Im Jammern sind die Versicherer echte Weltmeister. Fast Woche für Woche und auf allen Kanälen beklagen sie, wie schlecht es ihnen in der anhaltenden Niedrigzinsphase geht. Die Schlagzeilen in den Medien klingen ähnlich alarmierend wie schon in den letzten beiden Jahren. "Den Lebensversicherern fehlen 15 Milliarden Euro", schrieb das Manager-Magazin im November vergangenen Jahres. Und die Deutsche Bundesbank schlägt in ihrem Finanzstabilitätsbericht 2014 glatt vor, die Branche solle die Überschussbeteiligung der Kunden auf null senken. Damit könnten die Versicherer "die Eigenmittel bis Ende 2017 um zusätzliche 28,4 Milliarden Euro erhöhen". Solche Nachrichten schockieren nicht nur die Kunden. Vielmehr erzeugen sie den Eindruck als kämpfe die ganze Branche regelrecht um ihre Existenz. Gleichzeitig verteilt Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin, auf ihrem diesjährigen Neujahrsempfang Beruhigungspillen: "Unsere Stresstests und Prognoserechnungen zeigen, dass die Unternehmen kurz bis mittelfristig ihre Leistungsversprechen halten können." Mehr noch, der Marktanteil von Versicherern, die keine ausreichenden Eigenmittel nachgewiesen hätten, liege "zusammengerechnet nicht einmal bei einem Prozent".
Was denn nun? Nagt die Branche so sehr am Hungertuch, dass ihr Überleben gefährdet ist? Oder muss sie lediglich ihre Hausaufgaben machen, also Kosten senken und neue Produkte passend zur Niedrigzinsphase entwickeln?
ÖKO-TEST wollte es genauer wissen und hat wie schon in den Vorjahren einen Blick in die Bilanzen der deutschen Lebensversicherer geworfen und vor allem deren Ertragslage und Stabilität geprüft. Detailliert haben wir auch untersucht, ob und wie stark die 39 großen und 27 mittleren und kleinen Versicherer ihre Kunden an den Gewinnen beteiligen, oder ob sie sie eher zur Kasse bitten.
Das Testergebnis
Versicherer jammern zu Unrecht. Trotz lautem Wehklagen über das extrem niedrige Zinsniveau: Die Bilanzen der Unternehmen zeigen von einer Notlage der Branche nicht die geringste Spur. Ganz im Gegenteil. Das Neugeschäft brummt, tendenziell steigen die Beitragseinnahmen sogar stärker als im Vorjahr und die Kapitalanlagen werfen geradezu traumhafte Gewinne ab. Zusammen mit den Risiko- und Kostengewinnen ist der Rohüberschuss insgesamt im Branchendurchschnitt sogar um 20 Prozent gestiegen. Das Gros davon geht allerdings zur Stabilisierung der Finanzkraft der Unternehmen sowie als Jahresüberschuss bzw. als Gewinnabführung an die Mutterkonzerne drauf. Beide Posten sind 2013 nochmals gestiegen.
Die Kunden bekommen immer weniger vom Gewinn. Galt einst als Faustregel, dass den Lebens- und Rentenversicherungskunden im Schnitt 90 Prozent vom Rohgewinn zustehen, so liegt die Beteiligungsquote heute deutlich niedriger. Nach unseren Berechnungen sind es im Branchendurchschnitt nur noch 63,47 Prozent, vereinzelt rutscht sie sogar unter 40 Prozent ab. Gem...