Blasenschwäche: Ursachen, Symptome und was Sie dagegen tun können

Nur keine Scham

Autor: Online-Redaktion ÖKO-TEST | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 17.08.2020

Unter Blasenschwäche (Harninkontinenz) leiden viele Menschen.
Foto: CC0 / Pixabay / lumpi

Blasenschwäche ist kein Thema, über das gerne gesprochen wird. Dabei sind rund fünf Millionen Menschen in Deutschland davon betroffen - und mit man kann eine Menge gegen die Harninkontinenz tun.

Unsere Harnblase kommt uns erst in den Sinn, wenn sie nicht mehr normal funktioniert. Dann aber beeinflusst sie das Leben mehr, als einem lieb sein kann. Mal sind es nur einige Tropfen Urin, die beim Niesen oder Lachen in der Hose landen, mal leert sich die Blase auf einen Schlag. Wie auch immer, es ist den Betroffenen vor allem eines: peinlich.

Blasenschwäche: Ein Problem, viele Ursachen

Dabei ist Inkontinenz kein Minderheitenproblem, etwa jede vierte Frau und jeder zehnte Mann leidet unter Blasenschwäche. Doch nur 25 bis 30 Prozent der Betroffenen sprechen mit ihrem Arzt, schätzte Professor Heinz Kölbl, Direktor der Klinik für Gynäkologie an der Uni Mainz und Zweiter Vorsitzender der Deutschen Kontinenz-Gesellschaft, gegenüber Öko-Test vor einigen Jahren. Denn viele Menschen sehen diese Krankheit als unangenehmes hygienisches und nicht als medizinisches Problem. Aber das ist falsch, denn der unwillkürliche Harnabgang lässt sich oft erfolgreich behandeln.

Diese Ursachen kann Harninkontinenz haben

Die Nieren eines Menschen arbeiten rund um die Uhr, um das Blut von Giftstoffen zu befreien. Dabei entsteht das Abfallprodukt Urin, das in der Blase gespeichert wird. Wenn ungewollt Urin abgeht, kann das unterschiedliche Ursachen haben: Entzündungen im Urogenitaltrakt, Steine oder – sehr selten – Tumore im Harnleiter, hormonelle Veränderungen, zum Beispiel in den Wechseljahren, Veränderungen der Prostata, Verletzungen, Übergewicht, manche Medikamente oder Schwangerschaften und Geburten. Schwere körperliche Arbeit und chronische Bronchitis können ebenfalls eine Blasenschwäche verursachen. Auch manche Diabetiker bekommen Probleme mit ihrer Blase.

Helfen können zum Beispiel Gynäkologen, die eine urogynäkologische Ausbildung haben, oder auch Urologen und Proktologen. Um den Grund für die Inkontinenz zu finden, müssen Patienten meist ein Tagebuch führen, in dem sie aufschreiben, wie viel sie wann trinken und wie oft sie zur Toilette gehen. Zudem werden Beckenboden und Blase abgetastet und mit Ultraschall untersucht. Manchmal ist eine Blasenspiegelung notwendig.

Formen der Blasenschwäche

Mediziner unterscheiden verschiedene Formen der Inkontinenz, die sich auch überlagern können.

Belastungsinkontinenz

Ursachen: Die Belastungsinkontinenz tritt besonders häufig auf. Die Patienten haben Probleme mit dem Verschluss der Harnröhre. Durch schweres Tragen, Lachen, Niesen, Treppensteigen oder bei manchen Sportarten (alle, die aus der Bewegung heraus abrupt stoppen, zum Beispiel Tennis) spannen sich die Bauchmuskeln an. Wenn die Beckenbodenmuskulatur geschwächt ist – etwa nach Geburten, bei Bindegewebsschwäche oder Übergewicht – kann die Beckenbodenmuskulatur dem Druck nicht standhalten, und es tritt Harn aus. Frauen sind häufiger als Männer betroffen.

Therapie: Das Beckenbodentraining als Krankengymnastik ist eine wichtige Therapieform. Um sie richtig zu lernen, braucht man die professionelle Anleitung eines Fachmanns. Meist bessern sich die Beschwerden deutlich, oder sie verschwinden ganz. Eine besondere Form ist das Üben mit Vaginalkonen. Dies sind kleine Kegel aus Kunststoff, die in die Scheide geschoben werden. Um das Herausrutschen zu verhindern, wird die Beckenbodenmuskulatur automatisch angespannt. Auch Biofeedback wird eingesetzt. Eine kleine Sonde in der Scheide oder im Enddarm misst elektronisch die Muskelkraft des Beckenbodens. Für operative Eingriffe steht eine ganze Reihe von Methoden zur Verfügung. Bewährt hat sich seit Mitte der Neunzigerjahre das Einsetzen eines Kunststoffbands unter die Harnröhre. Manchmal helfen auch östrogenhaltige Salben bei Frauen nach den Wechseljahren.

