Umwelthilfe verklagt Deutschland wegen Nitrat im Grundwasser

Nitrat-Grenzwert an knapp einem Drittel der Messstellen überschritten

| Kategorie: Freizeit und Technik | 18.07.2018

Umwelthilfe verklagt Deutschland wegen Nitrat im Grundwasser

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat eine Grundsatzklage für sauberes Wasser gegen die Bundesrepublik eingereicht. Der Nitrat-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter werde an rund 28 Prozent der Messstellen überschritten. Das sei der zweitschlechteste Grundwasserzustand in der Europäischen Union, teilte die DUH mit. Nur auf Malta sei der Zustand noch schlechter. Die Umwelthilfe sieht das 2017 geänderte deutsche Düngerecht nicht als Mittel, diese Situation dauerhaft zu verbessern. Die Anstrengungen müssten deutlich intensiviert werden, um die Trinkwasserkosten für den Endverbraucher nicht in die Höhe schnellen zu lassen. Deshalb klage die DUH nun vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Deutsche Agrarpolitik: EuGH-Urteil dokumentiert jahrelange Versäumnisse

In der deutschen Agrarpolitik gebe es jahrzehntelange Versäumnisse, erklärte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Dies sei im Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen Deutschland vom Juni 2018 wegen Verstößen gegen die EU-Nitrat-Richtlinie dokumentiert. "Während Deutschland vor der Kanzlerschaft von Angela Merkel ein Vorbild für andere Staaten im Umweltschutz war, laufen heute gegen kaum einen anderen EU-Staat so viele Vertragsverletzungsverfahren", so Resch. Der Klageweg habe sich unter anderem beim Thema Luftreinhaltung als die einzige Handlungsoption erwiesen. Daher habe sich die DUH auch bei der Wasserreinheit auf diesen Pfad begeben. Geschützt werden sollen vor allem Säuglinge. Denn Nitrat könne in deren Verdauungstrakt zu Nitrit umgewandelt werden, was die Aufnahmefähigkeit von Sauerstoff im Blut verringere. Die so genannte Blausucht droht - mit schlimmstenfalls tödlichen Folgen.

Aufbereitung von Grundwasser zu Trinkwasser wegen hoher Nitratwerte immer teurer

Auch das Umweltbundesamt bestätigt, dass vor allem in intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen die Nitratwerte hoch - mitunter zu hoch - seien. Es fordert aber, in der Diskussion zu differenzieren. So sei Grundwasser nicht gleich Trinkwasser. Der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter sei zwar gleich. Im Grundwasser komme es regelmäßig zu Grenzwertüberschreitungen. Im Trinkwasser, also in dem, was zuhause aus dem Hahn fließt, werde der Wert aber "praktisch flächendeckend" eingehalten. Wasserwerke bereiteten das Grundwasser so auf, dass sie gesetzeskonformes Trinkwasser anbieten. Auch das ist ein Kritikpunkt der DUH und weiterer Umweltschutzorganisationen. Denn die Aufbereitung werde ständig aufwändiger, entsprechend auch teurer. Am Ende müsse der Verbraucher die Zeche zahlen, nicht der Verursacher. Und dieser sei in den meisten Fällen die Landwirtschaft.

Umwelthilfe: Neues Düngerecht hilft nicht gegen Nitratbelastung von Grundwasser

Erst 2017 ist in Deutschland ein neues Düngegesetz mit dem Ziel eingeführt worden, die Nitratbelastung im Wasser zu senken. Über eine Stoffstrombilanz müssen nun vor allem Großviehhalter nachweisen, wie viele Nährstoffe auf ihrem Hof umgesetzt werden. Doch mit diesem Hebel sei das Nitratproblem nicht in den Griff zu bekommen. Er gelte vorerst nicht für alle landwirtschaftlichen Betriebe. Auch werde die Berechnung der ein- und ausgehenden Nährstoffe für einen landwirtschaftlichen Betrieb nicht an dessen Größe verankert. Doch genau damit wolle die Bundesregierung die Auflagen des EuGH-Urteils erfüllen. Ein Trugschluss, meint DUH-Anwalt Remo Klinger. "Auch das novellierte Recht bringt keinen rechtskonformen Zustand. So wird der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter über unabsehbare Zeit nicht an allen deutschen Messstationen eingehalten." Das neue Düngerecht wirke auch nicht gegen die unerwünschte Zunahme von Nährstoffen und schädlichem Pflanzenwachstum in deutschen Gewässer.

Mehr Infos zu Trinkwasser und Nitratbelastung im Test Wassersprudler

ÖKO-TEST beleuchtet in der aktuellen Ausgabe (Juli 2018) die Trinkwassersituation in Deutschland. Wir vergleichen dabei Trink-, Tafel-, Mineral- und Heilwasser und testen Wassersprudler. Ein Aspekt dabei: Die Kosten. Vor allem schauen wir aber auf die Inhaltsstoffe und dabei auch auf die Nitratbelastung.


Weiterführende Links

https://www.oekotest.de/bauen-wohnen/8-Wassersprudler-im-Test_111231_1.html

https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Naturschutz/Stickstoff/Nitratklagebegr%C3%BCndung.pdf

https://www.umweltbundesamt.de/faqs-zu-nitrat-im-grund-trinkwasser