Vom klassischen Schaumstoffmodell über die selbst aufblasende Variante bis hin zur Luftmatratze mit integrierter Pumpe: Die Auswahl an Schlafunterlagen ist riesig. Nicht selten wird die anfängliche Freude über den Kauf aber getrübt:
In Internetforen liest man von unangenehmen, chemischen Gerüchen, die Campern beim Auspacken so mancher Ausrüstung entgegenschlagen. Kein Wunder also, dass sich einige Outdoor-Fans neben Größe, Gewicht und Isoliergrad auch Gedanken über die Schadstoffbelastung ihrer portablen Schlafstätten machen. Schließlich haben sie des Nachts stundenlang Körperkontakt mit den Kunstfasern, schwitzen und atmen unmittelbar an ihrer Oberfläche.
Schädliche Substanzen als Problem
Und tatsächlich: Bei der Herstellung der Matten kann sich ein ganzer Cocktail schädlicher Substanzen zusammenbrauen. Alarmierende Schadstofffunde in unseren vergangenen Tests und Schlagzeilen wie "Chemie für Gipfelstürmer", mit denen etwa der Outdoor-Report 2013 von Greenpeace schockierte, zeigen, dass die Produktionsprozesse in der Branche längst nicht immer so grün und fair sind, wie die Werbung das suggeriert.
Einige Produzenten wollen dem angeschlagenen Image mit gezielten Maßnahmen entgegenwirken. Das baden-württembergische Unternehmen Vaude, das offensiv mit einer ökologischen Unternehmenspolitik wirbt, legt beispielsweise laut eigener Aussage Wert darauf, dass Lieferanten sich mindestens an gesetzliche Vorgaben und Standards wie OEKO-TEX 100 oder die ISO-Normen 14000 halten. Mit dem selbst entwickelten sogenannten "Green Shape Standard" bewerte man zudem Herkunft und Produktion der Roh- und Hilfsstoffe, erklärt Unternehmenssprecher Benedikt Tröster.
Ähnlich verfährt auch Jack Wolfskin mit seinem "Green Book", mit dem das Unternehmen den Einsatz bestimmter Substanzen bei der Herstellung seiner Produkte regelt, wie Melanie Kuntnawitz von Jack Wolfskin mitteilt.
Isomatten: Was sagt das Siegel Bluesign aus?
Doch auch wenn einige Hersteller positive Signale senden - an einheitlichen Qualitätslabels kann man sich beim Isomattenkauf kaum orientieren. Etwas Licht ins Dunkel bringen Siegel wie Bluesign, an dessen Anforderungen sich Unternehmen wie Vaude, Mammut und Jack Wolfskin orientieren.
Bluesign Technologies, eine Firma aus der Schweiz, hat Grenzwerte für Chemikalien und Vorgaben für Produktions- und Arbeitsabläufe bei der Textilveredelung festgelegt. Wer das Bluesign-Label (www.bluesign.com) erhalten möchte, muss beim Färben, Bedrucken und Beschichten seiner Produkte einige Regeln einhalten - bestimmte Fasern, Chemikalien, Farbstoffe oder Hilfsmittel dürfen nicht eingesetzt werden.
An zertifizierten Produkten ist ein blaues Stoffschild angenäht. Darauf steht entweder "Bluesign Product", wenn neben den Textilien auch Komponenten wie Knöpfe, Reißverschlüsse oder Schnallen überprüft wurden, oder "Bluesign Approved Fabric", wenn mindestens 90 Prozent der verwendeten Textilien die geforderten Kriterien erfüllen. Zum Teil sind die Bluesign-Grenzwerte sehr streng, häufig aber weniger streng als die Abwertungsgrenzen, die ÖKO-TEST anlegt.
Isomatten im Test: Zwei fallen durch
In unserem letzten Isomatten-Test aus dem Jahr 2004 zeigten sich eklatante Mängel: Knapp zwei Drittel der getesteten Produkte waren so schadstoffbelastet, dass wir vom Kauf dringend abraten mussten. Damals waren es vor allem hohe Mengen zinnorganischer Verbindungen, die uns Kopfschmerzen bereiteten.
Auch vor Weichmachern und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) strotzten einige Schlafunterlagen nur so. Nun wollten wir wissen, ob die Branche dazugelernt hat. Wir haben erneut 16 Matten eingekauft und in den Laboren prüfen lassen.
Das Ergebnis: Fast die Hälfte der Isomatten meistert unseren Test dieses Mal mit der Bestnote "sehr gut". Drei weitere sind mit "gut" ebenfalls empfehlenswert. Nur zwei Matten fallen mit "ungenügend" eindeutig durch - auf diesen möchte wohl niemand auch nur ein kurzes Nickerchen machen. Vor allem bei einer Matte im Test trauten wir unseren Augen kaum: Diese Schadstoffbombe weist in fast allen Bereichen überhöhte Werte bedenklicher Substanzen auf.