Dranginkontinenz

Ursache: Bei der Dranginkontinenz verspürt der Patient – wie bei einer Blasenentzündung – einen Zwang zum Wasserlassen und schafft es manchmal nicht bis zur Toilette. Schuld daran ist eine Fehlsteuerung: Das falsche Signal "die Blase ist voll" wird an Gehirn und Rückenmark geleitet; die Muskulatur der Blasenwand zieht sich zusammen, der Druck im Inneren der Blase steigt. Ursache sind Blasenerkrankungen, die eine Schädigung des Blasenmuskels hervorrufen, oder Erkrankungen des Gehirns wie Morbus Alzheimer. Häufig und quer durch die Altersklassen gibt es die psychische Dranginkontinenz. Der Blasenmuskel ist dauerhaft gespannt und gibt bei kleinsten Mengen Urin das Signal zum Leeren. Manchmal macht er das unwillkürlich, und der Urin geht in die Hose.

Therapie: Es gibt eine Reihe Medikamente - Anticholinergika -, die entspannend auf die Blase wirken und ein zu frühes Zusammenziehen verhindern. Nebenwirkungen sind jedoch Mundtrockenheit, Verstopfung, Müdigkeit, Herzrasen und Sehstörungen. Durch ein Blasentraining kann die Blase daran gewöhnt werden, sich zu bestimmten Zeiten zu entleeren. Ziel ist es, die Zeiträume zwischen den Toilettengängen zu verlängern.

Blasenschwäche betrifft nicht nur Frauen, auch Männer sind betroffen.
Blasenschwäche betrifft nicht nur Frauen, auch Männer sind betroffen. (Foto: CC0 / Pixabay /markusspiske)

Überlaufinkontinenz

Ursachen: Bei der Überlaufinkontinenz geht ohne Dranggefühl oder besondere Anstrengung eine kleine Menge Harn ab, die Blase wird nie vollständig entleert. Verursacht wird die Störung durch eine Verengung in der Harnröhre, eine Prostatavergrößerung oder eine Fehlfunktion der Blasenmuskulatur. Diese Form ist auch auf geschädigte Nerven zurückzuführen, zum Beispiel bei Diabetes oder Alkoholmissbrauch.

Therapie: Ist der Harnabfluss durch eine Vergrößerung der Prostata oder einen Tumor behindert, hilft nur eine Operation. Bei Problemen mit dem Blasenverschluss unterstützen Medikamente, die die Muskulatur des Schließmuskels entspannen.

Was tun? Das hilft bei Blasenschwäche

Für Frauen: Hochsaugfähige Einlagen in vielen Größen binden den Urin. Bei schwerer Inkontinenz helfen Windelhosen. In manchen Fällen verschreibt der Arzt Pessare aus weichem Kunststoff, die die Lage von Harnröhre und Blase verändern. Sie müssen individuell angepasst werden. Harnröhrenstöpsel führt man in die Harnröhre ein, wo sie bis zum nächsten Wasserlassen bleiben. Eine regelmäßige Kontrolle durch den Arzt ist notwendig.

Für Männer: Tropfenfänger bestehen aus einem saugfähigen Material, das von einer undurchlässigen Folie umschlossen ist. Sie werden über den Penis gestülpt und per Klebestreifen in der Unterwäsche fixiert. Kondomurinale sind kleine Gummihülsen über dem Penis. Am unteren Ende der Kondomurinale ist ein Abflussstutzen, der mit einem Urinbeutel verbunden wird. Dieser lässt sich am Bein befestigen. Auch für Männer gibt es saugfähige Einlagen und Windelhosen. Männer und Frauen können bei Ablaufproblemen auch Einmalkatheter verwenden, die vom Patienten selbst in den Harnleiter eingeführt werden.

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Blasenschwäche vorbeugen

Zur Vorbeugung einer Blasenschwäche und auch bei einer Blasenentzündung sollten Sie viel trinken. Am besten sind Wasser und ungesüßter Tee. Zudem können Sie Ihre Beckenbodenmuskulatur stärken, zum Beispiel mit Yoga oder Pilates. Dort sind meist einige Übungen zur Kräftigung der Beckenmuskulatur enthalten.

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