Testverfahren
Untersucht wurden Angebote für ungeförderte private Rentenversicherungen, die wahlweise mit neuen, herabgesetzten Garantieleistungen ausgestattet sind (neue Klassik) und/oder Indexpolicen, die wahlweise eine Partizipation an Börsenindizes erlauben. Als Todesfallleistung wurde üblicherweise Beitragsrückgewähr in der Aufschubzeit sowie fünf Jahre Rentengarantiezeit unterstellt. Etwaige Abweichungen von diesen Modellvorgaben wurden bei Ermittlung der Renditen angemessen berücksichtigt. In Ausnahmefällen konnte eine im Vergleich stark erhöhte Todesfallleistung zudem zu einer Aufwertung um eine Rangklasse führen. Für den Rentenbezug wurde in allen Fällen eine dynamische Gewinnrente angenommen. Bei Indexpolicen ist in der Ansparphase eine Wertentwicklung des Index von sechs Prozent pro Jahr angenommen. Vertragsbeginn ist bei allen Tarifen 1.12.2015. Bei etwaigen Abweichungen wurden jeweils nur Angebote mit gleichlanger Ansparphase (Modellfall 1: 37 Jahre, Modellfall 2: 12 Jahre) akzeptiert. Untersucht wurden zwei Musterfälle: Musterfall 1: Arbeitnehmer, 30 Jahre alt (Geburtstag 28.10.1985, Rentenbeginn mit 67), Monatsbeitrag 100 Euro; Musterfall 2: Arbeitnehmer, 55 Jahre alt, (Geburtstag 28.10.1960, Rentenbeginn mit 67), monatliche Einzahlung 175 Euro.
Bei den Noten für die Rentenleistung wurde zunächst sowohl bei den garantierten als auch bei den prognostizierten Leistungen die jeweilige Rentenrendite ermittelt. Das ist die effektive durchschnittliche Rendite, die Sparer über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg pro Jahr erzielen, sofern sie den Vertrag nicht stornieren und dabei Renten in Höhe der ausgewiesenen garantierten Monatsrente (Rentenrendite pro Jahr - garantierte Rente-) bzw. in Höhe der ausgewiesenen prognostizierten Monatsrente inklusive Überschuss (Rentenrendite pro Jahr - Rente inklusive Überschuss) erzielen. Basis war in beiden Fällen die Sterblichkeit, die der Sparer bzw. die Sparerin je nach ihrem heutigen Lebensalter auf Basis der Generationensterbetafel 1896 - 2009 des Statistischen Bundesamts haben (Ausprägung V2). Bei der Rentenrendite pro Jahr für die Rente inklusive Überschuss wurde zudem unterstellt, dass die vom Versicherer in Aussicht gestellte jährliche Rentensteigerung auf Basis der in der Anspar- und Rentenphase erwirtschafteten Überschüsse bis Vertragsende erreicht wird. Da Vorsorgesparer bei den meisten Rentenversicherungen zu Rentenbeginn optional auch die Wahl zwischen einer Kapitalabfindung und einer lebenslangen Rentenleistung haben, wurde die Destatis-Tafel zusätzlich um so genannte "Selektionseffekte" ergänzt. Das bedeutet: Genau wie die Versicherer ist ÖKO-TEST davon ausgegangen, dass nur jene Vorsorgesparer einen Vertrag abschließen, die sich gesund fühlen und dass sich nur jene zu Ruhestandbeginn für die lebenslange Rente entscheiden, die sich bis dann weiterhin gesund fühlen und daher wahrscheinlich eine höhere Lebenserwartung haben als der Bevölkerungsdurchschnitt. Um diesen Effekt bei den Rentenrenditen angemessen berücksichtigen zu können, wurden die Selektionseffekte der DAV 2004 R Sterbetafel der Versicherungswirtschaft auf die Destatis-Generationentafel übertragen, und zwar vom Vertragsbeginn bis zum 10. Jahr des Rentenbezugs. Darüber hinaus wurden bei den Renditen auf die prognostizierte Rentenleistung jene Sterblichkeitseffekte einkalkuliert, die in allen Modellfällen anfallen, weil die Versicherungsnehmer nach der ÖKO-TEST-Sterbetafel früher sterben als die Versicherer bei ihren Tarifen auf Basis der DAV 2004 R-Sterbetafel unterstellen. Dazu wurde ein hypothetisches Versicherungskollektiv gebildet, das einem mittelgroßen Versicherer entspricht und 2002 gestartet ist. Die Ermittlung der Sterblichkeitsgewinne erfolgte zunächst unabhängig vom Geschlecht, allerdings exakt differenziert nach Geburtsjahrgängen, die genau im Jahr 2015 eine Rentenversicherung abschließen und dem Kollektiv beitreten. Anschließend wurden die so ermittelten Sterblichkeitsgewinne zu 90 Prozent - wie die Mindestzuführungsverordnung seit 1.08.2014 vorschreibt - auf die Kunden des hypothetischen Versicherungskollektivs verteilt. Da sich die Rentenerhöhung infolge der zusätzlich ausgeschütteten Sterblichkeitsgewinne und der unterschiedlich langen Zahldauer der Renten bei Männern und Frauen unterschiedlich wirken würde, wurde für die Überschussbeteiligung ein geschlechtsspezifisches verursachungsorientiertes Verteilungssystem angenommen. In den Modellfällen bedeutet dies, dass die Männer nur von den Risikogewinnen der versterbenden Männer im Kollektiv profitieren.
