Privat Krankenversicherte haben seit Jahren das gesetzlich verbriefte Recht, unter Mitnahme der angesparten Altersrückstellungen in einen vergleichbaren Tarif ihres Anbieters zu wechseln, um Beiträge zu sparen. Doch viele Versicherer haben ihren Kunden dabei lange Zeit Steine in den Weg gelegt. Beispielsweise indem sie Anfragen monatelang liegen ließen, nur wenige Tarife mit schlechteren Leistungen anboten, neue Gesundheitsprüfungen verlangten oder ein buntes Sammelsurium von Tarifen nur mit Preisangaben zur Verfügung stellten, ohne auf Leistungsunterschiede hinzuweisen. Damit soll es ab 2016 jedoch vorbei sein. Nach massiver Kritik von Politik und Öffentlichkeit hat die Branche eine Service-Initiative ins Leben gerufen, um den Tarifwechsel ab 2016 kundenfreundlicher zu machen und für mehr Transparenz zu sorgen. Die Beachtung des neuen Tarifwechsel-Leitfadens ist für die Versicherer allerdings freiwillig - und bislang haben sich nur 87 Prozent der Anbieter dazu verpflichtet.
Kurz vor dem Start der neuen Initiative kommt die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) zudem mit einer Forderung, die den Anreiz zum Tarifwechsel massiv reduziert. Denn sie fordert, die Anrechnung der Altersrückstellungen beim Tarifwechsel zu begrenzen, um "die Beitragsentwicklung zu stabilisieren", so die DAV. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch der Tarifwechsel war und ist für die Branche ein Problem. Der Grund liegt auf der Hand: Die Kosten für die Gesundheitsversorgung steigen stetig. Nicht nur weil die Bundesbürger immer älter werden, sondern auch weil die Zahl der chronisch Kranken zunimmt. Das spüren nicht nur die gesetzlichen Krankenkassen, sondern auch die privaten Krankenversicherer (PKV). Um konkurrenzfähig zu bleiben, brauchen sie aber neue Kunden - am besten junge, gesunde Gutverdiener. Die wechseln aber nur bei günstigen Tarifen in die PKV. Deshalb werden immer wieder neue Tarife aufgelegt. Wenn nun immer mehr Altversicherte mit hohen Risiken in diese neuen Tarife wechseln, explodieren auch hier die Kosten - und für neue Kunden wird der Wechsel aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung unattraktiv. Kurz: Die Branche sieht sich infolge des zunehmenden politischen Drucks zwar gezwungen, mehr Service beim Tarifwechsel zu bieten, sieht bei verstärktem Wechsel aber offenbar das gesamte System der privaten Krankenversicherung bedroht.
Ob sich der Branchenverband DAV mit seiner Forderung durchsetzen kann, steht zwar noch in den Sternen. Doch für alle privaten Krankenversicherten sollten sie Anlass genug sein, ihre Tarife einmal zu überprüfen - spätestens wenn Ende des Jahres wieder Beitragserhöhungen in den Alttarifen drohen. Die hat die Branche bereits angekündigt. Denn genau wie die Lebensversicherer klagen auch die Krankenversicherer über die derzeit sehr niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt, die zu schrumpfenden Altersrückstellungen der Versicherten führt. Hinzu kommen gestiegene Arznei- und Krankenhauskost...