produkte.

Es sind nur winzige Mengen, die niemanden umbringen. Doch im Gewürzstreuer kommen sie gleich in Gruppen zusammen: Spuren von Pestiziden, meist gesundheitsschädliche Stoffe, die überall auf der Welt eingesetzt werden. Sie sollen Pflanzen vor Insekten, Pilzen oder Unkraut schützen.

Während sich bei frischem Obst und Gemüse in den vergangenen Jahren viel getan hat, sind Gewürze offenbar weiter das Sorgenkind im Supermarkt: Schon im Jahr 2005 hat ÖKO-TEST bei einer Pestiziduntersuchung bis zu neun verschiedene Chemikalien pro Produkt gefunden, teils auch in stark erhöhten Mengen. Keine Einzelfälle: Bei den Kontrollen des Landesbetriebs Hessisches Landeslabor fangen die Behörden am Frankfurter Flughafen regelmäßig Gewürze ab, die besser nicht in die Läden kommen sollten: Curryblätter aus Indien, Chili aus Ägypten, Sellerieblätter aus Thailand. Bei manchen Waren wird mehr als jede zweite Probe beanstandet. 

Gewürze im Test: Wie entstehen die Verunreinigungen?

Aber warum sind gerade Gewürze oft auffällig, während es sich vielerorts im Obst- und Gemüsehandel durchgesetzt hat, dass gesetzliche Höchstmengen nicht voll ausgereizt werden und auch nur eine geringe Anzahl verschiedener Stoffe in einem Produkt vorkommen darf? Ein Problem ist die Vermischung.

Gerhard Weber, Geschäftsführer vom Fachverband der Gewürzindustrie, erklärt, wie sich zum Beispiel ein Paprikapulver zusammensetzen kann: Eine Sorte aus Brasilien für den Grundgeschmack, eine Spur Chili aus Indien für die Schärfe, eine Portion fruchtiger Paprika aus Ägypten. "Und dabei wurden höchstwahrscheinlich auch schon die Grundzutaten im Herkunftsland gemischt", sagt Weber.

Gewürze wie Paprika, Curry und Oregano gehören in vielen Haushalten zu den Klassikern.
Gewürze wie Paprika, Curry und Oregano gehören in vielen Haushalten zu den Klassikern. (Foto: Susie Smith/Shutterstock)

Das Trocknen der Gewürze als Problem 

Ein weiteres Problem ist das Trocknen: Winzige Rückstände konzentrieren sich so. Im Produkt tauchen dann plötzlich Chemikalien auf, die man in der vermeintlich sauberen Rohware gar nicht nachweisen konnte. Zwischen Anbau und Verkauf kann zudem viel Zeit vergehen. Da ändern sich zwischenzeitlich auch mal die gesetzlichen Höchstmengen. 

Wir wollten wissen, ob Sie sich beliebte Gewürze wirklich unbedenklich in Ihr Essen streuen können. Im Test: Zehn Mal Paprika - das wir je nach Verfügbarkeit mal als rosenscharfe, mal als edelsüße Variante gekauft haben, zehn Mal Oregano und zehn Mal die beliebte Gewürzmischung Curry. In von uns beauftragten Laboren haben wir auf problematische Stoffe testen lassen.

Gewürze im Test: Kritik an enthaltenen Pestiziden

Das Testergebnis: Mit Bio sind Sie tendenziell auf der sicheren Seite. Mit "sehr gut" schneiden fast nur Bio-Produkte ab. Acht Gewürze - alles konventionelle Produkte - fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch den Test, darunter auch bekannte Markenprodukte.

Durch Gewürze erhält jedes Gericht eine individuelle Note.
Durch Gewürze erhält jedes Gericht eine individuelle Note. (Foto: MaraZe/Shutterstock)

Das Hauptproblem sind die Pestizide. Und zwar nicht mal verboten hohe Mengen. Es haben sich einfach enorm viele Spuren aufsummiert: Bis zu 15 Stoffe stecken in einem Produkt. Niemand kann garantieren, dass Mehrfachrückstände harmlos sind. Und deshalb werten wir auch Spuren ab, wenn fünf oder mehr Wirkstoffe nachgewiesen wurden. Das giftige Begasungsmittel Ethylenoxid, das im Lager vor Keimen schützen soll, wurde beispielsweise in einem Currypulver nachgewiesen. Allerdings in einer Menge, die noch unter dem zulässigen Wert liegt.

