Einweggeschirr-Test: Das sind die besten plastikfreien Geschirre

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2019 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 18.10.2018

Einweggeschirr-Test: Das sind die besten plastikfreien Geschirre

Plastikfreies Einweggeschirr aus nachwachsenden Rohstoffen liegt im Trend. Doch wie gut sind diese Produkte aus Palmblättern, Zuckerrohr und Polymilchsäure wirklich? Unsere Testergebnisse sind durchwachsen: In einigen stecken Schadstoffe und Schimmel, ein Teller enthält sogar das Pestizid DDT.

Aktualisiert am 18.10.2018; Einkauf Testprodukte Mär 2018 | Der Imbisskunde der Zukunft kann die Verpackung gleich mitessen. Von 2020 an sollen Snacks der Schnellrestaurantkette Nordsee in Behältern aus Meeresalgen über die Ladentheke gehen. Wer sich scheut, in die vom Alfred- Wegener-Institut und der Hochschule Bremerhaven entwickelte Verpackung zu beißen, kann zumindest sicher sein, dass sie nach dem Wegwerfen schnell verrottet – im Gegensatz zu Alufolie oder Styropor.

Dies ist eines von vielen Beispielen, wie Industrie und Wissenschaft derzeit an unterschiedlichsten Verpackungsmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen arbeiten. Ob Maisstärke, Zuckerrohrfasern, Kaffeesatz oder Gras – der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt. Was für Verpackungen gilt, gilt längst auch für andere Einwegprodukte. Angesichts der Vermüllung des Planeten mit Plastik sind Menschen allerorten auf der Suche nach Alternativen. Wer sich heute im Handel etwa nach Einweggeschirr umschaut, findet Teller aus Palmblättern oder Weizenkleie und Becher aus dem biokompatiblen Kunststoff PLA (Polymilchsäure).

Einweggeschirr-Test: Welches ist empfehlenswert?  

Können Öko-Bewusste bedenkenlos zugreifen? Umweltexperten sind, vor allem in Bezug auf sogenannte Bio-Kunststoffe, skeptisch. "Hersteller und Händler, die Bio-Plastik einsetzen, bewerben ihre Produkte häufig als ‚umweltfreundlich‘, ‚grün‘ oder ‚öko‘. Unabhängig vom eingesetzten Rohstoff ist die Herstellung von Kunststoffen sehr ressourcen- und energieintensiv", heißt es etwa in einer Stellungnahme der Deutschen Umwelthilfe. Viele dieser Kunststoffe bauten sich ähnlich langsam ab wie konventionelles Plastik. Durch das sogenannte Bio-Plastik könne sich das Problem der Vermüllung sogar noch verschärfen, da es suggeriere, es sei biologisch abbaubar.

Also doch besser ganz konventionell spülen? Zieht man eine Öko-Bilanz-Studie der Öko- Institute in Österreich und Deutschland zurate: klares Ja! Die Experten verglichen angesichts der Fußball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz mehrere Einweg- und Mehrwegbechersysteme bei Großveranstaltungen. Ergebnis: Alle untersuchten Mehrwegszenarien weisen geringere Umweltbelastungen auf. Für das beste Einwegszenario wurden doppelt so viele Umweltbelastungspunkte ausgewiesen wie für das ungünstigste Mehrwegszenario. Und: Die Umweltbelastungen durch Einwegbecher aus PLA sind vergleichbar mit denjenigen aus PET-Kunststoff.

Wie schneiden die modernen Materialien bezüglich Schadstoffe und der Praxistauglichkeit ab? Wir haben 20 Einweggeschirre in die Labore geschickt.

Ein Einweggeschirr fällt mit "mangelhaft" durch 

Das Ergebnis: Leichte Mängel bei den Inhaltsstoffen und Auslobungen, für die wir keine Nachweise erhielten, sorgen dafür, dass es bestenfalls zu "gut" reicht. Weitere Probleme kommen hinzu, ein Produkt bewerten wir mit "mangelhaft". 

In einem Einweggeschirr im Test wies das Labor das in vielen Industrienatio nen bereits seit den 1970er-Jahren verbotene Insektizid DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) nach. In Indien wird DDT weiterhin zur Bekämpfung von Malaria eingesetzt. Kein schöner Fund, unmittelbare gesundheitliche Gefahren für den Verbraucher sind aber nicht zu erwarten.