Kritik an zinnorganische Verbindungen
In zwei Isomatten im Test finden sich stark erhöhte Dioktylzinn-Werte. Einige zinnorganische Verbindungen sind sehr giftig und in der Umwelt nur schwer abbaubar. Im Juni 2010 hat die EU in der REACH-Verordnung Tributyl- und Triphenylzinn, im Januar 2012 auch Dioktyl- und Dibutylzinn in Mengen größer als 0,1 Prozent Zinn in Artikeln oder Teilen davon verboten.
In den meisten Matten finden sich in diesem Test erfreulicherweise nur Spuren zinnorganischer Verbindungen. Aber es geht noch besser: Eine getestete Matte kommt sogar ganz ohne diese Substanzen aus. Das sollte anderen Herstellern – insbesondere den beiden Testverlierern – als Beweis dafür dienen, dass eine zinnorganikfreie Produktion durchaus möglich ist.
Nur geringe Mengen PAK in den meisten Isomatten
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind in der Kunststoff- und Gummiproduktion ein großes Problem. Sie entstehen bei jeder Verbrennung; einige von ihnen sind stark krebserregend. Naphthalin etwa ist Bestandteil von Teer und Erdöl. Es hat sich im Tierversuch als kanzerogen erwiesen und steht im Verdacht, das Erbgut zu schädigen.
In den meisten Isomatten haben wir nur sehr geringe Mengen PAK gefunden. In drei Matten sind die Naphthalin-Werte allerdings so hoch, dass wir sie abwerten. In einer weiteren Matte findet sich ebenfalls ein erhöhter PAK-Gehalt. Gerade bezüglich der PAK-Grenzwerte berufen sich einige Hersteller auf die Einhaltung des OEKO-TEX 100-Standards - das ist zwar richtig, aber ÖKO-TEST bewertet besonders bedenkliche Schadstoffe zum Teil noch kritischer.
Chlorierte Verbindungen in Hauptmaterial von zwei Matten
Weich und bequem hat nicht selten einen bitteren Beigeschmack. Denn damit Kunststoffe geschmeidig werden, benutzen manche Hersteller Weichmacher aus der Gruppe der bedenklichen Phthalate. Diese Stoffe werden verdächtigt, die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen und wie ein Hormon zu wirken.
In einer Isomatte im Test haben wir einen erhöhten Gehalt an Dipropylheptylphthalat (DPHP) nachgewiesen. Es hat sich im Tierversuch als schädlich für Schilddrüse und Hirnanhangsdrüse erwiesen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) fordert deshalb sogar ein Verbot von DPHP. Um die Belastung mit diesen umstrittenen Phthalaten zu vermeiden, greifen andere Produzenten zu Ersatzweichmachern wie DEHT oder das von BASF entwickelte DiNCH, über deren Wirkung auf den Menschen allerdings noch wenig bekannt ist. Wissenschaftliche Untersuchungen liegen nur wenige vor - für DiNCH, das von BASF unter dem Namen Hexamoll vertrieben wird, wurde bisher nur eine Studie vom Chemiekonzern selbst in Auftrag gegeben.
In dem Hauptmaterial der beiden Testverlierer haben wir chlorierte Verbindungen gefunden. Sie bilden in der Müllverbrennung gesundheitsschädliche Dioxine und belasten die Umwelt bei der Herstellung und der Entsorgung. Nachgewiesen haben wir chlorierte Verbindungen außerdem im Ventil einer anderen Matte sowie in den Packsäcken zweier Matten.
Tipps zur Auswahl einer Isomatte
- "Damit der Rücken beim Campen entlastet wird und die Muskulatur locker bleibt, sollte man für Wärme sorgen. Deshalb ist neben der Isomatte auch ein Schlafsack wichtig. Wer auf Platz und Gewicht achten muss, sollte trotzdem eine etwas dickere Matte wählen. Seitenschläfer sollten ein Kissen einpacken, damit ihr Kopf nicht absinkt", erklärt Ramin Nazemi, Orthopäde in Essen und Vorstandsmitglied des Orthopädennetzwerks orthonet-NRW.
- Wohin geht die Reise? Wer im Sommer auf einer weich bewachsenen Wiese nächtigt, dem wird vermutlich ein einfaches, dünnes Modell ausreichen. Die Klettertour am Bergmassiv stellt da schon höhere Anforderungen an die Schlafunterlage. Während einer Nacht auf hartem Felsboden wird der Rücken für eine Polsterung dankbar sein. In die Kaufentscheidung einfließen sollte auch die Haltbarkeit: Schon ein einziges spitzes Steinchen kann einer luftgefüllten Matte zum Verhängnis werden. Hier könnte eine Kombination die Lösung sein: Eine untergelegte Schaumstoffmatte kann die Luftmatratze vor Beschädigungen schützen.
- Welche Temperaturen herrschen vor Ort? Bei der Isolierleistung gibt es große Unterschiede. Mit dem sogenannten R-Wert wird der Wärmedurchgangswiderstand einer Isomatte gekennzeichnet. Je höher der Wert, desto besser isoliert die Matte bei kalten Temperaturen. Er reicht bei handelsüblichen Matten im Schnitt von 0 bis 6 - ab einem R-Wert von 4 gelten Matten als wintertauglich. Übrigens: Der R-Wert ist kumulativ. Das heißt, dass sich die Werte zweier aufeinanderliegender Isomatten addieren.
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