Unkrautvernichtungsmittel in einem Gewürz im Test

Für Currypulver gibt es keine gesetzliche Pestizid-Höchstmenge - wohl aber für die einzelnen Zutaten. Um die Pestizidfunde einordnen zu können, haben wir deshalb die Hersteller um die Rezepturen gebeten. Streng vertraulich, versteht sich. Nur wenige Hersteller haben aber ihr Rezept preisgegeben. Bei allen anderen blieb uns nichts anderes übrig, als nach den beiden Hauptzutaten zu gehen, meist Kurkuma und Koriander.

Konsequent werten wir noch ein weiteres Curry scharf ab. Es ist als Bio-Produkt deklariert, was auch heißt: "frei von Pestiziden". Nur sehr geringe Spuren toleriert die Branche. Das von uns beauftragte Labor fand im Curry aber eine Menge des Unkrautvernichtungsmittels Linuron, die sieben Mal höher liegt als dieser noch akzeptable Wert. Das werten wir unter den weiteren Mängeln um vier Noten ab. Denn man kauft ja gerade Bio-Ware, um keine Pestizidrückstände zu bekommen.

(Foto: ÖKO-TEST)

Einige Gewürze im Test enthalten Bakterien

Allergenalarm! In vier Proben fand das von uns beauftragte Labor Senf oder Sellerie, obwohl das nicht in der Zutatenliste stand und auch sonst nicht vor Spuren dieser Allergene gewarnt wurde. Das ist zwar nicht vorgeschrieben, trotzdem dürfte doch bekannt sein, dass auch kleine Mengen dieser Lebensmittel allergische Reaktionen auslösen können.

Bakterien - aber kein EHEC. Erhöhte Mengen des Bakteriums Bacillus cereus fanden wir in zwei Oreganoproben. In größeren Mengen als den von uns gefundenen, kann dieser Keim Lebensmittelvergiftungen auslösen. Die gute Nachricht: Wir haben vorsorglich alle Currypulver, die Bockshornkleesamen enthalten, auch auf EHEC-Erreger untersuchen lassen. In keinem wurde der gefährliche Darmkeim nachgewiesen.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Je zehn Produkte Paprika, Currypulver und Oregano haben wir sowohl als konventionelle Ware als auch in Bio-Qualität eingekauft. Darunter auch speziellere Curry-Mischungen. Außerdem achteten wir darauf, dass von jeder großen Ladenkette zumindest ein Produkt im Test ist.

Die Inhaltsstoffe: Mit verschiedenen Screeningverfahren hat das von uns beauftragte Labor nach mehr als 500 Pestiziden gesucht. Außerdem ließen wir Paprika und Curry auf Rückstände des giftigen Begasungsmittels Ethylenoxid untersuchen. Bei Oregano funktioniert dies aber nicht, da das Kraut selbst geringe Mengen dieses Stoffes bilden kann, was die Analyse stört. Weiter haben wir nach Keimen und Schimmelpilzgiften suchen lassen.