Weitere halogenorganische Verbindungen wies das von uns beauftragte Labor in 14 Geschirren nach. Darunter Produkte aus Palmblättern, Pappe oder Zuckerrohr. Die Laborexperten gehen davon aus, dass es sich häufig um Rückstände aus der Chlorbleiche handelt. Die Anbieter wollen möglichst helle Produkte auf den Markt bringen. Ein chlorfreies Bleichen ist jedoch teuer.

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Kritik an Geruch von vier Einweggeschirren im Test 

Naturstoffe können eigen riechen. Bei vier Produkten rümpften die für uns prüfenden Sensoriker ordentlich die Nase. Bei jenen war der Geruch deutlich wahrnehmbar. Das kann einem beim Essen schon einmal den Appetit verderben.

Alle Heißgetränkebecher und Suppenteller bewährten sich in der Praxis und hielten heißen Flüssigkeiten stand. Unappetitlich wurde es unter dem Mikroskop bei einem Einweggeschirr im Test. Hier fanden die Experten einen starken Befall mit Schimmelpilzen. Hinzu kamen mäßig viel Bakterien, vereinzelt Milben und mäßig viel Milbenkot sowie eine hohe Zahl anzüchtbarer Keime. In einem anderen getesteten Einweggeschirr wies das Labor einen mäßigen bis starken Befall mit Schimmelpilzen nach.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Juni 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf: Wir haben 20 Einweggeschirre eingekauft. 13 Teller und Schalen sowie sieben Becher aus unterschiedlichen Materialien, die als "kompostierbar", "biologisch abbaubar" oder "aus nachwachsenden Rohstoffen" ausgelobt sind: Palmblätter, Laub, Zuckerrohr, Pappe und Bio-Kunststoffe auf Basis von Polylactid (PLA), der aus Mais und Rüben hergestellten Polymilchsäure.

Die Inhaltsstoffe: Alle Produkte wurden umfangreich auf Schadstoffe untersucht. Die Labore prüften, je nach Material, auf Formaldehyd, Schwermetalle, halogenorganische Verbindungen, Phthalate und andere Weichmacher sowie auf Melaminkunstharz. Die Produkte aus Palmblättern und Laub analysierten die Experten zusätzlich auf Pestizide, Keime und Schimmelpilze.

Bei Geschirr, das sich für Heißgetränke oder Suppen eignet, wollten wir wissen, ob es auch wirklich dicht hält, wenn es mit heißer Flüssigkeit gefüllt ist. Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen riechen mitunter unappetitlich. Geschulte Sensoriker testeten deshalb für uns alle Produkte auf ihre Aromaintensität.

Die Weiteren Mängel: Auslobungen wie "kompostierbar", "biologisch abbaubar", "fair" und "aus nachhaltiger Forstwirtschaft" verbuchen wir unter den Weiteren Mängeln, wenn sie uns der Anbieter nicht belegen konnte.

Die Bewertung: Für jeden problematischen Inhaltsstoff gibt es Notenabzug, der bei besonders bedenklichen Pestiziden stärker ausfällt. Aber auch für Werbung mit nicht belegten Aussagen gibt es Abzüge, die sich auf das Gesamturteil auswirken.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) Nachweis des Pestizids DDT; b) ein starker Befall mit Schimmelpilzen sowie mäßig viel Bakterien, vereinzelt Milben, mäßig viel Milbenkot und eine hohe Zahl anzüchtbarer Keime. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) unspezifizierte halogenorganische Verbindungen; b) ein deutlicher Geruch; c) ein mäßig bis starker Befall mit Schimmelpilzen.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um zwei Noten: Auslobungen, für die der Anbieter keinen Nachweis erbringt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden 

Testmethoden Inhaltsstoffe: Halogenorganische Verbindungen: Probe wird mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur eluiert. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Elemente, PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in Produkt/Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse. Formaldehyd/-abspalter, Melamin: Migration in dreiprozentiger Essigsäure bei 70 °C über zwei Stunden. GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Phthalate, weitere Weichmacher, sonstige Verbindungen: GC/ MS nach Extraktion und Derivatisierung. Pestizide: Pestizidscreening mit LC-MC/MS und GC-MS/MS.

