13 Grillfleisch-Marken im Test

Unter aller Sau

ÖKO-TEST Juli 2015 | | Kategorie: Essen und Trinken | 26.06.2015

13 Grillfleisch-Marken im Test

Schweine leiden sechs Monate lang - von ihrer Geburt an bis zur Schlachtung: Die Haltung der etwa 60 Millionen jährlich in Deutschland geschlachteten Tiere ist von "artgerecht" weit entfernt. Und die Branche mauert; zugeben will die Missstände kaum einer. Immerhin: Bio ist besser.

Wenn das marinierte Nackensteak auf dem Grill brutzelt und es dazu Kartoffelsalat und Bier gibt, ist ein Gedanke ganz weit weg: der an das Schwein. Und das nicht ohne Grund: Das Produkt Fleisch ist längst entfremdet von seinem Ursprung, dem Tier. Die riesigen Schlachtfabriken haben sich draußen auf der grünen Wiese angesiedelt, weit weg von den Blicken der Konsumenten; auch die Höfe, auf denen Tausende von Tieren auf engstem Raum "produziert" werden, öffnen ihre Tore ungern. Und das abgepackte und marinierte Steak erinnert nur wenig an das Tier, gar nicht an seine Haltungsbedingungen.

Das Leben eines Schweins, das wir hier aufzeichnen, ist kein Schreckensszenario, keine unrühmliche Ausnahme. Es ist ein in der konventionellen Haltung völlig durchschnittliches Bild. Es ist der "Produktionszyklus", das Leben eines von knapp 60 Millionen Schweinen, die jedes Jahr in Deutschland geschlachtet werden. Hygienisch, effizient und kostengünstig.

Das Ferkel

Zwei, manchmal drei Tage alt ist das Ferkel, wenn ihm der Ringelschwanz ohne Schmerzmittel, ohne Betäubung zu einem Drittel abgeschnitten wird. Das sogenannte Kupieren ist verboten, eigentlich. Nur im Einzelfall, heißt es im Tierschutzgesetz, und nur nach tierärztlicher Indikation dürfen Körperteile ganz oder teilweise amputiert werden. Von Einzelfällen kann in der konventionellen Tierhaltung aber keine Rede sein. "Das Schwänze kupieren ist absoluter Standard im Schweinestall", sagt Lisa Wittmann, Fachreferentin von der Tierschutzorganisation PETA. Die Schweinehalter entgegnen, die Schwänze nicht zu kürzen, sei viel schädlicher - weil die Tiere sie sich dann gegenseitig abkauen würden, was viel schmerzhafter sei. Das stimmt: Wenn Schweine auf zu engem Raum ohne ausreichend Beschäftigungsmaterial gehalten werden, ist die Gefahr groß. Die Alternative wäre eine artgerechte Haltung - aber die ist teurer als ein Messer. Und der Verbraucher greift zu billiger Ware.

Nach dem Ringelschwanz sind die Eckzähne dran: Sie werden abgeschliffen. Auch das, damit die Tiere sich nicht gegenseitig verletzen, weil sie nicht artgerecht gehalten werden. Und weil sie mit ihren scharfen Zähnen beim Saugen die Zitzen der Sauen verletzen können. Das tun sie vor allem, wenn die Mutter zu wenig Milch gibt - was eine Folge der Überzüchtung ist. Eine Sau, die im Jahr über 30 Ferkel bekommt, stößt an ihre Grenzen. Sie muss mehr Milch geben und ihre Ruhephasen sind stark verkürzt, wodurch ihre Zitzen empfindlicher werden. Statt die "Produktivität" der Sauen herunterzufahren, werden den Ferkeln die Eckzähne abgeschliffen.

Die männlichen Tiere müssen noch ein weiteres Mal ohne Betäubung unters Messer: "Da schneidet der Landwirt den Hodensack auf, reißt den Samenstrang heraus, schneidet ihn ab und entfernt beide Hoden - ein Tierarzt wird weder für die Kastration noch für das Kupieren gebraucht", sagt Wittmann. Der Grund: Ein geringer Prozentsatz von Eberfleisch riech...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Ziel unseres Einkaufes waren abgepackte, marinierte Grillsteaks aus Supermärkten, Discountern, Verbrauchermärkten und Bio-Läden. Da vor allem Schweinenackensteaks angeboten werden, fiel die Wahl auf 13 dieser Produkte. Bio-Grillsteaks waren nur ohne Marinade erhältlich.

Eingekauft wurden jeweils drei Chargen - mit dem Ziel, einen umfassenderen Eindruck von der hygienischen Qualität der Produkte zu erhalten.

Die Tierhaltung

Wir wollten genau wissen, wie es um die Haltungsbedingungen der Schweine stand, deren Fleisch wir gekauft hatten. Die Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe erhielten daher einen umfangreichen Fragebogen, unter anderem zu Rasse und Haltungsform, Amputationen im Ferkelalter, Gabe von Antibiotika sowie zum Einsatz von gentechnisch veränderten Futterbestandteilen. Wir baten zudem um Belege, um die Angaben nachvollziehen zu können. Die Fragen bezogen sich dabei auf die erste Produktcharge.

Die Inhaltsstoffe

Hier drehte sich alles um die Frische der Produkte gegen Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD). Die Steaks wurden dabei zuvor selbstverständlich unter optimalen Kühlbedingungen eingekauft und gelagert. Geschulte Sensorikexperten prüften dann die Frische, wobei der Geruch nach dem Öffnen der Packungen sowie das Aussehen des Fleisches im Vordergrund standen. Untersuchungen auf Verderbnis- und krankmachende Keime wie Salmonellen, Listerien oder Campylobacter ergänzten das Prüfprogramm. Sämtliche Chargen wurden zudem auf antibiotikaresistente Keime geprüft. Die Charge, zu der wir die Hersteller befragt hatten, ließen wir zudem auf Rückstände von Antibiotika testen. Wir erhofften uns davon mögliche Zusammenhänge zwischen den Angaben zu Medikamenten und eventuellen Labornachweisen.

Die Bewertung

Fleisch, das qualitativ "sehr gut" ist, kann es auch im Gesamturteil nur dann sein, wenn die Haltungsbedingungen tiergerecht sind und die Hersteller transparent und verantwortungsbewusst mit der Thematik umgehen. Weil beide Voraussetzungen aber nur selten vorkamen, schneiden die meisten konventionellen Produkte mit "ungenügend" ab. Grillfleisch, das am Ende des MHD verdorben ist, ist nicht mehr als verkehrsfähig zu beurteilen.