Die Bewertung: Welche Pestizidmengen in einem Gewürz enthalten sein dürfen, ist gesetzlich geregelt. ÖKO-TEST wertet bei bestimmten Stoffen aber schon ab, wenn ein Teil der Höchstmenge ausgeschöpft ist. Auch eine Vielzahl verschiedener Spuren werten wir ab. Bei einer Gewürzmischung wie Curry kann man Pestizidrückstände aber nur korrekt bewerten, wenn man die Rezeptur der Mischung kennt. Wir haben deshalb jeden Hersteller um die Rezeptur gebeten und anhand dieser unsere Bewertung vorgenommen. Hat uns der Hersteller die Rezeptur nicht mitgeteilt, haben wir uns nach den beiden Hauptzutaten gerichtet.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um fünf Noten: Der Gehalt eines Pestizids in einem Currypulver, der einem Wert über der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge der beiden im Zutatenverzeichnis zuerst genannten Zutaten entspricht (in der Tabelle "sehr stark erhöht"). Dabei wurde sich an der höheren der beiden Rückstandshöchstmengen orientiert. Hat der Anbieter auf Nachfrage eine Rezeptur vorgelegt, wurde die Höchstmenge für die Rezeptur bestimmt und zugrunde gelegt, berechnet anhand der Rückstandshöchstmengen der Einzelzutaten und deren Verhältnis. Zur Abwertung um drei Noten führt: 15 in Spuren nachgewiesene Pestizide. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) der Gehalt eines Pestizids, der über 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge erreicht, wenn diese bei 0,02 mg/kg oder höher liegt (in der Tabelle "stark erhöht"); b) der Gehalt eines Pestizids in einem Currypulver, der über 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge der beiden im Zutatenverzeichnis zuerst genannten Zutaten entspricht, wenn diese bei 0,02 mg/kg oder höher liegt (in der Tabelle "stark erhöht"). Dabei wurde sich an der höheren der beiden Rückstandshöchstmengen orientiert. Hat der Anbieter auf Nachfrage eine Rezeptur vorgelegt, wurde die Höchstmenge für die Rezeptur bestimmt und zugrunde gelegt, berechnet anhand der Rückstandshöchstmengen der Einzelzutaten und deren Verhältnis; c) 10 bis 14 in Spuren nachgewiesene Pestizide; d) mehr als 0,05 mg/kg Ethylenoxid nachweisbar (in der Tabelle: "Begasungsmittel nachweisbar: ja"); e) der Nachweis von Senf und/oder Sellerie, wenn diese Inhaltsstoffe weder im Zutatenverzeichnis aufgeführt sind, noch auf das Vorkommen dieser Allergene hingewiesen wird. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Der Gehalt eines Pestizids, der über 10 bis 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge erreicht, wenn diese bei 0,1 mg/kg oder höher liegt (in der Tabelle "erhöht"); b) der Gehalt eines Pestizids, der über 20 Prozent bis 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge erreicht, wenn diese bei 0,05 mg oder höher, aber unter 0,1 mg/kg liegt (in der Tabelle "erhöht"); c) der Gehalt eines Pestizids in einem Currypulver, der über 10 bis 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge der beiden im Zutatenverzeichnis zuerst genannten Zutaten erreicht, wenn diese bei 0,1 mg/kg oder höher liegt (in der Tabelle "erhöht"). Dabei wurde sich an der höheren der beiden Rückstandshöchstmengen orientiert. Hat der Anbieter auf Nachfrage eine Rezeptur vorgelegt, wurde die Höchstmenge für die Rezeptur bestimmt und zugrunde gelegt, berechnet anhand der Rückstandshöchstmengen der Einzelzutaten und deren Verhältnis; d) der Gehalt eines Pestizids in einem Currypulver, der über 20 bis 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge der beiden im Zutatenverzeichnis zuerst genannten Zutaten erreicht, wenn diese bei 0,05 mg/kg oder höher liegt (in der Tabelle "erhöht"). Dabei wurde sich an der höheren der beiden Rückstandshöchstmengen orientiert. Hat der Hersteller auf Nachfrage eine Rezeptur vorgelegt, wurde die Höchstmenge für die Rezeptur bestimmt und zugrunde gelegt, berechnet anhand der Rückstandshöchstmengen der Einzelzutaten und deren Verhältnis; e) fünf bis neun in Spuren nachgewiesene Pestizide; f) ein Gehalt von präsumtive Bacillus cereus von mehr als 1.000 KBE/g, was dem Richtwert der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) für getrocknete Kräuter und Gewürze entspricht.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um vier Noten: Der Gehalt eines Pestizids in Bio-Ware, der mehr als 0,02 mg/kg erreicht. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe in der Verpackung; b) Auslobung von Selbstverständlichkeiten: Der Hinweis "laut Gesetz ohne Geschmacksverstärker, Aromen oder Rieselhilfen"; c) eine als kompostierbar ausgelobte Kunststoffverpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note, ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten.

Testmethoden

Gesamtkeimzahl, aerob: ISO 4833: 2003 mod. Escherichia Coli: ASU L 06.00-36 mod. Schimmelpilze: ISO 7954: 1987. Präs. Bacillus cereus: ASU L 00.00-33. Mesophile sulfitred. Clostridien: ASU L 06.00-39 mod. Salmonellen: ASU L 00.00-20 mod. Enterohämorrhagische E. Coli (EHEC): Methode: PCR. Aflatoxine: DIN EN 14123 : 2008 mod. Untersucht wurde auf: Aflatoxine B1, B2, G1, G2. Ochratoxin A: DIN EN 14132 : 2009 mod. Sellerie und Senf: Real-Time-PCR. Pestizide: DFG S19, ASU § 64 LFGB L.00.00-34; LC-MS/MS-Screening, ASU § 64 LFGB L00.00-113. Ethylenoxid: ASU § 64 LFGB L53.00-01. PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe: Röntgenfluoreszenzanalyse. Steht bei Analyseergebnissen "nein" bedeutet das "unterhalb der Nachweisgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Einkauf der Testprodukte: Juli 2011

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