56 Geldanlagen im Test

Sicher durch die Krise

ÖKO-TEST Jahrbuch Geld und Versicherungen für 2010 | Kategorie: Geld und Recht | 05.10.2009

56 Geldanlagen im Test

Im globalen Finanzsystem knirscht es gewaltig. Zwei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise ist die Zukunft für Wirtschaft und Börse immer noch ungewiss. Immer mehr Sparer fragen sich, wo das Geld noch sicher ist. ÖKO-TEST gibt Orientierungshilfe für die richtige Anlagestrategie.

Die weltweite Finanzkrise hinterlässt ihre Spuren: Erstmals seit 1960 ist das Geldvermögen der Deutschen im vergangenen Jahr drastisch geschrumpft. Vor allem das Aktienvermögen ging extrem kräftig zurück. Hier büßten die privaten Haushalte in Deutschland nach Angaben der Deutschen Bundesbank rund 260 Milliarden Euro ein - was nur durch zusätzliche Ersparnisbildung halbwegs ausgeglichen werden konnte. Dennoch ist die Bilanz bitter: Unterm Strich lösten sich 140 Milliarden Euro deutsches Privatvermögen in Luft auf.

Weltweit sieht die Situation jedoch noch viel dramatischer aus. Atemberaubende vier Billionen Dollar, so schätzt der Internationale Währungsfonds, müssen Banken und andere Finanzdienstleister bis 2010 auf Kredite und Kreditprodukte abschreiben. Auf mehr als 200 Milliarden Euro schätzt die Europäische Zentralbank die Verluste, die allein die 20 größten Banken Europas in den kommenden eineinhalb Jahren noch einfahren werden.

Zwar haben Banken, wie Goldman Sachs, JP Morgan, Bank of America und Citigroup im 2. Quartal 2009 schon wieder Milliardengewinne erwirtschaftet, und Deutschbänker Ackermann strebt wieder 25 Prozent Eigenkapitalrendite an. Doch hinter der frisch aufpolierten Fassade der Bankhäuser sieht es alles andere als großartig aus. Dabei sind es nicht länger die berühmten Schrottpapiere auf Basis gewagter Hypotheken, deren Verluste auf die Bilanzen drücken. Den "Giftmüll der internationalen Finanzmärkte", der auf Bad Banks ausgelagert werden soll, haben Europas Banken bereits zu umgerechnet 454 Milliarden Dollar abgeschrieben. Die neuen Probleme lauern im traditionellen Kreditgeschäft. Die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit lässt nicht nur die Arbeitslosigkeit in Deutschland anschwellen, sie führt auch zu einer wachsenden Zahl von Unternehmenspleiten. Bislang haben weltweit 145 Großunternehmen Insolvenz angemeldet - vier Mal so viel wie im vergangenen Jahr. Auch in Deutschland könnte die Kreditausfallrate von drei auf über zehn Prozent hochschnellen.

Folge: Den Banken drohen nun horrende Verluste im Kreditgeschäft mit Privat- und Firmenkunden. Daher brauchen sie dringend Geld. Und das versuchen sie derzeit genau dort zu holen, wo die Krise angefangen hat: im Investmentbanking. Besonders perfide: Die gleichen Institute, die das gobale Desaster durch Zockerei mit riskanten Wertpapierportfolien auslösten, dienen sich jetzt als Experten zur Bekämpfung der Krise an.

Gleichzeitig drehen die Banken den Unternehmen aber auch den Kredithahn ab und zwingen sie auf diese Weise, Anleihen zu emittieren. Seit Ende 2008 wurden bereits europäische Unternehmensanleihen im Wert von über 208 Milliarden Euro auf den Markt gebracht - darunter viele Titel von Unternehmen, die Ratingagenturen als stark ausfallgefährdet einstufen. Mehr noch: Selbst riskante Unternehmensanleihen werden privaten Anlegern bereits wieder als besser verzinste Alternative zu Staatsanleihen und sicheren Zinspapieren empfohlen - als hätte es die Krise nie gegeben.

Nach wie vor locken Banken Sparer und Anleger jedoch mit unlauteren Mitteln. "Mit vollmundigen Slogans wie ,100%ige Sicherheit' oder ,ohne Risiko' für Finanzanlagen wird direkt am Nerv der verunsicherten Kunden angesetzt, obwohl die Praxis zeigt, dass im derzeitigen Finanzsystem niemand absolute Sicherheit versprechen kann", kritisierte Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, bei Vorlage des Jahresberichts Mitte Mai.

Solche Praktiken streuen Salz in offene Wunden verunsicherter Sparer. Immer öfter fragen sie, wie sich ihr Vermögen wenigstens vor künftigen Verlusten schützen lässt.

ÖKO-TEST hat deshalb alle klassischen Anlagen unter die Lupe genommen und am Beispiel der jeweils fünf größten Fonds von neun verschiedenen Fondsgruppen getestet, welche Anlagen sich bislang als krisenresistent erwiesen haben bzw. als sichere und ertragreiche Anlage für die Zukunft geeignet sind. Dabei wurden nicht nur Aktien Anleihen und Geldmarktpapiere, sondern auch Rohstoffe, Immobilien, Gold, Garantie- und Mischfonds geprüft.