Anschließend wurden die so ermittelten Renditen bei den garantierten Renten (Klassiktarife) sowie die prognostizierten Rentenrenditen bei den fondsgebundenen Tarifen bewertet. Maßstab für die Benotung sowohl der neuen Klassik-Tarife als auch der Index-Tarife war dabei jeweils die Rangskala von herkömmlichen klassischen Rentenversicherungen, wie sie ÖKO-TEST bei seinem Test im September 2015 ermittelt hatte. Denn bei beiden neuen Tarifvarianten handelt es sich primär um klassische Deckungsstockprodukte - und nur am Vergleich mit den herkömmlichen klassischen Rententarifen lässt sich aufzeigen, auf welche bzw. wie viel Garantieleistung die Kunden bei den neuen Tarifen verzichten müssen - und ob die im Gegenzug in Aussicht gestellten höheren Ertragsleistungen wirklich einen signifikanten Mehrertrag erwarten lassen.
Zur Ermittlung des Ranges wurde seinerzeit die Differenz zwischen höchster und niedrigster Rentenrendite bei den garantierten Renten ermittelt und in fünf gleich große Klassen geteilt. Nach gleichem Schema sind wir bei der Bewertung der prognostizierten Rente sowie der garantierten und prognostizierten Kapitalabfindung vorgegangen. Auf eine Bewertung bei den prognostizierten Rentenrenditen und der prognostizieren Kapitalleistungen haben wir bei den Indexpolicen allerdings verzichtet, weil diese Leistungen primär von den Überschüssen auf das konventionell angelegte Deckungskapital abhängen und die in den Angeboten unterstellten Hochrechnungen zu viele unkalkulierbare Variablen enthalten. Denn in der aktuellen Situation kann weder unterstellt werden, dass weiterhin Überschüsse in der heutigen Höhe erwirtschaftet werden, noch dass die Caps und Partizipationsquoten konstant bleiben. Insofern sind die ausgewiesenen Leistungen und Renditen mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet, um eine Bewertung vornehmen zu können. Um den Verbrauchern zumindest eine Richtgröße zu geben, wie viel Kapital überhaupt für die Indexpartizipation zu Verfügung steht, haben wir die Angaben bei den Indexpolicen um die Rendite auf das prognostizierte Kapital bei herkömmlichen klassischen Rententarifen des jeweiligen Versicherers im Modellfall ergänzt. So lässt sich erkennen, wie viel Mehrertrag die Versicherer bei der Indexpolice jeweils in Aussicht stellen. Auf Basis dieser prognostizierten Renditen bei den herkömmlichen Rententarifen wurde zudem bewertet, wie hoch das Überschusspotential der jeweiligen Anbieter im Verhältnis zu allen Anbietern klassischer Rentenversicherer ist. Der Vergleich macht deutlich, dass vor allem Versicherer mit durchschnittlicher oder unterdurchschnittlicher Überschussbeteiligung auf Indexpolicen setzen. Doch diese werden wahrscheinlich auch in Zukunft keine überdurchschnittlichen Überschüsse erwirtschaften. Daher sind die Ertragschancen begrenzter als die Modellrechnungen der Anbieter suggerieren.
Bei den garantierten Übertragungswerten wurde der Rang zunächst auf Basis der höchsten und der niedrigsten Leistung im jeweiligen Modellfall bei den herkömmlichen Rententarifen ermittelt und anschließend in sechs gleich große Klassen eingeteilt. Diese Skala war sowohl bei den neuen Klassiktarifen als auch bei den Indexpolicen Maßstab für die Bewertung.
Die Vertragsdaten wurden online oder im Rahmen des mystery-shoppings verdeckt am Markt bei Anbietern, Vermittlern und Onlineportalen erhoben, einer detaillierten Plausibilitätsprüfung unterzogen und den Anbietern anschließend zur Verifizierung zurückgespielt. Darüber hinaus haben wir uns von den Anbietern die Angebotsunterlagen für den Kunden aushändigen lassen. Bei den Versicherern, die nicht am Test teilnehmen wollten, haben wir die Angebotsunterlagen soweit möglich verdeckt am Markt erhoben. Eine Überprüfung, ob die ausgewiesenen Überschusserträge vom jeweiligen Versicherer auch dauerhaft erwirtschaftet werden können, erfolgte nicht; genauso erfolgte keine Überprüfung, ob mit der Indexpartizipation auch dauerhaft eine Rendite pro Jahr von sechs Prozent nach internen Kosten erzielt werden kann. Auf Basis dieser Daten und der eigens für diesen Test entwickelten Sterbetafel bzw. der speziellen Software, die das Büro für Versicherungs- und Finanzmathematik mathconcepts, Berlin, entwickelt hat, errechnete ÖKO-TEST die Renten- und Sparrenditen für die Tarife in den verschiedenen Modellfällen. Mit demselben Analysetool wurden auch die Renditen ermittelt, die Sparer bis zum 80., 85. und 90. Lebensjahr erzielen. Die abschließende Auswahl der Kriterien, die Bewertung der Inhalte und das abschließende Ranking der Tarife wurden allein durch ÖKO-TEST vorgenommen.