Kinderbetten im Test: Die Hälfte ist empfehlenswert

Jahrbuch Kleinkinder 2017 | | Kategorie: Kinder und Familie | 19.01.2017

Kinderbetten im Test: Die Hälfte ist empfehlenswert

Weitgehend sicher sind die aktuellen Kinderbetten, wie unser Test zeigt. Mit der Verarbeitung sind wir jedoch nicht immer einverstanden. Und ein Bett enthält sogar einen Schadstoff, der nicht erlaubt ist.

Sicherheitsmängel an Kinderbetten treten immer wieder auf. Ausschließen soll dies die Norm DIN EN 716. Wie wichtig die Norm ist, verdeutlicht Norbert Vogt von der Uni Kiel, der für ÖKO-TEST die Kinderbetten einer Praxisprüfung unterzog. Er wirkt im DIN-Arbeitsausschuss mit und führt mit seinem Team seit über 20 Jahren vergleichende Warentests durch.

"Die Norm berücksichtigt in ihren Vorgaben Unfall- und Verletzungsrisiken, die dem Laien häufig absurd erscheinen. Statistiken belegen jedoch, dass es immer wieder zu Unfällen mit dramatischem Ausgang kommt." Als Beispiel für Gefährdungspotenziale nennt Vogt die hohen Einstellungen des Bettenbodens und warnt: "Seien Sie sich der geringen Brüstungshöhe bewusst und versäumen Sie nicht den Zeitpunkt, den Bettboden tiefer einzustellen, sobald das Kind beginnt, sich aufzusetzen." Die sinnvollen normativen Vorgaben, so Vogt, sollten auch nicht durch Zubehör wie großvolumige Plüschtiere, die dem Kind ein Aufsteigen ermöglichen, "ad absurdum geführt" werden.

Kinderbetten im Test: Fünf schneiden "sehr gut" ab 

ÖKO-TEST hat zehn Kinderbetten eingekauft und unter die Lupe genommen. Bei der Prüfung auf Sicherheit und Stabilität legten wir unter anderem auch die Norm DIN EN 716 zugrunde. Zudem untersuchten wir die Verarbeitungsqualität, Ergonomie und Handhabung sowie auf Schadstoffe in Holz und Lack.

Das Ergebnis: Die Hälfte ist zu empfehlen. Fünf der Betten schneiden mit "sehr gut" ab. Eines ist "ungenügend", der Rest Mittelmaß.

Der Abstand und die Festigkeit der Gitterstäbe, ein großes Manko in früheren Tests, sind bei keinem der Betten zu bemängeln. Auch die Böden und Seitenteile sind stabil. Sicherheitsrelevante Mängel weisen aber zwei Kinderbetten im Test auf.

Die Hälfte der Betten hat Verarbeitungsmängel. Mal ist die Lackierung oder Beschichtung schlecht, mal stehen die Einsatzmuttern vor oder sind die Gewinde defekt. Der Lattenrost eines Bettes besteht lediglich aus dünn gepressten Mitteldichten Faserplatten (MDF), der eines anderen ist bloß mit dünnen Drahtstiften gesichert. Im Praxislabor zeigte sich, dass eine MDF-Leiste schon bei relativ geringer Krafteinwirkung von 300 Newton bricht und dass die Drahtstifte leicht herauszuziehen sind.

Kinderbetten: Es fehlen Warnhinweise 

Den meisten Betten liegen ziemlich magere Aufbauanleitungen bei. In drei Fällen fehlen die von der DIN EN 716 vorgegebenen Warnhinweise, zum Beispiel keine Gegenstände im Bett zu lassen, durch die Erstickungs- oder Strangulierungsgefahr besteht. Der Aufbau ist dennoch bei allen Betten einfach.

Im Lack einer oberen Seitengitterleiste weist ein Kinderbett einen Gehalt an Diisononylphthalat auf, der den EU-Grenzwert überschreitet. Die obere Leiste stuft die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) als einen Produktteil ein, den vor allem zahnende Kinder für längere Zeit in den Mund nehmen können. Aus unserer Sicht hätte das Bett mit einer derartigen Lackierung nicht verkauft werden dürfen. Diese Einschätzung teilt auch der Landesbetrieb Hessisches Landeslabor.

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So haben wir getestet

Der Einkauf

Wir haben zehn Kinderbetten meist in der hierzulande gebräuchlichsten Größe von 140 mal 70 Zentimeter eingekauft, das günstigste kostete 119 Euro, das teuerste 499 Euro. Alle Testmodelle sind sogenannte mitwachsende Betten, also mit höhenverstellbarer Bodenplatte. Fast alle lassen sich später von einem Kleinkindbett in ein Juniorbett umbauen. Sieben Modelle besitzen aus dem Seitengitter herausnehmbare Sprossen.

Die Praxisprüfung

Kinderbetten müssen einiges aushalten. Sobald die Kleinen sich aufrichten können, springen sie zum Spaß auch mal auf der Matratze herum oder zerren an den Gitterstäben. Das von uns beauftragte Praxislabor überprüfte die Sicherheit der Betten, ob sie den Anforderungen der Norm DIN EN 716:2013 entsprechen. Es testete, ob Kinder nicht mit dem Kopf im Seitengitter stecken oder an hervorstehenden Teilen hängen bleiben können. Die Böden mussten eine Dauerhaltbarkeitsprüfung überstehen, die Seitenteile wurden auf ihre Festigkeit überprüft, die Gitterstäbe mussten einer Belastungsprüfung standhalten. Die Experten kontrollierten die Verarbeitungsqualität, die Nutzung der Verstellmöglichkeiten, die Ergonomie und Handhabung sowie den Zeitaufwand für die Montage. Zudem maßen sie die Herstellerangaben nach und prüften die Gebrauchsanweisung auf ihre Verständlichkeit.

Die Inhaltsstoffe

Kinderbetten sind sehr unterschiedlich beschaffen. Manche bestehen aus Massivholz, für Teile werden auch Pressspan oder MDF-Platten verwendet. Die Holzbestandteile haben wir darauf prüfen lassen, ob sie Formaldehyd ausgasen. Lackierte und beschichtete Komponenten ließen wir auf problematische Phthalate und Weichmacher, umstrittene halogenorganische Verbindungen sowie Schwermetalle und andere Elemente testen, Kunststoffbestandteile auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen.

Die Bewertung

Ein gutes Bett muss sicher sein. Dafür sollte es nicht nur in der Praxisprüfung gut abschneiden, sondern auch frei von eindeutig gesundheitsrelevanten Schadstoffen sein. Ein schlechtes Testergebnis Inhaltsstoffe kann damit ein Kinderbett mit einer guten Praxisprüfung im Gesamturteil verschlechtern.

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