Das Testergebnis

Wenn es hart auf hart kommt, schützt auch Risikostreuung nicht vor horrenden Verlusten. Weil Banken und institutionelle Anleger nach der Pleite von Lehman Brothers im September letzten Jahres dringend Liquidität benötigten, haben sie alles zu Geld gemacht, was irgendwie liquidierbar war. Die Folge: Aktien, Anleihen und Rohstoffe stürzten nahezu gleichzeitig ab.

Insgesamt sind die Anlageergebnisse daher bescheiden: Vor allem die Fondsschwergewichte, denen die Anleger ihr Geld anvertrauen, bieten selten mehr als durchschnittliche Leistung. Bei europäischen Aktienfonds bleiben die aktiv gemanagten Fonds sogar durchweg hinter dem Marktdurchschnitt zurück. Die Behauptung der Fondsbranche, ein Fondsmanager könne bei fallenden Kursen gegensteuern und so Mehrwert für die Anleger generieren, entpuppt sich daher als haltloses Versprechen.

Unter den rund 50 getesteten Fondsschwergewichten aus neun Anlageklassen gibt es zudem ganze drei Spitzenreiter. Der offene Immobilienfonds KanAm Grundinvest und der ETF-Fonds für Euro-Staatsanleihen von Lyxor bringen Anlegern trotz Weltwirtschaftskrise mit einem jährlichen Plus von 5,5 Prozent eine ansehnliche Rendite. Wirklich beeindruckt hat uns aber nur der Mischfonds Carmignac Patrimoine A der französischen Fondsgesellschaft Carmignac. Mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 7,74 Prozent in den vergangenen drei Jahren ist der Fonds nicht nur Spitzenreiter seiner eigenen Gruppe, sondern zugleich Meister aller Klassen. Kein Fonds im Test konnte eine bessere konstante Wertentwicklung vorweisen.

Wichtig: Topnoten allein sind bei den Fonds kein Indikator für die Güte der Anlage in der Krise. Denn alle Bewertungen innerhalb einer Fondsgruppe sind relativ. Gehört der Fonds zu den besten seiner Gruppe, bedeutet das nur, dass er sich im Vergleich zum Markt, in den er investiert und im Vergleich zu den Konkurrenten seiner Fondsgruppe überdurchschnittlich gut geschlagen hat. Das sagt aber noch nichts über die Rendite. Die kann bei schlechter Börsenentwicklung sogar negativ sein.

Besonders gelitten haben in der Krise die Rohstoffwerte. In der Zeit zwischen Ende Juni 2008 bis Juni 2009 verlor der Markt - gemessen am Dow Jones UBS Commodities Index - rund 41,40 Prozent an Wert. Seit Jahresbeginn sind Rohstoffwerte aber schon wieder um 17,89 Prozent nach oben geschnellt. Dennoch gilt: Wer vor drei Jahren einstieg, hat bislang nur Miese gemacht - und zwar im Schnitt minus 10,90 Prozent pro Jahr.

Allerdings schmierten die Rohstofffonds von Allianz Global Investors und Pionier nicht ganz so stark ab wie der Index. Das bescherte den beiden Fondsschwergewichten trotz zweistelliger Verluste in 2008 glatt Rang 2 der Fondsgruppe.

Mit Aktien- und Rohstofffonds haben Anleger ihr Vermögen in der Krise fast halbiert.

Stark unter die Räder gekommen sind 2008 auch breit streuende europäische Aktienfonds. Der Grund: Im Schnitt verlor der Markt in den vergangenen zwölf Monaten rund 23,35 Prozent an Wert. Seit Jahresbeginn haben die Kurse zwar wieder rund 8,20 Prozent der Einbußen zugelegt. Doch wer vor drei Jahren eingestiegen ist, hat im Schnitt Jahr für Jahr 10,8 Prozent Miese gemacht - und zwar unabhängig davon, ob er sein Geld direkt in Aktien oder Aktienindizes investierte oder einem Aktienfonds anvertraute.

Dennoch wären Anleger mit einer Aktienindexanlage besser gefahren - zumindest hätten sie sich einiges an Wertschwankungen erspart. Denn das Gros der aktiv gemanagten europäischen Aktienfonds stürzte in den letzten zwölf Monaten mit minus 26,07 Prozent noch tiefer in die roten Zahlen als der Markt selbst (minus 23,35 Prozent). Bisweilen haben die Fondsmanager bei der Titelauswahl sogar völlig danebengegriffen und sind sogar zehn Prozent mehr als der Index abgeschmiert.

Die Beispiele zeigen, dass Anleger bei aktiv gemanagten Fonds immer zwei Risiken zugleich einkaufen: das Marktrisiko und das Managerrisiko. Kurz: Aktives Fondsmanagement ist kein geeigneter Sicherheitsgurt, um Risiken in der Krise zu begrenzen. Im Gegenteil: Der Griff zum falschen Fonds kann die Verluste sogar noch potenzieren.