Sensorik (Geruch des Produkts im Anlieferungszustand)/Aromaintensität: Das Produkt wurde in einer offenen paarweisen Vergleichsprüfung im Verhältnis zur Raumluft (Blindwert) von sechs Prüfern hinsichtlich ihres Geruchseindrucks bewertet. Die Prüfer bewerteten die Intensität und beschrieben das Aroma ab einem schwachen Aromaunterschied. Aromaintensität/Beschreibung des Geruchs- und Geschmackseindrucks ab Intensität: schwaches Aroma: 0/nicht wahrnehmbar, ­1/ gerade wahrnehmbar/nicht einzuordnen, 2/schwaches Aroma, 3/deutliches Aroma, 4/starkes Aroma. Dichtigkeit: Befüllen mit 70 °C heißer Essigsäure, anschließend zwei Stunden Abkühlen bei Raumtemperatur von 20,2 °C. Festhalten von Auffälligkeiten durch einen Laborexperten.

Anzüchtbare Pilze und Bakterien: Von drei Tellern aus einer Packung wurden jeweils von der Oberseite Abklatschproben auf Nährmedien angelegt. (Teller 1 = zweitoberster, Teller 2 = aus der ­Packungsmitte, Teller 3 = zweitunterster.) Es wurden je Oberfläche zwei Malzextrakt-Agar und ein DG 18-Agar (mit Chloramphenicol) sowie ein CASO-Agar verwendet. Jeweils ein Malzextrakt-Agar wurde bei 36 ± 0,5 °C inkubiert. Ein weiterer Malzextrakt-Agar und ein DG 18-Agar wurden bei 25 ± 0,5 °C inkubiert. Die CASO-Agar wurden bei 30 ± 0,5 °C inkubiert. Die Auswertung erfolgte nach bis zu 11 Tagen (25 °C) bzw. bis zu 4 Tagen (30 °C und 36 °C) (Zählung und morphologische Differenzierung mit Stereolupe und/oder Mikroskop). Die Kategorien für die Gesamteinschätzung erfolgen nach DIN-Norm 10113-3 ("Bestimmung des Oberflächenkeimgehalts auf Einrichtungs- und Bedarfsgegenständen im Lebensmittelbereich"): 0 = kein Wachstum, 1 = vereinzelt, 2 = gering, 3 = mäßig, 4 = viel, 5 = sehr viel. Abkürzung: KBE = koloniebildende Einheiten. Mikroskopische Untersuchung: Anlegen von Folienkontaktproben jeweils an der Oberfläche der Oberseite an mehreren Stellen von drei Tellern aus einer Packung. (Teller 1 = zweitoberster, Teller 2 = aus der Packungsmitte, Teller 3 = zweitunterster.) Untersuchung der jeweiligen Folienkontaktproben nach Anfärbung mit Milchsäure-Anilinblau-Lösung lichtmikroskopisch bei bis zu 1.000-facher Vergrößerung. Beschreibung und Kategorisierung des Besatzes mit Mikroorganismen halbquantitativ auf Grundlage des UBA-"Leitfadens zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden", Anlage 6, 2017. Angabe der Kategorien nach folgendem Schema: "vereinzelt" (Pilzmycel/cm² = 50; Pilzsporen/cm² = 150; Bakterien/cm² = 1.500); "mäßig viel" (Pilzmycel/cm² = > 50 bis 300; Pilzsporen/cm² = > 150 bis 3.000; Bakterien/cm² = > 1.500 bis 30.000); "viel" (Pilzmycel/cm²  = > 300 bis 6.000; Pilzsporen/cm² = > 3.000 bis 60.000; Bakterien/cm² = > 30.000 bis 600.000); "sehr viel" (Pilzmycel/cm² = > 6.000; Pilzsporen/cm² = > 60.000; Bakterien/cm² = > 600.000). Kategorisierung für die Gesamteinschätzung: kein Besatz, sehr gering, gering, mäßig, stark.

Einkauf der Testprodukte: März 2018 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Juni 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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