Kein Wunder daher, dass börsennotierte Indexfonds, im Fachjargon kurz ETF-Fonds (Exchange Traded Funds) genannt, seit Beginn der Finanzkrise europaweit starke Mittelzuflüsse verzeichnen. Weil diese Fonds nur den Index nachbilden, erwirtschaften sie annähernd das gleiche Plus oder Minus wie der Index selbst. Obendrein sind ETFs kostengünstig: Es gibt keinen Ausgabeaufschlag, die jährlichen Verwaltungskosten sind vergleichsweise gering. Warum also sollten Anleger teure Fondsmanager bezahlen, wenn diese nur selten besser abschneiden als der Index? Einziges Problem: Privaten Kunden werden ETFs von Bankberatern bislang selten empfohlen, weil das Institut daran zu wenig verdient.

Gold hat seinem Ruf als sichere Geldanlage in Krisenzeiten diesmal keine Ehre gemacht. Auf Dreijahressicht schafften Goldfonds nicht einmal den Kapitalerhalt. Denn bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von winzigen 0,25 Prozent bleibt selbst bei Miniinflationsraten kaum was übrig.

Gold ist keine krisensichere Anlage. Die Fondsrendite lag bei mickrigen 0,25 Prozent.

Auch vermeintlich sichere Anlagen wie Geldmarkt- oder Garantiefonds hat die Krise entzaubert. Insbesondere Geldmarktfonds haben enorme Schwächen offenbart. Einige der als gut verzinste Alternative zu sicheren Sparanlagen verkauften Fonds entpuppten sich als regelrechte Zockerpapiere und schockten Anleger mit teils zweistelligen Verlusten. Der Grund: Sie haben massiv in die "Giftmüllpapiere der internationalen Finanzmärkte" investiert. Kein Wunder also, dass die Anleger sich mit solchen Mogelpackungen gewaltig übers Ohr gehauen fühlen.

Sogar konservativ gemanagte Geldmarktfonds konnten nicht überzeugen: Die Durchschnittsrendite seit 2006 lag bei 2,44 Prozent pro Jahr. Mit Tagesgeldkonten und sicheren Sparanlagen ließen sich im gleichen Zeitraum Renditen von drei Prozent und mehr erzielen. Dagegen schrieben selbst Fondsschwergewichte wie der UniEuro Market Fonds zeitweilig sogar rote Zahlen.

Nicht viel besser sieht es bei Garantiefonds aus. Das Gros der Branche konnte in der Krise zwar sein Versprechen halten und Kapitalverluste vermeiden. Doch für diese Sicherheit zahlen Anleger einen hohen Preis. Im Schnitt der letzten drei Jahre erwirtschafteten die Garantiefonds gerade mal 0,60 Prozent Jahresrendite. Mit einem simplen Mix aus 75 Prozent sicheren Staatsanleihen oder Bundeswertpapieren und 25 Prozent deutschen Standardaktien hätten Anleger im gleichen Zeitraum dagegen auch für Kapitalerhalt gesorgt - dabei aber eine fast doppelt so hohe Rendite bis zu 3,75 Prozent gebracht.

Das Gros der Mischfonds hat im Schnitt der vergangenen drei Jahre mit minus 3,13 Prozent Rendite nur Verluste gemacht. Das sind zwar weit weniger Miese als Aktienanleger oder Rohstofffans verkraften mussten. Doch gerade Mischfonds versprechen, sie könnten durch ihre flexible Anlagepolitik Risiken besser abfedern und auch in der Baisse Wertsteigerungen erzielen.

Halten konnte dieses Versprechen aber nur der Carmignac Patrimoine A - Mischfonds der französischen Fondsgesellschaft Carmignac. Sein Erfolgsrezept: Die Manager achten vor allem auf die Auswahl der richtigen Anlageklassen - je nach Konjunkturentwicklung. Zwischen September 2008 bis März 2009 war der Fonds nur zu null bis zwei Prozent in Aktien investiert.

Hinter den Durchschnittswerten der Mischfondsgruppe verbergen sich große Abweichungen. Neben Topergebnissen wie beim Carmignac-Fonds waren auch zweistellige Verluste im Zwölf-Monats-Zeitraum wie beim UBS-Fonds oder dem DekaStruktur: Chance INC keine Seltenheit.

In der Krise gut verdient haben Anleger mit Rentenfonds. Insbesondere jene Fondsvariante, die ausschließlich auf erstklassige Euro-Staatsanleihen setzt, schaffte in den letzten drei Jahren 4,5 Prozent Ertrag. Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers kletterten die Renditen sogar bis auf knapp zehn Prozent.

Offene Immobilienfonds brachten im Schnitt jährlich 4,70 Prozent Rendite. Gleichwohl wurden sie von der Finanzkrise hart getroffen. Nachdem institutionelle Anleger im Oktober 2008 scharenweise Mittel aus den eigentlich für die Langfristanlage konzipierten Fonds abzogen, mussten zwölf Fonds ihre Verkaufspforten vorübergehend schließen.